Kapitel 8

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Cole

Seit mehreren Wochen waren Marie und James schon ein Paar. Zumindest er war unglaublich verliebt, man konnte mit ihm über nichts mehr reden als über sie, vor jedem Konzert sah er sich ihr Bild an, aus jeder Ecke der Welt telefonierte er stundenlang mit ihr. Nur wer er wirklich ist, hatte er ihr noch nicht erzählt. Ich hatte aufgehört, ihn und Michael an den Vertrag zu erinnern, es brachte ohnehin nichts. Sie mussten einfach aufpassen, dass niemand sie erwischte.

Ich läutete an der Tür. Wir hatten uns ausgemacht, dass wir heute einen Ausflug unternehmen wollten, irgendwohin, wo keine Menschen waren. Niemand öffnete. Schon vor einer Woche hatte ich entdeckt, dass unter dem Feuerlöscher im Gang ein Zweitschlüssel lag. Als ich aufschloss,  schlug mir laute, deutsche Musik entgegen. Vorsichtig ging ich ins Wohnzimmer. Alle Fenster waren weit geöffnet, die Vorhänge flatterten umher und Marie tanzte laut singend auf dem Sofa. "Atemlos durch die Nacht, bis ein neuer Tag erwacht!"  Sie trug weite Boxershorts, ein T-Shirt, eindeutig von James, die Augen waren geschlossen und ihre Haare waren unfrisiert. Sie bemerkte mich nicht, auch nicht, als James auftauchte, sie von hinten umarmte und küsste. Er trug nur eine Hose, Marie hatte ja sein T-Shirt. Das nächste Lied fing an, ich erschrak, weil es eines von unseren Liedern war, aber James fing an zu singen, Marie machte mit, und laut grölend wollten sie offenbar auf den Flur laufen. Pech nur, dass ich in der Tür stand. Hand in hand und mit geschlossenen Augen schlitterten sie mitten in mich hinein. Wie wir drei lachend am Boden lagen, kam Lilja aus ihrem Zimmer, an der Hand einen kleinen Jungen. Sie zog die Augenbrauen hoch. "Soll ich den Kleinen wegbringen, oder bleibt das Ganze hier jugendfrei?" fragte sie spöttisch. Ich konnte mir vorstellen, dass wir tatsächlich ein wenig verstörend wirkten, immerhin trug James nur eine Hose und Maries T-Shirt war ihr ziemlich weit raufgerutscht. Hinter Lilja stand eine hochschwangere, etwa 35-jährige Frau, die ziemlich geschockt wirkte. Hastig rappelten wir uns auf. Ich beschloss, da ich als einziger von uns drei vollständig bekleidet war, höflich zu sein, und mich vorzustellen. "Hi, ich bin Cole. Bitte entschuldigen Sie die Störung, wir.." Mit schneidender Stimme unterbrach sie mich: "Was haben Sie da gerade mit meiner Tochter gemacht?" Lilja fing an, zu lachen.Marie murmelte: "Mama, beruhig dich, wenns ein Dreier gewesen wäre, hätte das Ganze hier in meinem Schlafzimmer stattgefunden." Lilja lag mittlerweile am Boden. "Äh, also ich bin der Freund ihrer Tochter. Ich schwöre, wir haben nichts gemacht. Nicht wahr, Cole?" Ich beschloss, nichts zu sagen. Die arme Frau wirkte, als würde sie gleich zusammenbrechen. Wahrscheinlich durch den Lärm, den Lilja macht geweckt, traten Theresia, Michael und Bob durch die Tür. Ich schickte ein Dankgebet zum Himmel, dass alle angezogen waren, dennoch wirkte ihre Mutter nun vollkommen verwirrt. Theresia blickte sich um, sah sofort, was Sache war und lotste ihre Mutter zum Wohnzimmer. Dann stellte sie alle vor, beruhigte ihre Mutter, die übrigens Anna hieß, und erklärte, dass wir alle nur gute Freunde wären. Auf Annas Frage hin, wo sie denn alle geschlafen hatten, antwortete sie, dass Michael, Bob und ich gerade erst gekommen seien und lediglich James auf einer Matratze in Maries Zimmer geschlafen habe. Die beiden redeten Deutsch, aber ich konnte mir zusammenreimen, worum es ging, immerhin hatte ich jahrelang ein gutes C in Deutsch gehabt.

Ich glaube, am Ende fing sie sogar an, uns zu mögen. Immerhin lud sie uns ein, zum Mittagessen zu bleiben. Auch ihr Vater war sehr freundlich, aber wir konnten ihn nur kurz sehen, danach musste er zur Arbeit. Die jüngeren Geschwister waren sehr süß. Liljas Zwillingsbruder Lorenz kannte uns auch, aber Lilja hatte ihn eingeweiht, also konnte er seine Überraschung gut verbergen.

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