Kapitel 14

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Michael

Verschlafen ging ich in die Küche von Theresias Wohnung. Vorsichtig lächelte sie mich an und murmelte: "Guten Morgen."

Meine arme Kleine. Ich beugte mich zu ihr herunter und küsste und umarmte sie. Wie konnte sie nur denken, dass ich sie wegen dieser Sache nicht mehr lieben konnte? Sie tat mir nur unendlich leid. Nur eine Sache gab mir zu denken. Ritzen? Hatte sie Narben? Wenn ja, wo? Ich würde sie gerne fragen, aber ich traute mich nicht. Ich konnte nur eines tun: Sie so gut wie möglich zu unterstützen und hoffen und beten, dass sie es jetzt nicht mehr tat.

Theresia stellte den Kaffee auf den Tisch, wo auch schon Croissants und Semmeln standen. Zuerst frühstückten wir gemütlich, dann kuschelten wir uns aufs Sofa und sahen fern. Es war erst sechs Uhr morgens, und alle anderen schliefen noch. In einer Stunde würde meine Kleine in die Schule müssen, was sich genau perfekt mit meinem Meeting traf. Sie schlüpfte in ihre Schuluniform während ich auf ihrem Bett lag. Nach einem letzten Abschiedskuss verschwand sie und ich schlich mich aus der Wohnung, ohne dass ihre Eltern es mitbekamen. Ich wollte einen guten Eindruck bei ihnen hinterlassen, also würde ich irgendwann mit einem Blumenstrauß bei ihnen aufkreuzen, anstatt halb nackt ihr Frühstück zu stören. Auf der Treppe begegnete ich einem wasserstoffblondem Mädchen, das mich anstarrte, als wäre ich das achte Weltwunder. Shit, die kannte mich dann wohl. Egal, nur schnell raus hier. Weiter oben auf der Treppe keuchte das Mädchen: "O! m! g! Lilja! Omg omg omg omg omg omg!"

Ich hastete aus der Wohnung und sprang in die bereits wartenden Limousine. Valentine, der Fahrer, hob eine Augenbraue, als er sah, dass ich nur meine Boxer trug, aber er sagte nichts. Dafür war er viel zu diskret. Der Wagen fuhr an.

Vollständig angezogen saß ich schließlich neben den anderen im Meeting und durfte mir die Verkaufszahlen unserer CDs in voller Länge reinziehen. Gelangweilt spielte ich mit meinem Kuli herum, als ich plötzlich hörte:"... und dann für vier Monate auf Welttournee." "Wie bitte?" Alle starrten mich an. Bob kicherte. Ganz langsam, als sei ich ein Kleinkind, sagte unser Manager: "Michael. Darüber reden wir seit einer Viertelstunde. Du hast doch nicht etwa ein Problem damit?"

"Ja, nein, ich meine, ich kann gerade nicht!" Fassungslos sah er mich an.

" Du kannst gerade nicht?? Drehst du durch? Du bist ein Star! Deine gottverdammte Aufgabe ist es, auf Tourneen zu gehen! Bis jetzt hat das doch auch kein Problem für dich dargestellt. Warte; sag mal, hast du etwa eine Freundin? "

"Wie kommst du da drauf?"

"Was für einen Grund solltest du ansonsten haben? Also, welche vögelst du?"

"Scheiße, wäre das denn ein Problem?"

"Allerdings! Du hast dich vertraglich verpflichtet, bis zu deinem zwanzigsten Geburtstag keine Freundin zu haben."

Vor Wut kochend sprang ich auf. Dieser kleine machtgeile Idiot konnte mir doch nicht ernsthaft verbieten, eine Freundin zu haben! Cole zog mich wieder auf meinen Stuhl und stand selber auf.

"Hören Sie, ich glaube, jeder von uns hatte schon eine Freundin. Das war noch nie ein Problem. Niemand wird je von Michaels Mädchen erfahren, das kann ich Ihnen versichern. Sie selber weiß nicht einmal wer wir sind, also kann sie auch an keine Klatschzeitung etwas weitergeben. Und es gibt nur eine weitere Eingeweihte, und für ihre Verschwiegenheit kann ich mich verbürgen."

Ich bewunderte Coles Fähigkeit, genau das sagen zu können, was ich dachte. Der Manager wirkte auch beruhigt.

"Okay, dann will ich mal eine Ausnahme machen. Nur die Tournee ist fix. Überleg doch mal, Michael, von den Einnahmen könntest du deiner kleinen Freundin dutzende Häuser und Autos kaufen. Oder Schönheits-OPs, oder was man sich so als Mädchen wünscht."

Ich ging da nicht drauf ein. Die Tournee würde stattfinden, aber dieses Arschloch benahm sich grauenhaft. Ich wünschte, wir hätten damals nicht einfach nur die erstbeste Plattenfirma genommen. Und was wäre, wenn ich es Theresia einfach sagen würde? Immer noch besser, als wenn sie es irgendwann durch Zufall erfahren würde. Auf der Fahrt ins Hotel schwiegen wir alle. James und ich waren in Gedanken bei Marie und Theresia und Cole war, glaube ich, ziemlich wütend auf den Manager. Bob durchbrach das Schweigen.

"Leute, ihr seid mir grad zu depri. Habt ihr Lust, heute noch etwas trinken zu gehen?"

Wir nickten. Bob hatte immer die besten Ideen.

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