Loslassen

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Nervös wartete Bella auf Liz.

Liz,... wie es ihr wohl ging? Die Hoffnung, dass jetzt alles gut werden könnte, machte sich in ihr breit. Sie würden einen Weg finden.

Max,...

Wie es ihm wohl ging? Gerne hätte sie ihn jetzt bei sich gehabt. Traurig legte sie ihre Stirn gegen das Fensterglas und sah in die Dunkelheit hinaus. Er fehlte ihr so unglaublich.

Immer noch wunderte sich Bella, wie schnell Max ihr Herz erobert hatte, wie schnell er ein Teil von ihr geworden war. Ohne ihn fühlte sie sich nicht mehr komplett.

Als die Klingel ertönte zuckte Bella zusammen. Hastig lief sie zur Tür und riss diese auf.

Blass stand Liz vor der Tür.

„Liz, komm rein. Schön, dass du da bist. Ich habe dich vermisst."

Bella zog Liz in eine Umarmung und spürte, wie diese sich verspannte. Bella verspürte einen Stich im Herzen, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen.

Sanft löste sie sich von ihrer Schwester und ging ins Wohnzimmer. Ihre Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn. Wie hatte sie nur denken können, dass wieder alles in Ordnung kommen würde?

Liz setzte sich still auf den Sessel und knetete ihre Hände. Ihre sonst so fröhliche und aufgeweckte Schwester sah müde, nervös und ausgelaugt aus. Es tat Bella in der Seele weh, Liz so zu sehen.

„Wo ist Max?"

Schüchtern sah Liz sich um. Da sie die letzten Tage nicht miteinander geredet hatten, konnte Liz nicht wissen, dass sich dieser in Therapie befand.

„Er ist nicht da,... er hatte einige Probleme nach der Sache in den Höhlen. Er ist in einer Klinik und lässt sich helfen."

„Was? Wieso? Max?"

Ungläubig riss Liz die Augen auf. Traurig nickte Bella.

„Ja, er hat eine posttraumatische Belastungsstörung. Die hat er seit dem Einsatz im Irak,... durch Stewart ist alles wieder hochgekommen. Er hat einen Reporter angegriffen, weil er dachte dieser sei ein Terrorist,..."

„Okay,... das ist hart. Max wirkte immer, ich weiß nicht,... so stark, so unerschütterlich. Wie geht es dir damit?"

Besorgt sah Liz Bella an.

„Ich komm klar. Ich meine,... ich vermisse ihn. Gott, das tue ich wirklich! Aber es ist wichtig. Er leidet und auf Dauer würden wir, also unsere Beziehung, darunter leiden. Ich habe zum Glück viel Ablenkung, viel zu tun. In fünf Tagen beginnt meine Tournee."

Unsicher zuckte Bella mit den Schultern. Sie gab sich gelassener, als sie es in Wirklichkeit war, aber Liz hatte genug Lasten zu tragen. Diese musterte Bella und blieb still. Die Spannung im Raum wuchs und unruhig rutschte Bella auf der Couch hin und her. Was sollte sie sagen? Sollte sie überhaupt etwas sagen?

Die Angst etwas falsch zu machen schnürte ihr die Luft ab. Liz seufzte und sah auf ihre Knie.

„Ich bin nicht ohne Grund hier. Ich,..."

Lizzys Stimme erstarb und Bella sah, wie Liz mit sich kämpfte. Besorgt beugte sich Bella vor und legte eine Hand auf Liz's Knie.

„Was ist den los, Schwesterherz?"

Liz schien der Körperkontakt schon zu viel zu sein. Unruhig sprang sie auf und lief zum Fenster. Bella presste die Lippen aufeinander. Das tat weh.

„Ich habe da eine Idee,... ich,... eigentlich brauche ich, da ich ja jetzt achtzehn bin, deine Erlaubnis nicht mehr, aber ich will es nicht tun, ohne vorher mit dir geredet zu haben."

Bella verspannte sich. Was kam jetzt?

„Ich möchte  gerne für mindestens ein Jahr ins Ausland, genauer gesagt, nach Italien."

Bella spürte, wie ihr die Kinnlade runter klappte. Was? Hatte sie das richtig verstanden?

„Bevor du jetzt was sagst, hör mir bitte erst einmal zu, Bella."

Beschwichtigend hob Liz die Hände und Bella schluckte ihren Protest runter. Doch irgendwie hatte sie das Gefühl, egal was jetzt kommen würde, es würde ihr nicht gefallen.

„Ich brauche Abstand,... mein Abi ist durch. Es gibt in Italien eine Kunsthochschule. Es ist DIE Schule überhaupt. Jeder der dort war, kann sich glücklich schätzen. Naja,... ich habe mich beworben, nach langem Zureden von Kim. Ich habe ja noch nicht einmal daran geglaubt, dass die mich nehmen,..."

Verunsichert sah Liz Bella an und zuckte mit den Schultern.

„... aber sie haben es. Ich kann dort erst einmal für ein Jahr hin. Es ist eine große Chance. So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben. Bella, ich will da hingehen."

Bella spürte wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Einerseits freute sie sich für ihre Schwester, wirklich, aber anderseits schmerzte die Vorstellung Liz ziehen zu lassen. Besonders nach den letzten Ereignissen.

„Du sagtest du brauchst Abstand. Abstand in welcher Form? Von mir?"

Bella flüsterte nur und ihre Stimme klang mehr als zittrig.

Beschämt schloss Liz die Augen.

„Jaein,..."

Liz die immer noch am Fenster stand kam auf Bella zu und setzte sich vor ihrer Schwester auf den Wohnzimmertisch.

„Das alles,...ich bin dir nicht böse, Bella. Ehrlich nicht! Aber das alles ist zu viel für mich. Ich brauche Zeit. Zeit zu verarbeiten. Die Vorstellung, dass Carter das getan hat, ich meine in meinem Zimmer,... dass du das getan hast, für mich,..."

Lizzys Stimme brach und bei Bella liefen nun die Tränen. Mit verschwommenen Blick sah sie zu Liz, der ebenfalls eine Träne über die Wange lief.

„Ich will dir nicht weh tun, Bella. Glaube mir, dass ist das letzte, was ich will. Aber ich bin verletzt, traurig und wütend über diese Situation. Ich fühl mich so machtlos. Ich weiß, dass du das alles nur getan hast, um mich zu schützen,... aber es tut weh. Du hast mich all die Jahre belogen, all die Jahre hast du das ertragen müssen und mir keine Wahl gelassen."

Bella nickte traurig und schluckte.

„Es tut mir leid, Lizzy. Ich,... ich wusste mir nicht anders zu helfen. Du warst noch so jung,... so,... ich dachte es wäre das beste."

Liz legte ihr tröstend die Hände auf die Knie.

„Ich weiß! Ich bin dir auch nicht böse. Wenn ich auf jemanden böse bin, dann ist es Carter und auf die Situation an sich. Wie soll ich auf dich böse sein? Das was du getan hast,... ich,... Danke Bella!"

Bella riss ihre Augen auf und sah Liz an. Diese lächelte ihr zaghaft zu.

„Wenn ich mir vorstelle, du hättest es nicht mitbekommen,... ich meine, dass Carter das,..."

Wieder stockte Liz beim Sprechen. Schweigend sahen sich beide an und für einen kurzen Augenblick fühlte Bella wieder diese Verbundenheit zwischen ihnen, die sie vorher gehabt hatten. Das was Liz in diesem Moment fühlte, brauchte keine Worte. Bella wusste es auch so!

Liebevoll drückte Bella die Hände von Liz und stand bewegt auf. In ihr herrschte Chaos. Endlich näherten sie sich wieder an und dann wollte Liz gehen? Aber sie wollte Liz auch nicht im Wege stehen.

Traurig sah sie aus dem Fenster.

„Liz, wenn du das wirklich willst, ich meine diese Schule in Italien, dann stehe ich dir nicht im Weg. Geh nach Italien, mach dein Ding! Ich werde dich unterstützen!"

Ihr fielen diese Worte schwer, aber während Bella sprach, fühlte sie, dass sie das Richtige tat. Wenn sie wollte, dass Liz glücklich wurde und sie ihr altes Verhältnis zu Liz zurück bekommen wollte, dann musste sie ihre Schwester los lassen, ziehen lassen,....

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Hey meine Süßen 😘 wie ihr merkt, geht es gerade wieder etwas leichter von der Hand. Ich weiß nicht für wie lange, aber ich bin dankbar dafür 🙈❤️

Hold you (Band 2) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt