Kapitel 23

244 20 0
                                    

Nach der Vorstellungsrunde für Emily hatten wir uns im Wohnzimmer versammelt. Ich saß mit Emily auf den beiden Sesseln. Sie standen genau gegenüber von dem Sofa. Alec, Florian und Denis hatten es sich auf der bequemen Couch gemütlich gemacht.

Was mich wunderte war, dass Florian und Denis auch gekommen waren. Florians Schwester hatte doch heute Geburtstag und Denis wollte doch ein Videospiel mit einem seiner Freunde testen. War ich ihnen so wichtig, dass sie alles andere stehen und liegen ließen, nur um sich zu versichern, dass es mir gut ging? Bestimmt nicht.

Zuerst mussten wir Emily erklären, wer Bianca und wer Valerian war. Als sie es ungefähr verstanden hatte, begann ich dann von dem heutigen Treffen zu berichten.

Ich erzählte davon, dass Bianca viel redete und sich wirklich um meine Freundschaft bemühte. Dann erzählte ich noch über Valerians plötzlichem Auftauchen im Café und dass Valerian mir etwas Wichtiges mitteilen wollte Bianca dies aber verhindert hatte. Als ich dann endlich meine Erzählung beendet hatte, schauten sich die drei Jungen fragend an. Nebenbei erwähnte ich, dass ich am Montag wieder mit Bianca verabredet war.

„Valerian benimmt sich wirklich höchst eigenartig. Zuerst ignoriert er dich und dann will er dir unbedingt etwas sagen was Bianca aber wiederum auf gar keinen Fall hören darf. Was ergibt das bitte für einen Sinn?", fasste Denis nochmal seine Gedanken laut zusammen.

„Wir müssen auf jeden Fall herausfinden was Valerian dir sagen wollte", mischte sich nun auch Alec ein und wandte sich dabei an mich. Ich nickte darauf nur nachdenklich und sagte: „Ich habe ihm geschrieben und ihn angerufen, aber Valerian ruft mich weder zurück noch schreibt er mir. Das verstehe ich einfach nicht. Wenn es ihm so wichtig ist mir etwas mitzuteilen, warum hat er sich dann nicht mehr gemeldet?"

„Das ergibt wirklich überhaupt keinen Sinn. Die Idee mit einem weiteren Treffen finde ich daher nicht so schlecht. Du solltest sie vielleicht vorsichtig darauf ansprechen, warum Valerian sich so komisch benimmt", kommentierte nun auch Emily unser Gespräch, was mich nicht störte. Daraufhin nickte ich zustimmend.

Zwar kannte sie Valerian nicht, aber eine Außenstehende hatte vielleicht eine andere Sicht auf die ganze Sache. Was auf jeden Fall nicht schaden konnte.

„Was ich aber immer noch nicht verstehe ist, warum du zu Emily gezogen bist. Hast du dich mit deiner Oma gestritten?", fragte mich der vorher so schweigsame Florian mehr als nur verwirrt.

Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Wie sollte ich das nur erklären? Sollte ich Lügen oder die Wahrheit sagen? Ich versuchte mir möglichst schnell eine Erklärung auszudenken, da mich mittlerweile alle aufmerksam musterten. Alle außer Emily. Sie sah verlegen aus dem Fenster links von ihr.

Emily wusste was mich zu ihrer Familie getrieben hatte. Die Entführung meiner Großmutter hatte mich aus der Bahn geworfen. Alles schien immer komplizierter und unverständlicher zu werden. Mein Leben war mittlerweile ein Chaos aus schlechten Erinnerungen, Erfahrungen und Verlusten.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Eine andere streichelte mir sanft über den Rücken und eine Stimme redete beruhigend auf mich ein. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich angefangen hatte zu weinen. Es war einfach mit der ganzen Situation mehr als nur überfordert.

Meine Sicht war verschwommen, sodass ich nicht einmal die Möbel vor mir ausfindig machen konnte. Mein Herz fühlte sich schwer an und schmerzte unerträglich, so als hätte es jemand mit tausenden von kleinen Glassplittern durchbohrt. Mein Kopf begann wieder zu schmerzen und ein Schwindelgefühl setzte ein. Alles drehte sich und mir wurde langsam übel.

Trotzdem riss ich mich zusammen und versuchte mich aus der Benommenheit heraus zu kämpfen. Ich wollte die Gespräche um mich herum verstehen. Doch ich bekam nichts weiter als kleine, unwichtige Gesprächsfetzen zu fassen. Ein plötzliches, schrilles Piepsen in meinem Kopf ließ mich zusammenfahren.

Wie aus der Sicht einer anderen Person, nahm ich meinen Schrei wahr und plötzlich war alles vorbei. Alles hatte aufgehört. Das Schwindelgefühl, die Benommenheit, die Kopfschmerzen, das Piepsen in meinem Schädel und die Schmerzen. Ich hatte aufgehört zu weinen und konnte wieder die Gegenstände im Zimmer erkennen.

Die Hände auf Schulter und Rücken nahm ich wieder deutlich wahr. Nur eine eigenartige Stille umhüllte mich noch, aber vielleicht schwiegen im Moment auch alle.

„Es geht wieder", murmelte ich wie ferngesteuert. Meine Stimme hörte sich tiefer als gewohnt an und auch der Ton, in dem ich die Worte aussprach, war mir eigenartig fremd. Fast so als wäre ich im falschen Körper gelandet.

„Ruhe dich trotzdem erst einmal aus. Ihr habt noch genug Zeit alles zu besprechen", erklang die Stimme von Isabelle. Wann war sie ins Zimmer gekommen?

Immer noch überrascht über ihre Anwesenheit, nickte ich ihr kurz zustimmend zu. Ich fühlte mich wirklich noch schwach und vor allem seltsam leer und emotionslos. Emily versprach mir, den Jungs nur das Nötigste über meinen Umzug zu erzählen. Daraufhin nickte ich zufrieden.

Ich verabschiedete mich schnell von Alec, Denis und Florian. Die Drei wirkten immer noch mehr als überfordert mit meinem Nervenzusammenbruch oder was auch immer das vorher gewesen war. Dann verließ ich den Raum und machte mich auf den Weg ins Gästezimmer. Eine Runde Schlaf würde mir gerade wirklich gut tun.

TeufelswerkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt