Kapitel 40

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Die Wissenschaftler waren nicht wieder gekommen, also ist entweder etwas schief gelaufen oder ich werde erst morgen über das Ergebnis informiert werden. Wie auch immer, es war mittlerweile wieder spät geworden und durch das einzige kleine Fenster in meinem Zimmer konnte ich den leuchtenden Mond sehen. Nur sein spärlicher Lichtstrahl durchflutete den Raum.

Gerade als ich beschlossen hatte schlafen zu gehen, klopfte es an der Tür. Sofort sprang ich vom Bett auf und im selben Moment öffnete sich die Tür. Aber anstelle der Wissenschaftler, trat meine Mutter ins Zimmer und deutete mir zu folgen.

Ein wenig enttäuscht war ich schon, obwohl sie der Schüssel zur Freiheit war. Bevor ich hier herauskam, musste ich unbedingt dem Eindringling seinen eigenen Körper beschaffen. Das Ding wuchs und wuchs und der Fremde konnte genauso wenig dagegen tun, wie ich.

In Gedanken bei der Umpflanzung des Fremden, waren wir schnell bei demselben Raum wie die vorherigen Male angekommen. Meine Mutter sagte mir, dass ich schon hineingehen sollte, weil sie noch ein paar andere Kinder holen müsste. Die Tür knarzte nicht als ich sie aufschob und nur das Licht vom Gang drang in das ansonsten dunkle Zimmer.

Zuerst dachte ich, dass ich allein wäre, doch als ich mich im Raum umschaute, bemerkte ich ein junges schwarzhaariges Mädchen an der Wand angelehnt sitzen. Ihre Haare waren rabenschwarz und ihre ebenso pechschwarzen Augen strahlten eine eigenartige Kälte aus.

Das Kind war unheimlich blass, vielleicht sogar noch blasser als ich es war. Aber das war noch nicht das, was mich am meisten an ihr beunruhigte. Das Mädchen war umringt von tiefschwarzen Schatten, welche zu ihr zu sprechen schienen.

Mir lief ein Schauer über den Rücken. Das Kind fixierte mich mit leerem Blick. Sie war noch sehr klein. Ich schätze sie auf fünf oder sechs Jahre. Als ich gegenüber von ihr stand, fragte ich vorsichtig: „Darf ich mich zu dir setzen?"

Sie nickte abwesend, also setzte ich mich neben das Mädchen und fragte sie nach ihrem Namen. „Ich heiße Amara. Amara Black."

„Amara, ...ein sehr schöner Name", sagte ich nachdenklich. „Die Schatten mögen dich, dass ist ungewöhnlich. Also wer bist du?", fragte sie mich plötzlich. Überrascht über ihre Frage, sah ich sie an. Amara sprach als wäre sie mindestens 10 Jahre älter. Ihre Frage war präzise und keine andere Fünfjährige hätte die angehängte Frage so ernst betont.

„Gracie Spring. Du redest mit den Schatten?", fragte ich Amara interessiert nach. Sie nickte und sagte: „Ja, ich kann die Schatten kontrollieren und benutzen. Das ist meine Fähigkeit", antwortete sie mir und ich wunderte mich über ihre dunkle Augenfarbe, denn ihre Augen sollten eigentlich türkis sein. Oder irrte ich mich und die türkise Augenfarbe kennzeichnete nicht unbedingt einen Menschen mit Fähigkeiten?

Bevor ich wegen der Augenfarbe nachfragen konnte, öffnete sich die Tür und Valerian kam mit einem Jungen an der rechten Hand durch die Tür. Der Junge musste so um die neun Jahre alt gewesen sein. Er hatte Sommersprossen und seine roten Haare standen ihm von allen Seiten wirr vom Kopf ab.

Das Kind musste noch nicht lange hier sein, denn seine Augen hatten noch nicht den gewissen Glanz verloren und ein schiefes, breites Grinsen zog sich über sein zartes Gesicht. Durch sein Lächeln konnte man die große Zahnlücke, welche durch den fehlenden Schneidezahn entstanden ist, sehen.

Ich lächelte die beiden freundlich an. „Wow, ist die schön. Wie heißt sie?", versuchte der kleine Junge möglichst leise Valerian zu zuflüstern, was ihm aber gänzlich misslang.

„Frag sie doch einfach", gab Valerian ihm den Tipp und der Junge warf ihn darauf einen schockierten Blick zu. „Du schaffst das schon", ermutigte Valerian das Kind.

Im nächsten Moment stand er schon grinsend vor mir und fragte mich nach meinem Namen. „Ich heiße Gracie und das Mädchen neben mir ist Amara und wer bist du?", antworte ich dem Rotschopf freundlich.

Seine Augen begannen zu leuchten: „Ich bin Alex und schau mal was ich kann!" Bevor er seinen Satz beendet hatte, standen seine Hände schon in Flamen und das Zimmer wurde von dem hellen Licht, welches das Feuer erzeugte, erhellt.

„Höre sofort auf damit! Du verscheuchst die Schatten", fuhr ihn Amara schockiert und durcheinander an.

Eingeschüchtert verblassten die tanzenden Flamen auf den Handinnenseiten des Jungen und der Raum wurde wieder in Dunkelheit gehüllt. Erneut blieb als einzige zarte Lichtquelle die leicht geöffnete Tür auf die langen, endlosen Gänge hinaus.

Wie leicht wir jetzt weglaufen könnten. Den Weg nach draußen kannte ich schon. Uns würden nur die Agenten meines Vaters, bei einem unüberlegten Fluchtversuch, in die Quere kommen. Wie schaffte es meine Mutter eigentlich so viele Kinder an den duzenden Überwachungskameras vorbei zu schmuggeln?

Mein Gedankenzug wurde durch Valerian unterbrochen, welcher zu mir hinüber gekommen war und sich neben mich auf den Boden gesellt hatte. Jetzt stand nur noch Alex und starrte ängstlich Amara an.

„Wieso hat Amara keine türkisen Augen?", flüsterte mir Valerian leise zu. „Keine Ahnung, vielleicht hat die Augenfarbe nicht die Bedeutung, welche ich vermutet hatte", antwortete ich dem Jungen neben mir und stellte eine Gegenfrage: „Was machen die Wissenschaftler mit dir? Geht es dir halbwegs gut? Das du hier mit hineingeraten bist, tut mir so unendlich leid."

Valerian schaute mir lange in die Augen, sodass ich alles um mich herum ausblendete. Auch wenn Valerian es nicht zu geben würde, ich sah den Schmerz in seinen Augen aufblitzen als er sagte: „Ist nicht so schlimm. Sie versuchen nur herauszufinden, in welcher Beziehung ich zu dir stehe, aber keine Sorge, ich habe noch keine nützlichen Informationen geliefert."

Ich war mir nicht sicher, ob Valerian mich anlog oder nicht. Ich wusste nur, dass er schon einiges an Schmerzen mitgemacht haben musste. Das spürte und sah ich ihm an. Schuldbewusst starrte ich zu Boden.

„Du bist nicht schuld daran, dass ich jetzt auch in dieser Anstalt festsitze. Du solltest die Letzte sein, die sich deshalb Vorwürfe macht. Wenn du nicht in mein Leben getreten wärst, dann wäre es mit mir sicher Berg ab gegangen", erläuterte mir Valerian und ich sah ihn, bei seinen letzten Worten nachdenklich an.

Verschwieg er mit etwas? Wieso hätte es mit ihm Berg ab gehen sollen?

Doch bevor ich näher darauf eingehen konnte, trat wieder meine Mutter mit zwei Jugendlichen in den Raum. Es schienen die letzten zu sein, denn meine Erzeugerin schloss hinter sich die Tür und knipste das spärliche Licht an.

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