2011
J O S E P H I N E
Müde und erschöpft kam ich zu Hause an.Mit Tränen in den Augen warf ich meine Schultasche in die Ecke und ließ mich schluchzend an der Haustür nach unten gleiten.
Es ging nicht mehr.
Der Druck war einfach zu groß geworden.
Wie paralysiert betrachtete ich die Narben auf meinem linken Unterarm. Die frischeren Schnitte befanden sich eher an Stellen, die nicht so auffällig waren. Die Leute hatten angefangen Fragen zu stellen und die Ausrede mit der Katze wäre auf Dauer unglaubwürdig gewesen. Aber in Zukunft würde ich das Ganze Versteckspiel nicht mehr brauchen.
Bei dem Gedanken fing ich an zu Grinsen und stand auf, um in die Küche zu gehen.
Dort nahm ich mir ein Messer aus der Schublade und einen Block und einen Stift aus dem Regal. Dann setzte ich mich an den Küchentisch, um meinen Abschiedsbrief zu schreiben. Ich entschuldigte mich bei meiner Familie, vor allem meinen Eltern, nannte die Gründe und bat noch darum, dass mich niemand vergessen sollte.
Ich atmete noch einmal tief durch.
Sollte ich es wirklich tun?
Danach wäre alles vorbei. Die Zeit mit meinen Eltern, meinen Freunden und das Theater spielen. Dieses Jahr hatte ich die Hauptrolle in der Gruppe bekommen. Es wäre egoistisch von mir jetzt einfach aus zu steigen. Doch dann musste ich auch wieder an alles andere denken. Der Stress wegen dem Abitur, der Ständige Druck die Beste sein zu müssen, der Spott meiner Klassenkameraden, die Depressionen, die immer zu mir kamen, wenn ich dachte, dass es endlich besser werden würde. Es war niederschmetternd. Aber eigentlich war ich es selbst Schuld. Als mein Therapeut mir gesagt hat, dass er mir nicht helfen könne, hat meine Mutter gefragt, ob ich einen neuen brauche, oder ob wieder alles in Ordnung wäre. Ihr hoffnungsvoller Gesichtsausdruck machte es mir unmöglich die Wahrheit zu sagen und so sagte ich ihr, dass alles in Ordnung sei und ich „geheilt“ bin.
Schon wieder schossen mir Tränen in die Augen und ich setzt mir das Messer an mein Handgelenk. Ich wollte grade den finalen Schnitt setzen, als mein Handy vibrierte.
„Mein Gott! Kann man sich noch nicht mal in Ruhe umbringen?“, fluchte ich leise und öffnete die Nachricht.
Sie war von meiner Cousine Kylie aus München und enthielt einen Link. Dazu hatte sie geschrieben: „Das wird dir gefallen. Du bist doch so ein Niall Girl ;)“
Ich seufzte und öffnete kurzerhand den Link. Ein letztes Mal One Direction könnte ja nicht schaden. Das Video war von einem Interview. Eher gesagt einem Ausschnitt von einem Interview. Der Moderator fragte Niall gerade: „Gibt es noch irgendetwas, was du deinen Fans sagen möchtest?“
Niall grinste, wurde dann aber plötzlich ernst und sagte: „Ja. Sehr gerne sogar. Ich habe gestern in der Zeitung wieder von einem Mädchen gelesen, dass sich selbst umgebracht hat. So etwas beschäftigt mich immer sehr, weil ich mich frage, was in dem Kopf von einem jungen Menschen vorgehen muss, dass er sich entschließt sein Leben zu beenden. Es gibt doch immer Möglichkeiten sich helfen zu lassen. Deswegen möchte ich all meinen Fans sagen, dass es okay ist, sich Hilfe zu suchen. Ich weiß, dass ihr glaubt, dass ich nicht weiß, dass ihr existiert, aber für mich zählt jeder einzelne von euch. Ich liebe euch alle und will nicht, dass ihr euer Leben beendet oder euch selbst verletzt. Wenn ich könnte, würde ich jeden von euch so lange in die Arme schließen, bis ihr wieder ganz seid. Euer Leben bietet euch noch so viele Möglichkeiten. Vielleicht trefft ihr morgen die Liebe eures Lebens, gewinnt im Lotto, bekommt euren Traumjob oder ihr findet eure beste Freundin. Ihr werdet es nie herausfinden, wenn ihr einfach aufgebt. Gebt nicht auf! Nicht heute, nicht morgen, nie! Also bitte: Bleibt stark. Für mich.“
Danach war das Video zu Ende und ließ mich völlig aus der Bahn geworfen zurück.
Als ob Kylie geahnt hätte, was ich vorhatte.
Langsam glitt mein Blick wieder zu dem Messer. Niall Horan wollte nicht, dass ich mich umbrachte und seine Worte hatten mich zum Nachdenken gebracht. Das Leben war hart, aber ist es nicht genau das, was es lebenswert macht? Ich hatte noch so viele Möglichkeiten, immerhin war ich erst 17.
Erst vor zwei Wochen hatte ich eine Bewerbung an die „Royal Academy of Dramatic Art“ kurz RADA versendet. Zwar war bisher noch keine Einladung zum Vorsprechen gekommen, aber wer weiß? Vielleicht wäre ich in ein oder zwei Jahren eine berühmte Schauspielerin? Das alles würde ich nie erfahren, wenn ich jetzt einfach aufgeben würde. Niall hatte Recht. Es war okay Hilfe zu brauchen.
Langsam nahm ich mein Handy in die Hand und wählte eine ganz bestimmte Nummer.
„Was ist los Josephine? Du weißt doch. Ich bin arbeiten.“, meldete sich die Stimme am anderen Ende der Leitung.
„Mama? Ich hab gelogen. Ich brauche immer noch Hilfe.“
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You make me strong » n.h
Fanfiction»I'm sorry if I say, "I need you" But I don't care, I'm not scared of love 'Cause when I'm not with you I'm weaker Is that so wrong? Is it so wrong? That you make me strong«