Disappear

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Ich fühle mich unglaublich erschöpft, als ich mein Zimmer betrete. Ich verspüre nicht einmal mehr Wut. Meine Gedanken zermürben mich. Ich hatte mit einer Bestrafung, einer Ermahnung oder Ähnlichem gerechnet. Nicht mit diesem Verrat. Erwin selbst war der Antragsteller. Er selbst bewilligte ihn. Warum hatte er nicht einfach in Vorhinein mit mir darüber gesprochen?

Seufzend setze ich mich und bemerke zuerst gar nicht, dass ich mich nicht auf meinem Stuhl niedergelassen habe. Verwundert stehe ich auf und stelle fest, dass meine restlichen Aufzeichnungen und Instrumente, die  ich bei Pixis angefordert hatte, eingetroffen sind und während meiner Abwesenheit auf mein Zimmer gebracht wurden. Ein Brief liegt auf einer der hölzernen Kisten. Ich will ihn ergreifen, will wissen welche Worte Pixis an mich richtet, doch ich unterlasse es. Ich mache mich daran meine Sachen zu packen. Nichts würde mich mehr an diesem Ort halten. Es wäre besser für mich das Hauptquartier für die nächsten Tage zu verlassen.Ich krame eine große Tasche, aus Leinen gefertigt, hervor und packe genügend Kleidung und Geld für die nächsten Tage ein. Eine einfache Unterkunft werde ich schon finden.

Auf leisen Sohlen schleiche ich mich durch die angrenzenden Stallungen. Zwar wäre es nicht slimm, wenn ich entdeckt werden würde, doch einer der diensthabenden Pferdeverterinäre ist sehr gesprächig und das würde meinen Zeitplan nur durcheinander bringen. Ich gehe vorsichtig und in gedruckter Haltung den langen Gang entlang, bei dem sich zu beiden Seiten die Boxen der Pferde befinden. Diese bemerken mich natürlich sofort. Ich vernehme wie sie leise wiehern, schnauben und teilweise ungeduldig mit den Hufen über das dünn ausgelegte Stroh scharren. Als ich an der Box meines Wallachs angekommen bin, luke ich vorsichtig über die Tür aus Brettern, zwischen den rostigen Gitterstäben hindurch. Meine Finger schliesen sich um das raue Metall und auf meinen Lippen bildet sich ein leichtes Lächeln. Mein Pferd ist gerade an der Tränke und geniest sein etwas trübes Wasser. Ich spitze die Lippen, presse sie zusammen und sauge etwas Luft dazwischen ein. So erzeuge ich ein Geräusch, welches dem Piepsen einer Maus sehr ähnelt. Mein Wallach hatte die Ohren schon vorher in meine Richtung gedreht, doch nun wendet er neugierig den Kopf zu mir.Vorsichtig öffne ich die Tür und begebe mich zu dem athletischen Tier. Meine Finger streichen über das schwarze Fell. Ich nehme seinen Duft auf. Ich fühle mich frei. Unbemerkt nehme ich mir Sattel und Zaumzeug und führe wenig später das gesattelte Tier nach draußen.

Schwerfällig hiefe ich mich mit meinem langen Rock und meinem Gepäck auf den Rücken des Pferdes. Sanft treibe ich es voran und reite durch das Tor, welches mich in Stadt entlassen wird. Auf dem Hof tummeln sich einige Kadetten, die mir interessierte Blicke zuwerfen, doch ich ignoriere sie und setze meinem Weg fort. Es interessiert mich nicht im Geringsten, was sie denken.

Ich schaffe es gerade einmal eine Pferdelänge aus dem Torbogen hinaus, als ich meinen Namen vernehme und mich in die Richtung drehe aus der die Stimme kam. Hanji steht zu meiner Rechten und kommt den gepflasterten Weg entlang gelaufen.

"Jane, wo willst du denn hin?", fragt sie mich sichtlich überrascht und streichelt den Hals meines Pferdes, als sie neben ihm zum Stehen kommt. Ich antworte ihr nicht. Betrübt hole ich den Zimmerschlüssel aus meiner Tasche hervor und halte ihn Hanji vor die Nase. Diese blinzelte verwirrt worauf ich sage :" Meine restliche Aufzeichnungen wurden heute gebracht, Pixis hat mir sicher auch die angeforderten Utensilien für die mikroskopischen Untersuchungen an Erens Blut zukommen lassen. Ich habe noch nicht nachgesehen. Würdest du das bitte tun? Sieh dir Alles an und mach damit, was du willst! "

Ich lasse den Schlüssel einfach fallen. Hanji kann ihn gerade noch auffangen und sieht mir verwirrt nach, als ich mein Pferd erneut antreibe. Es dauert nicht lang bis sich sich fängt und sich mit ausgebreiteten Armen mir und meinem tierischen Begleiter in den Weg stellt.

"Jane? Was ist denn los? Wo willst du hin?", fragt sie erneut und verschärft dabei ihre Stimme. Meine Augen weiten sich etwas. Dass der Grund für meine Beurlaubung mit leitenden Personen besprochen wurde, war eine glatte Lüge! Erwin hat nichts unternommen, um sich über die näheren Gründe zu informieren! Er hat mich als Last gesehen und mich aussortiert!

"Ich habe etwas zu erledigen!", nuschle ich und lasse mein Pferd einfach umdrehen, doch Hanji packt mich am Bein. Erschrocken blicke ich auf die hinab.

"Edward Reber!", ruft sie mir diesen Namen zu. Fragend sehe ich sie an.

"Edward Reber!", wiederholt sie ihn noch einmal, doch ich verstehe nicht. Was soll mir dieser Name sagen?

"Wegen deinem Arm!", flüstert sie nun sichtlich verlegen und wagt es nicht mehr mir in die Augen zu sehen. Stattdessen sieht sie hektisch den Weg entlang und stürmt dann auf einen Passanten zu, der kurz stehen geblieben ist um in seiner Zeitung zu lesen. Ich sehe nur noch, wie Hanji einfach ein Stück aus dem Schriftstück herausreist und dann etwas darauf notiert. Den fluchenden Mann ignorierend kommt sie zu mir zurück und drückt das Stück der Zeitung in die Hand.

"Geh zu ihm!", rät sie mir und verschwindet dann ohne sich noch einmal umzudrehen. Seufzend stecke den Zettel in meine Tasche und schnalze mit der Zunge. Ich werde nichts Dergleichen tun!

Mein Pferd setzt sich wieder in Bewegung. Endlich kann ich meinen Weg fortsetzen. Weg von hier. Abstand von meiner offensichtlich Fehlentscheidung nehmen. Abstand von Erwin gewinnen und vielleicht nie wieder an diesen Ort zurückkehren. Ist es falsch so zu denken? Ist es falsch zu denken, dass ich gern mehr Zeit gehabt hätte um mich mit allen auseinander setzen zu können? Doch was habe ich erwartet?Wir befinden und im Krieg, im Umbruch. Zeit haben wir einfach nicht! Wahrscheinlich hatte ich mit meiner damaligen Vermutung doch Recht gehabt. Mir wird ein wertloses Leben bevorstehen! Titanen kann ich nicht mehr töten! Ich weiß, dank Erens in Erscheinung treten quasi nichts über sie und bin mental auch nicht in der Lage so nahe an sie heran zu kommen, um mehr über sie zu erfahren! Ich bin enttäuscht! Nicht nur von Erwin sonder auch von mir selbst!

Mein letzter, schuldiger, Blick über die Schulter gilt dem Hauptquartier. Meine Augen huschen von einem Fenster zum anderen und mein Atem stockt, als ich ihn hinter der Scheibe erblickte. Seine blauen Augen leuchten selbst aus dieser Entfernung so hell, wie ein wolkenloser Himmel im Sommer. Ich sehe sein blondes Haar und spüre seinen prüfenden Blick auf mir. Traurig senke ich den Kopf und wende mich ab. Wäre ich doch nur nicht zu ihm zurück gekehrt!

Wallflower (Attack on Titan Levi x OC FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt