Das monotone Klappern der Hufe meines Pferdes hallen durch die menschenleere Gasse. Ihm fehlt ein Eisen. Ich kann es hören. Mir ist unklar, wann es verloren gegangen ist. Mein Körper geht locker in den Bewegungen mit. In Gedanken zähle ich die Schritte des Tieres. Eins, zwei, beim Dritten fehlt das Eisen, der Ton verändert sich, vier. Immer wieder gehe ich diesen Rhythmus in meinen Gedanken durch, bis es zu einem Lied in meinem Kopf heranwächst. Ich mache mich auf den Weg zur Mauer, die mich von Stohess trennen wird. Ich will einen kleinen Bezirk aufsuchen, der vor den Toren liegt, um mir dort eine Bleibe für die nächsten Tage zu suchen. Mein Pferd schreitet langsam voran. Ich verspüre nichts, was mich zur Eile zwingt. Ich biege auf einen der Hauptwege ab. Kutschen, Passanten und einige Kinder kreuzen meinen Weg. Keiner schenkt mir besondere Aufmerksamkeit. Ich mag dieses Gefühl.
Der Weg ist weit. Meine Schultern schmerzen von der Last meines Gepäcks. Ich beschließe auch meinem schwarzen Wallach eine Pause zu gönnen. Ich steige ab und führe ihn zu einer Tränke am Rande eines kleinen Marktplatzes. Ich binde ihn fest an und bedanke mich streichelnd für seine Dienste. Sofort taucht er seine Lippen in das kühle Nass. Ich wende mich ab und schreite über den gepflasterten Boden. Ich bin nicht zufällig hier. Ich habe Etwas zu erledigen.
Diese Gegend ist mir bekannt, deshalb finde ich es schnell. Ein kleines heruntergekommenes Haus, das eher einer Hütte ähnelt. Der Putz ist größtenteils von der Wand abgebröckelt. Die Tür besteht aus, nur notdürftig zusammengeschusterten, Brettern. Es gibt nur wenige Menschen, die diesen Laden kennen und ich bin einer davor.
Ich öffne die Tür und trete ein. Eine schrille Glocke bimmelt fröhlich vor sich hin und ich finde mich in einem Raum wieder der bis unter die Decke, mit den in meinen Augen schönsten Dingen, vollgestopft ist. Es ist kein Handel für Gemüse, Obst, Zigarren, Schuhe und Kleidung. Es ist kein Handel für das Übliche, wie Seife und Bücher. Es ist ein Laden, der meines Erachtens nur Menschen in seinen Bann zieht, die auch für die merkwürdigsten Dinge ein Auge haben. Für merkwürdige Leute.
Geschnitzte Holzfiguren, bei denen man anzüglich denken könnte liegen in einem geflochtenen Korb. Die trichterförmigen Blechteile von Hupen wurden einfach an einem Brett aufgehangen und sollen schaurige Musik erzeugen, wenn der Wind hindurch fahren würde und den aufgefädelten Stein dagegen bewegt. Ein Kutschenrad wurde zum Kerzenleuchter umgewandelt. Alte Zügel zu einer Tasche geflochten. Doch es gab nicht nur Plunder, Wiederverwertetes und teilweise Unnützes, das mich immer wieder ein Lächeln schenkt wenn ich hier bin. Der Laden war auch auf andere Weise besonders, denn er versorgte mich unter anderem mit Heilkräutern und Zutaten für meine Salbe, die ich so dringend brauche. An Chilis heranzukommen war schon immer ein schwieriges Unterfangen. Sie sind selten und sehr teuer.doch hier hatte ich einen Ort gefunden der mich mit dem Nötigsten versorgen konnte.
Ich schreite durch die Regale und nehme Etwas aus einem kleinen Körbchen. Ein Stück Spiegel, abgerundet damit man sich nicht daran schneiden konnte. Kleiner als meine Handfläche. Ich spiegle mich darin. Ich sehe mir selbst in die grünen Augen. Sie wirken traurig. Schuldig. Ich denke an Erwin. Ich denke an meine Zukunft.
"Es heißt ja eigentlich, dass ein zerbrochener Spiegel unglaubliches Pech über einen bringen wird.", sagt plötzlich eine kratzige Stimme hinter mir.
"Doch dich hier zu sehen, würde ich als einen glücklichen Augenblick bezeichnen. ",höre ich, bevor sich ein alter Mann mit schütterem, weißem Haar in mein Blickfeld schiebt. Ein leichtes Lächeln liegt auf seinen faltigen Lippen. Die trüben Augen sind verengt. Er ist fast blind, trotzdem hat er mich erkannt.
"Alfred, schön dich zu sehen!", sage ich und klopfe ihm auf die Schulter.
" Wie geht es deinen Augen?", frage ich interessiert und sehe ihn skeptisch an. Sein Zustand hat sich in den letzten Jahren stetig verschlechtert. Trotz dem Wissen, dass er bald erblinden wird, trägt der Alte immer diesen herzerwärmenden Ausdruck im Gesicht. Er gibt nicht auf. Damals hatte er mich motiviert.
"Wie geht es deinem Arm?", übergeht er meine Frage einfach. Seine Finger wandern zittrig zu mir. Er kann seine Hand beinahe um meinen Oberarm schließen. Vorsichtig drückt er zu und schüttelt meinen Arm leicht.
"Fühlt sich recht hart an!", flüstert er und tätschelt mir mit der anderen Hand die Wange. Mit dieser Geste gab er mir trotz alledem immer etwas Mut. So auch heute. Sein Lächeln wird breiter und offerbart mir ein paar Zahnlücken. Alfred und mich verbindet etwas Besonderes. Es gab Zeiten, da war ich mehrmals wöchentlich bei ihm. Einfach nur um bei ihm zu sein. Ich hatte Niemanden mehr. Alfred ist wie ein Großvater für mich.
Er reist sich von mir los und begibt sich schlurfend hinter seinen Tresen, den man, zwischen den beiden deckenhohen Türmen aus alten Blecheimern, auf den ersten Blick gar nicht erkennt.
"Das Übliche?", ruft er mir zu und taucht hinter dem Tresen ab. Ich kann nicht einmal zustimmen, denn schon hat er zwei Hände voll leuchtend, roter Chilis auf den Tisch gelegt. Aus einer Schublade holt er noch zwei große Dosen, mit Tierfett gefüllt, hervor und stellt sie daneben. Sichtlich zufrieden blickt er auf seine Ware und dann zu mir.
"Willst du mir ein stück Pech abkaufen?", fragt er belustigt und deutet auf meine Hand in der sich immernoch die Scherbe befindet.
Ich beginne zu lachen, und trete an Alfred heran. Klipernd lege ich die Scherbe neben die anderen Waren. Alfred nickt wissend. Ich öffne meine Tasche und nehme etwas Geld heraus. Dabei fällt der Zettel, den Hanji mir gab auf den Boden. Ich habe ihn beinahe vergessen. Ich hebe ihn auf. Nachdenklich betrachte ich das gefaltene Zeitungspapier in meiner Hand. Alfred bemerkt dies.
"Was hast du da Liebes?", fragt er interresiert und nimmt mir ungefragt den Zettel ab. Es dauert nicht lange, bis er das Papier entfaltet hat und seine trüben Augen konzentriert über das Geschriebene huschen. Unberührt beobachte ich ihn dabei.
" Edward Reber, also?", fragt er und seine Stimme klingt plötzlich ernst. Seine Augen richten sich wieder auf mich. Zögerlich nicke ich.
" Ich kenne ihn!", sagt er und sein leichtes Lächeln kehrt zurück. Ich tue es ihm gleich.
Ich liebe Alfred.
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Wallflower (Attack on Titan Levi x OC FF)
FanfictionDie ehemalige Abteilungsführerin Jane Bloomberg kämpft sich nach einem schweren Schicksalsschlag zurück zum Aufklärungstrupp. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht ihr Herz zum Wohle der Menschheit zu opfern. Ihr Wissen kommt dem Team Levi zu Gute, d...