Kapitel 18

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Heulend und verzweifelt presse ich meine Lippen auf die von Nick. Ich spüre wie seine Hände durch meine Haare gehen und schließlich lösen wir uns. ,,Nicht weinen, Deer, du kannst eben keine ganze Salami alleine essen. Ich will auch was davon", meint Nick sanft und streicht mir die Tränen weg. ,,Man Nick", kicher ich und wische mir über meine Augen. Wir proben gerade eine sehr dramatische Szene und er muss alles zerstören. Wie immer. Als Nick sich umdreht nehme ich mir eine handvoll Blätter und gehe leise hinter ihm her. ,,Vorsi...", beginnt Orlando, doch ich bin schneller und stopfe die Blätter in Nicks Kragen. Schnell weiche ich seinem Arm aus und flüchte durch das Set. Aber leider ist Nick wesentlich schneller als ich. Was vielleicht auch an dem Lachanfall liegen könnte, der mir die Luft zum rennen raubt. Die Verfolgungsjagd geht quer durch den Wald, bis Nick ein Stück von meinem Oberteil zu greifen bekommt. Jedoch stolper ich im gleichen Moment und reiße uns beide zum Boden. Wie kleine Kinder rangeln wir, ich hauptsächlich um von Nick loszukommen, während er versucht mich auf dem Boden zu fixieren. ,,Ok ok", rufe ich kichernd, damit er endlich von mir ablässt und ich mich beruhigen kann. Erschöpft bleibe ich auf dem Rücken liegen und versuche zu Atem zu kommen. ,,Ihr zwei habt echt nen Knall", meint Orlando und hilft mir kopfschüttelnd hoch. ,,Das sagst gerade du", klage ich Orlando an. ,,Ich weiß nicht was du meinst." Provozierend grinse ich ihn an. ,,They're taking the Hobbits to Isengard, to Isengard", singe ich brüllend und hüpfe dabei wie eine Bescheuerte durch die Gegend. ,,Okay, du hast ja Recht. Wir haben alle ein Rad ab", lacht Orlando.

Gemeinsam sitzen wir in der Hotelbar und lassen den letzten Abend ausklingen. Morgen geht es wieder zurück nach Hollywood. Leider. Ich liebe es hier in den Rockies. Abgesehen von den fetten schwarzen Käfern ist die Landschaft einfach nur der Wahnsinn. Definitiv ein Ort zum Auswandern. Mit zwei großen Schlucken leere ich mein Bierglas und ordere direkt ein neues. Auch wenn das Bier nicht ansatzweise an Kölsch ran kommt. Mittlerweile sind wir alleine in der Hotelbar und Orlando zieht ein Päckchen Zigaretten aus der Hosentasche. Höflich hält er die Schachtel offen zu Nick, welcher sich dankend eine nimmt. Ich lehne wie immer ab. Dann hält Orlando die Schachtel zu Julian. Dieser will gerade zugreifen, doch ich bin schneller und schlage seine Hand weg. ,,Vergiss es.",,Ach komm schon Mila. Nur die eine", meint Orlando und auch Julian sieht mich bittend an. ,,Nein verdammt nochmal. Du hast erfolgreich mit dem Rauchen aufgehört und fängst garantiert nicht wieder an. Deinen Entzug mache ich kein zweites Mal durch. Jetzt pack die scheiß Teile weg und geht zum rauchen raus." ,,Klar doch Chefin", meint Nick, salutiert und verschwindet mit Orlando vor die Tür. Ich nehme einen Schluck von meinem Bier. ,,Guck mich nicht so an, Juli. Du weißt wie ich dazu stehe." ,,Ja, aber..."  ,,Nein kein aber. Ich habe dir versprochen dich davon anzuhalten. Auf deinen eigenen Wunsch. Und auch wenn ich schon angetrunken bin, dass schaffe ich wahrscheinlich auch wenn ich komplett hacke bin." Murrend trinkt Julian sein Glas aus und ordert ebenfalls noch ein Bier. Grinsend gebe ich meinem besten Freund einen Kuss auf die Wange. ,,Ich bin stolz auf dich, dass du das so durchziehst. Auch wenn Alkohol keine langfristige Lösung ist." ,,Das sagt Millie die Säuferin, ja?" Heftig nicke ich. ,,Ja das tue ich. Aber Alkohol ist halt schon geil." Ich hebe mein Glas, Julian ebenfalls. ,,Slàinte Mhath", rufe ich meinen schottischen Lieblingstrinkspruch und wir stoßen an.

Es ist mitten in der Nacht, Orlando und Julian sind längst schlafen. Nur Nick und ich stehen auf der Dachterrasse und sehen uns die schwarze Natur an. Die Baume stechen schwarz in den dunkelblauen Himmel rein. Der Mond leuchtet hell und die Sterne funkeln wunderschön. ,,Wow", murmel ich leicht angetrunken. ,,Darf ich vorstellen, meine Heimat." Ich beginne zu kichern. ,,Du kommst aus Toronto du Vollidiot. Das liegt auf der anderen Seite von Land." ,,Ich kenne die Geografie von Kanada, danke. Aber trotzdem ist das mein Land.
O Canada
Our home and native land
True patriot love
In all our sons command", beginnt er die Nationalhymne zu singen und legt seine Hand auf sein Herz. ,,Doch lieber die Gesangskarriere?" ,,Ah, ich weiß nicht. Opernsänger?" ,,Da kommst du mit deiner Bass Stimme richtig weit", antworte ich ironisch. Verständnislos sieht Nick mich an. ,,Okay, kurz für Dumme. Menschen haben unterschiedliche Stimmlagen. Ich liege zum Beispiel zwischen Alt und Sopran. Das bedeutet ich kann hoch singen, aber nicht allzu hoch und auch ohne Probleme tief. Bei Männern ist das ähnlich. Die Tenöre singen hoch, wie zum Beispiel Julian, und Bässe tief. Da du eher zum Bass gehörst kommt eine Opernkarriere leider nicht so in Frage." ,,Jammerschade", meint Nick und sieht wieder in die Natur. ,,Du undankbares Etwas", grummel ich. Ich erkläre ihm das alles und er kommentiert es sarkastisch. War ja klar. Ich sollte es einfach lassen. Damit erspare ich mir viel Mühe. ,,Wir sollten mal schlafen gehen. Es ist schon halb vier." Zustimmend nicke ich und wir gehen wieder ins Hotel. Schließlich erwartet uns morgen ein langer Tag.

Ein Traum wird wahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt