„Also Lily." Sagte Emilie, die schräg gegenüber von mir saß und mir mit hochgezogenen Augenbrauen tief in die Augen sah. Wir hatten uns vor einigen Minuten in unserem Schlafsaal eingefunden, um wie geplant in Ruhe unsere Konferenz abzuhalten. Nun saßen wir gemeinsam auf Emilies Bett, Michelle und ich am Kopfende, Julie und Emilie am Fußende. Meine beste Freundin räusperte sich, ehe sie in geschwollenem Tonfall fortfuhr. „Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um die tragische Geschichte von Lily Evans und James Potter zu hören, und den Grund, warum sie fortan unweigerlich dazu gezwungen sein wird, ihn auf schändliche Art und Weise standhaft und ohne Skrupel zu Ignorieren. Lily Evans. Sie haben nicht das Recht zu Schweigen." Ich vergrub mein Gesicht in einem Kissen das ich mir geschnappt hatte und versuchte, dass Kichern meiner Freunde zu ignorieren, sowie die leichte wärme, die mir ins Gesicht stieg. „Das ist nicht komisch." Murrte ich und sandte zur Verdeutlichung der Ersthaftigkeit meines Anliegens Todesblicke in ihre Richtungen. Es war ja nicht so, als ignorierte ich ihn zum Spaß, oder aus purer Boshaftigkeit. Ich war schlicht und einfach sehr verwirrt und hatte Angst vor der Wahrheit. Entgegen meiner Hoffnungen sorgte diese Aussage aber nur für noch mehr Gelächter. Ich wartete einige Sekunden bis sie aufhörten zu lachen, und sie mich nur noch aus amüsiert grinsenden Gesichtern abwartend ansahen. „Miss Evans." Schlüpfte Emilie wieder in die Rolle eines Verhandlungsleiters, wobei man das Amüsement in ihrer Stimme noch deutlich hören konnte. „Ich bitte um Aufmerksamkeit." Tadelte sie die anderen beiden, die noch immer mühe zu haben schienen, sich zusammenzureißen. „Da Mister Potter aufgrund seiner Abwesenheit nicht befragt werden kann, ist es nun an ihnen uns die derzeitige Situation in allen Details zu erläutern. Ich bitte sie hierbei sachlich zu bleiben und ihre Darstellung nicht mit subjektiven Wahrnehmungen auszuschmücken" Ich musterte sie leicht pikiert. Als ob ich nicht immer Sachlich wäre. Als ob ich die Dinge nicht auch ohne ausdrücklichen Hinweis objektiv beschreiben könnte. Ich kam nicht umhin, ein bisschen beleidigt zu sein, doch ich beschloss, dass zu ignorieren. Ich war nicht so beleidigt dass ich dem Ausdruck verleihen musste. „Also gut." Sagte ich, und begab mich in die Rolle des befragten. Ich berichtete ihnen von allen für die Geschichte wichtigen Ereignissen seit gestern im Zeitraffer. Angefangen beim Verschwinden von James nach meinem Beschluss, mich bei ihm für meine doch recht unfaire Standpauke zu entschuldigen, meine darauf folgenden Suchaktionen, dem lang andauernden Aufenthalt in unserem Gemeinschaftsraum und dem nicht enden wollenden Warten auf James. Dem nicht ganz so unerwartetem Besuch von Remus den ich, genau wie unseren nächtlichen Auftrag aufgrund der durch James' Verschwinden hervorgerufenen Verpeiltheit vergessen hatte, der Nachtwanderung bei der ich ihm, zugegebenermaßen auf nicht sehr freundliche Art und Weise die Karte des Rumtreibers und damit James' Aufenthaltsort entlockt hatte und von meinem den Tag abschließenden Gespräch mit Severus. Und das alles, ohne subjektive und unsachliche Kommentare. Meine Freunde waren mir während meiner Erzählung die ganze Zeit aufmerksam gefolgt und hatten meine Berichte ab und zu mit ungläubigem Gekicher, aufgerissen Mündern und Augen oder mit verständnislosem Schnauben quittiert. Als ich nach meinem Beschluss, vorläufig aus den Schulsprecherräumen auszuziehen mit meiner Geschichte aufhören wollte, überredeten sie mich dazu, den Rest auch noch zu erzählen. Meiner Unentschlossenheit bezüglich meinem zukünftigem Verhalten und meinem Beschluss, ihn und die anderen Rumtreiber vorläufig zu ignorieren. Als ich an diesem Punkt der Geschichte angelangt war, erntete ich von allen dreien nur verständnisloses Kopfschütteln, welches ich ignorierte und fortfuhr, als hätte ich es nicht bemerkt. Weiter ging es mit meiner andauernden Unkonzentriertheit und meiner Vermutung, dass sie diesmal Schlafmangel-bedingt war und meinen vermehrten Zusammentreffen mit James. Als die Kritik und die wilden Proteststürme über mich herein zu brechen drohten, fügte ich hastig zu meiner Verteidigung hinzu, dass ich bereits eingesehen hatte, dass James und ich dringend reden sollten. Nachdem ich das gesagt hatte, hatten die anderen zum Glück darauf verzichtet mir weiterhin Vernunft einbläuen zu wollen, und begannen stattdessen damit, James' Verhalten zu analysieren. „Mhhh" Machte Julie und legte ihre Stirn in Falten. Geduldig warteten wir ab, bis sie ihre Gedanken sortiert hatte. „Ich finde, wir sollten erstmal die wahrscheinlichsten Möglichkeiten klären, was da auf dem Turm gelaufen sein könnte." Ich verstand nicht recht, was sie meinte. War es denn nicht eindeutig, was da oben auf dem Turm „gelaufen" war? Emilie und Michelle schienen meine Verwirrung zu teilen, wie ich nach einem Blick auf die beiden feststellte. „Ich meine, James muss doch nicht unbedingt in der Absicht da hochgegangen sein, mit diesem Mädchen rumzumachen. Es kann doch auch sein, dass sie ihn entführt oder verflucht hat." Ich musste ein Lachen unterdrücken, als ich mir ausmalte, wie James von einem vierzehnjährigen Mädchen mit einem Rictusempra belegt wird und sie ihn so lange Kitzelt, bis er schwört, ihr freiwillig auf den Turm zu folgen. Doch das Lachen verging mir genauso schnell wieder wie es gekommen war, als mir wieder einfiel, wie wenig mir eigentlich nach Lachen zumute war. „Stimmt." Pflichtete Emilie Julie bei. „Es kann auch sein, dass dieses Mädchen ihn mit einem Liebestrank abgefüllt hat. Man muss bedenken, dass die Hälfte der weiblichen Bevölkerung von Hogwarts auf ihn steht." Auch wenn diese Varianten nur ein paar wenige der vielen Möglichkeit waren, kam ich nicht umhin, mir ein wenig Hoffnung zu machen. Ich wusste, dass das dumm und naiv war, doch ich konnte mich nicht davon abhalten. „Aber wir sollten auch die weniger schönen Möglichkeiten in Betracht ziehen." Gab Julie klugerweise zu bedenken. „wir alle wissen doch, wie James die letzte Jahre war." Ich nickte und versuchte, die Bilder aus meinem Kopf zu verscheuchen, die mir bei Michelles Worten durch den Kopf schossen doch ich wusste bereits, dass es nicht funktionieren würde. Ich sah die Bilder bereits deutlich vor mir, und anhand des betretenen Schweigens um mich herum konnte ich ableiten, dass es vor unser aller innerer Augen die gleichen Bilder waren. James, wie er von allen Mädchen bewundert und umschwärmt wird. James, wie er anfängt, auf sinnlose Flirtereien einzugehen, sich mit Mädchen zu verabreden und zwischendurch mit ihnen in Besenkammern zu verschwinden. James, wie er jedem Mädchen erst Hoffnungen macht und dann abblitzen lässt, als sei nichts dabei. Als hätte sie es wissen müssen. Seit unserem ersten Jahr in Hogwarts war James schon immer als Schürzenjäger bekannt gewesen. Neben seinem treuen besten Freund Sirius Black der Frauenheld schlechthin. Doch egal, wie wertgeschätzt und wie besonders sich die ganzen Mädchen auch immer gefühlt haben mussten, als sie grad mit ihm an der Reihe waren, er hatte immer nur mit ihnen geflirtet und rumgemacht, und sie dann nicht mehr beachtet, als seien sie ein Kaugummi, welches man kaut bis es nicht mehr schmeckt und dann ausspuckt. Ich musste schlucken. War es am Ende bei mir genauso und ich hatte es nur nicht gemerkt? Mir nur eingebildet, dass es bei mir etwas Besonderes war? Das ich etwas Besonderes war? Ich spürte, wie sich bei dem Gedanken daran in meinem Inneren etwas schmerzhaft zusammenzog und das Bedürfnis weckte, laut zu schreien. Ich war noch nicht bereit für einen solch deprimierenden Gedanken und wollte mich lieber noch eine Weile an einer weniger schmerzlichen Möglichkeit festhalten. „Nein." Sagte Michelle zu meiner Überraschung, kurz bevor ich das Wort hatte ergreifen wollen. Ich schaute sie abwartend an. „James mag zwar ein Frauenheld sein, der nicht immer richtig gehandelt hat, doch er ist kein schlechter Mensch. Ganz im Gegenteil. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er so etwas tut. Nicht mehr." Ich spürte, wie sich ich in mir eine seltsame Mischung aus Dankbarkeit, Hoffnung und Zweifeln breit machte. Remus hatte sowas ähnliches auch schon gesagt. Und vielleicht hatten sie ja Recht. Doch wenn er nicht verhext wurde, warum zum Teufel sollte er sich dann mit diesem Mädchen getroffen haben, wenn er tatsächlich so ein guter Mensch war? Gute Menschen taten solche Dinge nicht. Gute Menschen betrogen ihre Freundin verdammt noch mal nicht. Nicht aus Versehen und schon gar nicht mutwillig. „Weiß jemand, wie lang James' längste Beziehung bis jetzt ging?" Fragte Julie völlig unvermittelt und richtete sich etwas auf, als wäre ihr grade etwas Wichtiges eingefallen. Ich war ein bisschen irritiert, einerseits weil ich nicht wusste worauf sie hinaus wollte, andererseits, weil ich plötzlich realisierte, dass ich keine Ahnung hatte. Ich hatte mir vor diesem Jahr nie wirklich Gedanken um ihn und sein Leben gemacht. Ich meine, nicht um ihn als Person, und nicht um sein Leben außerhalb seines meines damaligen Erachtens nach mehr als schändlichem Liebesleben. Ich hatte nie auch nur einen Gedanken an ihn verschwendet, der nicht durchgehend Negativ war und dazu Diente, mein Bild von ihm zu verschlechtern oder zumindest zu bestätigen. Ich hab mich einfach nur immer über ihn aufgeregt, ohne die Tatsachen wirklich zu kennen. In einem Anflug von schlechtem Gewissen nahm ich mir vor, nie wieder einen Menschen zu verurteilen, ohne mich genauer gedanklich mit ihm beschäftigt zu haben, und wollte auch diesmal nicht unwissend mit Thema Potter abschließen, ohne mich damit hinreichend befasst zu haben. „Ich glaub immer nur ein paar Tage." Sagte Michelle
nach
kurzem Überlegen. „Meistens waren es eher wiederholte Verabredungen und gelegentliche Knutschereien ohne definierten Beziehungsstatus. Ich kann mich nicht mal daran erinnern, dass er überhaupt mal was Festes gehabt hat." Ich schwieg und starrte auf meine Hände, nichtwissend, was ich dazu sagen sollte. Also war ich seine erste feste Freundin? Diese Erkenntnis verursachte ein flaues Gefühl in meiner Magengegend, von dem ich unmöglich sagen konnte, ob es positiv oder negativ oder ein bisschen von beidem war. „Vielleicht ist es für ihn einfach nur schwer sich von seinem vorherigen Verhalten zu lösen." Lies Michelle vermuten, was lustig war, da sie selber nach sehr freien Vorstellungen von „Beziehung" zu leben pflegte. Möglicherweise konnte sie sich sehr gut in James hineinversetzen und sich vielleicht sogar mit seinem vorherigen Lebensstil identifizieren. „Ich bin mir sehr sicher, dass er gerne mit dir zusammen ist Lily. Und dass er dich Liebt." wandte sie das Wort nun direkt an mich. „Aber vielleicht hat er sich schon so an sein draufgängerisches Leben gewöhnt, dass er sich plötzlich erdrückt und eingeengt gefühlt hat, da ihm eine feste Beziehung die Freiheiten nimmt, die er vorher immer voll ausgelebt hat. Ich kann mir vorstellen, dass es für ihn schwerer ist als er zugeben würde, sich nicht auf jede dämliche Anmache einzulassen und sich stattdessen daran zu erinnern, dass er jetzt in einer festen, glücklichen Beziehung mit einem Mädchen ist, dass es Wert ist, nicht betrogen zu werden. Und wenn er das nicht sieht, ist er es nicht Wert mit dir zusammen zu sein. Ganz ehrlich Lily. Wenn er das nicht sieht muss er eben damit Leben, keine Freundin zu haben. Niemand hat es verdient von ihm betrogen zu werden. Ganz egal wie gut er aus aussehen mag." Sagte sie ernst. „Und wie gut er küsst." Fügte sie schmunzelnd hinzu. Ich war ein bisschen beeindruckt von Michelles Vortrag und auch ein bisschen überrascht. Beeindruckt davon, wie logisch ihre Theorie klang und wie gut ihre Überlegungen auf James' Verhalten passten. Egal, wie sehr es mich treffen würde, falls sie der Wahrheit entsprechen sollten. Überrascht war ich, da ich bis gerade eben gedacht hatte, dass sie James voll in Schutz nehmen würde, so wie sie es immer getan hatte, wenn ich meiner Wut über ihn mal wieder Ausdruck verliehen hatte. Ich wusste zwar immer noch nicht genau, wie die Beziehung zwischen den beiden Griffyndors zu definieren war, aber nach dem was ich aus den Andeutungen hatte entnehmen können, die die beiden am Anfang des Schuljahres gemacht hatten, haben sie sich eine Zeit lang relativ nahe gestanden, und waren seitdem zumindest Freunde. Im Umkehrschluss bedeutete die Tatsache, dass eine Freundin von James ihn nicht durch und durch verteidigte, dass es tatsächlich einen Grund zur Beunruhigung gab.
Irgendwann nach weiteren philosophischen Gesprächen und Analysen von James Verhalten in Bezug auf seine Gefühle, die er für mich hat oder eben nicht, hatte ich irgendwann genug davon. Eigentlich mochte ich es immer sehr, solche Gespräche zu führen, doch nicht, wenn es dabei hauptsächlich um mich ging. Ich hatte das Gefühl, als belastete ich meine Freunde mit meinen Beziehungsproblemen, die, wenn es sich um ein Missverständnis handelte, durch ein Gespräch aus der Welt geschafft und damit nichtig wären und wenn es keines war, waren sie es nicht wert, so ausführlich besprochen zu werden. Wenn es kein Missverständnis war, und James sich dort oben mitten in der Nacht mit diesem Mädchen getroffen hatte weil er es wollte, dann wäre ich die erste, die es bereuen würde überhaupt einmal von ihm geredet zu haben. „Wie wär's" startete ich nach einer längeren Gesprächspause den Versuch, das Thema umzulenken. Vorzugsweise auf einen meiner Freunde, da zumindest zwei Drittel der hier Anwesenden außer mir in einer Beziehung waren, über die ich, zumindest was die bis jetzt unbestätigte anging, nur allzu gern mehr erfahren würde. „Wie wär's, wenn wir uns mal über das ein oder andere Gerücht unterhalten, das mir zu Ohren gekommen ist." Als ich meinen Blick dabei hauptsächlich auf Julie ruhen ließ, schienen die anderen beiden bereits zu erahnen, worauf ich hinaus wollte, genau wie Julie, der es auch ohne die Aussprache unserer Gedanken zunehmend unangenehm zu werden schien. „An-..." Begann Julie „An welche Gerüchte ... hast du denn so gedacht?" Fragte sie mich und versuchte dabei augenscheinlich, unwissend auszusehen. „Nun" Begann Emilie mit einem schalkhaften Funkeln in ihren Kastanienbraunen Augen. Sie verbrachte eindeutig zu viel Zeit mit Sirius. „Du weißt ja, dass Hogwarts es liebt zu klatschen und zu tratschen, und dass es keinen Ort auf der Welt gibt, an dem sich Gerüchte schneller verbreiten." Der Blick, den sie Julie bei diesen Worten zuwarf, sagte aber ganz deutlich noch etwas anderes. Es hat also eh keinen Sinn irgendetwas geheim halten zu wollen. Ich lächelte zufrieden als mein wunderbarer Plan ohne Komplikationen aufging. Michelle, die beim Wort Tratsch wohl hellhörig geworden war ergriff nach Emilies kleiner Einleitung das Wort. „Laut meinen geheimen Quellen gibt es hier auf dieser Schule – genauer gesagt hier in unserem Jahrgang – noch genauer gesagt" Sie legte eine kleine Kunstpause ein, um die Spannung zu steigern. „hier in diesem Zimmer" fügte sie gesenkt in einem verschwörerischen Tonfall hinzu. „ein Mädchen namens Julie Green, das mit einem Jungen namens Remus Lupin angebandelt haben soll." Julie errötete. „Über dieses Mädchen und diesen Jungen gibt es verschiedene Gerüchte." Fuhr sie nun in einem etwas sachlicheren Tonfall hinzu. „Man munkelt, ihr wärt bereits einige Monate heimlich zusammen." Sagte Emilie amüsiert und mit hochgezogenen Augenbrauen. „Manche sagen, ihr würdet nur eine Scheinbeziehung führen um eure wahren Liebschaften zu verbergen." Fügte ich gedämpft hinzu. „Ich kenne jemanden, der ist fest davon überzeugt, ihr wärt sowas wie Freunde mit gewissen Vorzügen." Bei dieser Aussage wackelte Emilie vielsagend mit ihren feinen Augenbrauen. „Und böse Zungen behaupten, Remus würde sich ein Beispiel an seinen besten Kumpels nehmen und jetzt auch einen auf Schürzenjäger machen. Und mit dir anfangen." Sagte Michelle. Zugegebenermaßen war letzteres das einzige der hier aufgelisteten Gerüchte, die ich noch nicht kannte. Und zugegebenermaßen, war es das absurdeste von allen. Dennoch versetzte es mir einen kleinen Stich, als Michelle von Remus-Schürzenjäger-Vorbildern sprach, mit denen ja nur Sirius und James gemeint sein können. Ich wusste, was sie meinte, doch es verunsicherte mich in meinem Versuch, James (und in Emilies Sinne auch Sirius) als etwas anderes zu betrachten, als die allseits bekannten Weiberhelden, die sie stets zu sein pflegten. „Diese bösen Zungen behaupten auch, er würde heimlich Lederjacken tragen, Motorrad fahren und kette rauchen." Fügte ich hinzu, um die Absurdität der Vorstellung, Remus würde zum Skrupellosen Herzensbrecher noch einmal zu unterstreichen. Emilie, Michelle und Julie lachten, wobei mir das kleine Blitzen in Julies Augen keinesfalls entging. Wissend grinste ich sie an, welches sie, immer noch mit leicht geröteten Wangen zögerlich erwiderte. „Also Julie." Begann Michelle. „wenn du möchtest, bist du herzlich dazu eingeladen, uns die wahren Gegebenheiten zu schildern." Die angesprochene wurde nun von allen Anwesenden neugierig beäugt. „Ansonsten" fügte Emilie hinzu „Sehen wir uns gezwungen uns an eben genannten Gerüchten festzuhalten und in der Annahme zu leben, du hättest eine andere Liebschaft, die du vor uns verbergen musst, weil sie zu schrecklich ist um bekannt gemacht zu werden." Sie schien die Möglichkeit, uns in Unwissenheit schmoren zu lassen tatsächlich in Erwägung zu ziehen. „Julie, willst du das wirklich?" Fragte ich eindringlich. Ihr unentschlossener und zweifelnder Blick richtete sich nun auf mich. Während ich versuchte, möglichst Mitleiderregend und flehend zu gucken wanderten ihre Augenbrauen immer weiter in die Höhe, bis sich ein ergebenes, mattes Lächeln auf ihren Lippen abzeichnete. „also gut." Sie lachte leicht. „Auch wenn ich vieles darum geben würde, euch zu sehen wie ihr vor mir auf den Knien rumrutscht und mich in eurer Verzweiflung anfleht, zu erzählen was zwischen mir und Remus läuft." Erneut lachte sie, diesmal etwas herzlicher. „Also läuft da was?" Fragte Emilie direkt, deren aufgeregte Stimme verriet, wie erfreut sie über diese Bestätigung wäre, während ich noch damit beschäftigt war, über Julies sadistische Worte entsetzt zu sein. Als Julie den Kopf etwas nach vorne neigte, legten sich ihre dunkelblonden Haare wie ein Schleier um ihr Gesicht und nahmen mir die Sicht, doch ich hätte schwören können, dass sich schon wieder eine sanfte Röte auf ihre Wangen geschlichen hatte. „M-hm" Machte sie zustimmend und nickte mit dem Kopf, ehe sie den Blick wieder hob und uns fest ansah. Das hieß also Ja. Ich freute mich für sie. Und auch für Remus. Ich konnte mir vorstellen dass die beiden gut zusammen passten. Auch Michelle und Emilie schienen das zu denken. Michelle klatschte vor Freunde in die Hände und Emilie stieß einen kleinen Freudenschrei aus. Julie lächelte, und die Freude über unsere Reaktionen und oder über die Tatsache, dass sie die offensichtlich gegenseitige Zuneigung, die sie und Remus für einander empfanden, laut ausgesprochen hatte war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. „Also, seid ihr jetzt richtig zusammen?" Fragte ich neugierig. Sie zuckte leicht mit den Schultern. „Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht so genau. Unser Beziehungsstatus ist noch richtig definiert." Emilie nickte verstehend, als wüsste sie ganz genau wovon Julie sprach, sagte aber nichts dazu. „Seit wann läuft das denn?" wollte Michelle wissen. Erneut zuckte Julie mit den Schultern. Kurz überlegte sie und knetete unruhig mit den Händen. Vermutlich suchte sie grad nach einer passenden Stelle um anzufangen. Oder sie versuchte herauszufinden, wann die Sache zwischen ihr und Remus tatsächlich ihre Anfänge genommen hatte. Wenn letzteres der Fall war, konnte ich mir gut vorstellen, wie es grad in ihrem Kopf aussah. Wenn mich jemand fragen würde, wann es bei James und mir angefangen hatte zu funken, wüsste ich nicht, was ich sagen sollte. Es könnte am Halloweenball gewesen sein als ich ihn gebeten hatte, mir zu helfen. Es könnte sein, dass es schon gefunkt hat als wir Schulsprecher wurden, allerdingst könnte es auch schon viel, viel früher gewesen sein. Vielleicht gab es diese Spannung zwischen uns bereits seit unserer Einschulung und wir hatten sie einfach falsch interpretiert. Beim Gedanken an daran musste ich schlucken. Vor allem als ich darüber nachdachte, wie schön es mit ihm war und wie geborgen ich mich in seiner Nähe fühlte, und wie lange wir schon in einer Beziehung oder zumindest Freunde hätten sein können, wenn wir nicht so unglaublich stur gewesen wären. Und wenn er mich jetzt nicht so elendig verraten hatte. Aber egal. Diese Gedanken waren eine Verschwendung meiner guten Laune und meiner Zeit, wenn sich James als der Idiot entpuppen würde, nachdem es grade den Anschein hatte. „Ihr wisst doch noch, dass ich auf dem Halloween Ball keine Begleitung hatte." Julie blickte fragend in die Runde, und fuhr nach einem bestätigenden Nicken von Emilie fort. „Remus hatte zwar eine Begleitung, aber ihr ging es nicht gut und sie ist schon recht früh gegangen. Außerdem hat er mir hinterher erzählt, dass sie James die ganze Zeit von weitem angehimmelt hat." Bei der Erinnerung daran stahl sich ein amüsiertes Lächeln auf ihr Gesicht. Halloween scheint also nicht nur für mich etwas Besonderes gewesen zu sein. „Wir standen beide allein an der Bar und sind dann irgendwie ins Gespräch gekommen. Er hat uns beiden Drinks besorgt und irgendwann hab ich gemerkt, dass er nicht so der Typ zu sein scheint, der den ersten Schritt macht. Also hab ich ihn gefragt ob er mit mir ausgeht." Wow. Damit hatte ich nicht gerechnet. Auch wenn unser Haus dafür bekannt war, besonders viel Mut zu haben, war ich erstaunt und auch etwas beeindruckt von der normalerweise schüchternen Julie. „Unglaublich. Ich bin begeistert." Lachte Michelle und Julie stimmte freudig mit ein. „Ja, ich war auch überrascht. Und Remus auch. Er hat erst gar nichts gesagt, und dann hat er nur gegrinst und gesagt, dass er sehr gerne mit mir ausgehen würde." Jetzt grinste auch sie und biss sich auf die Unterlippe. Es war schön, sie
so Glücklich zu sehen. „Naja und dann haben wir uns ein paar Mal getroffen." Fuhr sie strahlend fort. „Manchmal verabreden wir uns in lehren Klassenzimmern." Sagte sie. „um uns ungestört zu Unterhalten." Fügte sie schmunzelnd hinzu, als sie Emilies und Michelles Anzügliches Grinsen bemerkte. „Wirklich!" Sie lachte, als sie merkte, dass ihre Beteuerungen ihre Keuschheit betreffend keinerlei Wirkung zeigten. „Aber mal ehrlich. Wie weit seid ihr denn? Ich meine, so Annäherungs-technisch." Julies Lächeln milderte sich auf Michelles frage schlagartig ein wenig ab. „Nicht sehr weit. Ich meine, man merkt, dass er mich auch mag. Aber er scheint... Es wirkt, als sei er...unsicher?" Jetzt wirkte sie unsicher. Und ich war mir sicher, dass sie diese Unsicherheit an Remus genauso hinreißend fand wie ich an ihr. Ich lachte. „Das ist ja süß" Jetzt lächelte sie auch wieder. „find ich auch irgendwie." Gab sie schmunzelnd zu. „Das ist er eigentlich immer." Ihr Blick nahm einen verträumten Ausdruck an „Einmal sind wir heimlich durch einen Geheimgang nach Hogsmead gegangen und haben in den drei Besen einen Kaffee getrunken." Sie lachte vergnügt auf und ich merkte, wie ihre gute Laune auf mich überzuspringen drohte. Der Gedanke daran, wie Remus sich gegen die Regeln aus dem Schloss schlich wirkte auf den ersten Blick ebenso absurd wie die Vorstellung, dass er Lederjacken trug und zum Frauenheld mutierte, doch auch wenn es manchmal nicht den Anschein hatte, verbrachte er ebenso wie Emilie ganz eindeutig viel zu viel Zeit mit Sirius, als dass er kein regelmissachtender Rumtreiber sein könnte. Doch egal, wie toll und aufregend diese Aktion gewesen sein musste, kam ich nicht umhin, mir ein wenig Sorgen zu machen. In diesen Zeiten war es nicht ungefährlich allein rauszugehen. Vor allem nicht als Halbblut. Bei dem Gedanken an Remus' Werwolf-dasein fragte ich mich schlagartig, wie viel Julie wusste. Vermutlich hatte Remus ihr noch nichts erzählt. Und vielleicht war er auch deshalb so zurückhaltend ihr gegenüber. Ich könnte mir vorstellen, dass er Angst hatte sie mit dieser Informationen zu überfordern, oder sogar zu verscheuchen. Gerne hätte ich ihm gesagt, dass es Julie egal sein wird, doch auch wenn ich mir keine andere Reaktion von Julie vorstellen konnte, war es nicht an mir Remus die Entscheidung abzunehmen. Er musste selbst wissen, ob und wie sehr er Julie vertraute und für wie stark er Julies Zuneigung ihm gegenüber einschätzte. Ich wusste, Remus war ein guter Menschenkenner. Er würde selbst und ohne fremde Hilfe herausfinden, dass er sich auf Julie verlassen konnte. Genau wie ich mich auf meine Freunde verlassen konnte.
DU LIEST GERADE
Küss mich, Potter! Die Fortsetzung
FanfictionIn dieser ff läuft James Lily nicht ständig hinterher. Doch trotz eines Zwischenfalls, der Lilys nicht vorhandene Fähigkeiten im Bezug auf ihren Freund in Frage stellt, muss sie James um Hilfe bitten und die beiden sind gezwungen "zusammenzuarbeiten...