Von freien Nachmittagen und Standpauken

203 5 1
                                    


Den restlichen Morgen über haben wir nur noch über vergleichsweise unwichtige Themen geredet. Ich war schließlich doch geblieben und nicht, wie ich es mir in Gedanken schon detailliert ausgemalt hatte aufgesprungen und weggerannt, alle meine Freunde obliviiert und mit James nach Amerika durchgebrannt. Mein kurzfristiger Sinneswandel, der dazu geführt hatte, das ich die anderen nicht verlassen hatte, hatte ich vermutlich nur James zu verdanken, der mit seinen Fingern so unglaublich beruhigende Streicheleinheiten an meinem Rücken vollführt hatte, das ich das Gefühl hatte, das mein Puls nun nicht mehr unaufhaltsam schnell nach vorne galoppiert war, sondern quälend Langsam, ja beinahe rückwärts geschlagen hatte. Ich war plötzlich so unglaublich entspannt gewesen, dass ich die Augen geschlossen hatte und all meine Sinne abgeschaltet waren. Ich hatte zwar alles mehr oder weniger mitbekommen, doch richtig Realisiert hatte ich es erst Minuten später. Ja, in diesem Moment hatte ich wirklich Glück, dass Atmen ein Reflex war. Nachdem die Angelegenheit, James und meinen Beziehungsstatus betreffend, geklärt war, hatten wir alle in Ruhe gefrühstückt und über dieses und Jenes geredet, wobei man erwähnen sollte, dass ich mich größtenteils wegen akuter Tiefenentspannung aus den Gesprächen heraus gehalten hatte. Die berühmt berüchtigte und natürlich unwahrscheinlich geheime Art der Rumtreiber, sich Essen zu beschaffen, war so nebenbei bemerkt leider weitaus unspektakulärer als ich mir erhofft hatte. Der 'Plan' bestand lediglich daraus, die Liebe Hauselfe Amy zu rufen, die ich ein paar Tage zuvor in der Hogwartsschen Küche kennengelernt hatte, die wenige Minuten später mit einem lauten Knall und den zuvor genannten Bestellungen zurückgekehrt war. Kaum zu glauben wie sie sich gefreut hat, als wir ihr eingeredet hatten, das wir durchaus zufrieden mit ihr waren, als sie sich Vorwürfe gemacht hat, weil sie in ihren Augen zu viel Zeit hatte verstreichen lassen. Ein Jammer, das ich die letzten sechs Jahre auf Hogwarts die Rumtreiber verabscheut hatte. Bei Merlin, ich hätte so viel Spaß haben können. „James?" Fragte ich leise. Wir waren Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors auf dem Sofa. Er lag auf dem Rücken, und ich halb auf ihm auf dem Bauch, mein Kopf auf seiner Brust ruhend. Er las ein Buch, während er mit seiner freien Hand geistesabwesend eine Rote Haarsträhne zwirbelte. „Hmm?" gab er mir zu verstehen, dass er mich gehört hatte. Ich blickte im Raum umher. Einige der jüngeren Gryffindors sahen ab und zu abschätzend in meine Richtung, und ich schaute abschätzend zurück. Die Neuigkeit von James neuer Freundin hatte sich zwar noch nicht auf ganz Hogwarts verbreitet, doch zumindest die Gryffindors hatten es mitbekommen. Glücklich, oder wenigstens nicht abgeneigt von uns waren eigentlich nur der siebte Jahrgang, also die Rumtreiber und wir Mädels. Die einen waren Neidisch, da sie selbst in James verliebt waren, und dieser Teil war wirklich alles andere als klein, und der Rest, ja, was dachte der Rest? Hatten sie Mitleid weil sie dachten ich sei nur eine vielen? Nur eins seiner neuen Opfer? Naja, wie dem auch sei, mir war es zumindest in dieser Hinsicht egal was die Leute dachten und redeten. Ich ließ meinen Blick weiter durch den Raum schweifen, bis er an Julie und Michelle hängenblieb. Sie Unterhielten sich angeregt mit einer Sechstklässlerin, und schienen zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie James und meiner Unterhaltung Aufmerksamkeit schenken konnten, ebenso wie Sirius und Emilie, die in einer ruhigeren Ecke des Raumes auf einem Sessel saßen, wild herumknutschend, Emilie auf seinem Schoss mit ihren Händen tief in seinen dunklen schulterlangen Haaren vergraben. Ich schmunzelte über ihr verhalten. Ich persönlich wäre wahrscheinlich gestorben, bei dem Gedanken an die ganzen Leute, die uns beim Knutschen beobachten konnten, ohne dass ich etwas bemerken würde. Wobei, hatte ich nicht eben noch festgestellt, dass mir das Gerede der anderen nichts ausmachte? Egal. Solange es für Emilie und Sirius okay war, warum nicht? „Weiß Remus eigentlich, dass ich es weiß?" Fragte ich möglichst unbeteiligt. Ich sah aus dem Augenwinkel, das James Augen auf einem Wort verharrten, und er nicht weiterlas, doch er hob den blick trotzdem nicht von seinem Buch. Schien ja wirklich spannend zu sein. „Dass du was weißt?" Fragte er mich, und begann wieder zu lesen. „Na dass, was eigentlich niemand außer den Rumtreibern wissen sollte." Es dauerte noch einen Moment, bis der Groschen auch bei James viel. Er hob seinen Blick und drehte seinen Kopf zu mir. Eine Haarsträhne ließ er zurück auf meine Schulter fallen, wo sie liegen blieb, als wäre sie nie woanders gewesen. „Da gibt es viele Dinge." Stellte er ruhig fest und Klappte sein Buch zu, nicht ohne vorher einen kurzen Blick auf die Seitenzahl zu erhaschen. Er legte das Buch ebenso ruhig auf den kleinen Tisch neben dem Sofa und platzierte seine nun freie Hand auf seinem Bauch, wo er sie mit meiner verschränkte und mit seinem Daumen meinen Handrücken massierte. Sofort wurde ich wieder ein wenig schläfrig. „Ich meine die eine Sache, die Remus betrifft." Hakte ich weiter nach, angestrengt darauf bedacht, dass nur ein Eingeweihter darauf kommen kann, falls doch jemand zuhörte. „Sein, „pelziges Problem". Brachte ich die Sache nun auf den Punkt. James sah überrascht auf mich herunter, und ich abwartend zu ihm herauf. Ich fand es irgendwie Lustig, dass er sich offensichtlich wunderte, dass ich darauf gekommen war, und er mich demnach Unterschätzt hatte. Wobei es eigentlich keine Kunst gewesen war. Ich fragte mich wieso ich es nicht schon viel früher bemerkt hatte, wobei es doch eigentlich so offensichtlich war .Das einzige, was ich immer noch nicht verstand, war, was Sirius, Peter und James damit zu tun hatten. Wieso Remus einmal im Monat „Krank" war, war ja offensichtlich, doch auch die anderen Rumtreiber waren in diesen Nächten nicht in ihren Betten und am nächsten Morgen total übermüdet. Es war wirklich total unverantwortlich von James, bei Vollmond rauszugehen, ebenso von Moony (jetzt hatte auch ich endlich den Sinn des Spitznamens verstanden) draußen herumzustreunen, wobei er doch in seiner Wolfsgestalt völlig unberechenbar ist. Eine weitere ungeklärte Frage war, wieso James keine schlimmeren Verletzungen davon getragen hatte. Man lernt im dritten Schuljahr alles über Werwölfe. James wurde zwar nicht gebissen, aber auch die Kratzwunden eines verwandelten Werwolfes an Vollmond können den betroffenen in eine Art „Halb-wolf" verwandeln. Aber zum Glück waren wir offiziell Zusammen und ich brauchte kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich ihn danach Fragte, und ausdrücklich nach einer Ehrlichen Antwort verlangte. Und sollte er mir diese nicht geben, würde ich es auch ohne seine Hilfe herausfinden, dessen war ich mir sicher. „Woher?" Fragte James verdattert, und riss mich aus meinen chaotischen Gedanken. Ich schmunzelte und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze. „Hältst du mich für so blöd? Es ist wirklich ein wunder das es noch nicht die ganze schule weiß. Ihr gebt euch aber wirklich nicht viel Mühe es zu verbergen, oder?" Er seufzte theatralisch. „Du hast Recht." Sagte er, und drückte meine Hand. „Ich vergesse immer wieder dass du ja fast so intelligent bist wie ich." Ich kniff die Augen zusammen, und er tat es mir gleich. „Fast?" Er nickte bedauernd. „Oh ja, Evans." Innerlich grinste ich darüber, dass wir manchmal noch in alte Verhaltensweisen zurück fielen, und uns mit unseren Nachnamen ansprachen. „Und wie genau kommst du auf diese absolut absurde Annahme wenn ich fragen darf, Potter?" Ein winziges zucken seiner Mundwinkel verriet mir, das er sich nur mit Mühe ein grinsen verkneifen konnte. „Darfst du." Sagte er. „Ich hatte letztes Jahr ein O in Verteidigung gegen die dunklen Künste, während du nur ein E hattest, schon vergessen?" Sagte er und strich mir eine Strähne hinters Ohr. „Dafür hatte ich ein O in Zaubertränke und du nur ein E." Konterte ich Selbstzufrieden, und er schob gespielt schmollend die Unterlippe vor. „Na gut." Gab er sich schließlich geschlagen. „Ich gebe zu, du bist, auch wenn es kaum zu glauben ist, genauso intelligent wie ich. Herzlichen Glückwunsch dafür, Evans." Gratulierte er mir feierlich, während er immer noch meine Hand massierte. „Jedoch vermag es niemandem deiner unermesslichen Arroganz ebenbürtig zu sein, Potter." Spottete ich und zog verächtlich eine Augenbraue nach oben. Er sah mich mit einem belustigten funkeln in den Augen an, und schien nach einer schlagfertigen Antwort zu suchen, doch ehe ich mich versah, hatte er such schon das Thema gewechselt. „Gut, ich sag's ihm." Sagte Er und setzte sich so ruckartig auf, dass ich von seinem Bauch rollte und mit einem lauten Rums auf dem Boden landete. Ich stöhnte. „Verdammt!" Rief ich und rieb mir die Seite. Ich war mit meiner Hüfte gegen die Tischkante geknallt und die Haut war dabei aufgeschrammt, wie ich mit meinen Fingern nun unter Schmerzen ertastete. „Sag doch Bescheid, wenn du aufstehst." Grummelte ich funkelte ihn von unten herab an. „Tschuldigung." Sagte er und reichte mir eine Hand, die ich ohne einen weiteren Kommentar entgegen nahm und mir aufhelfen ließ. „Hast du die wehgetan? Soll ich pusten?" Fragte er und zog spöttisch eine Augenbraue hoch, woraufhin ich ihm einen mehr als nur tödlichen blick zuwarf und meine Klamotten richtete. „Das ist nicht lustig, Potter." Zischte ich ihm gefährlich zu, und hob warnend den Zeigefinger. Daraufhin lächelte er mich diesmal ernsthaft entschuldigend an und drückte sanft meinen Finger wieder nach unter. „Tut mir leid." Nuschelte er leise und ich verschränkte mit zusammengekniffenen Augen die Arme vor der Brust. Also so schnell würde ich
ihm das nicht verzeihen, das stand schon mal fest. Ich ließ mich doch von ihm nicht verarschen. „Wirklich." Beteuerte er mir noch einmal als ich nichts an meiner Haltung veränderte und er setzte den mir altbekannten Hundeblick auf. Ich versuchte wirklich ernstzubleiben und keine Miene zu verziehen. Das durfte doch nicht wahr sein, das er nur einmal große Augen machen musste, und schon alles bekam, was er wollte. Na, da konnte er aber lange warten. Oder, vielleicht doch nicht sooo lange? „Na gut." Gab ich schließlich doch, früher als beabsichtigt auf. „Ich verzeihe dir." Sagte ich, jedoch ohne irgendetwas an meiner Haltung zu verändern. James lächeln verbreiterte sich augenblicklich zu einem Grinsen. „Gut. Jetzt werde ich erst einmal Moony Bescheid sagen, und Heute Abend sehe ich mir mal deine Verletzung an, ja?" Fragte er, und klang dabei, als würde er zu einem bockigen Kleinkind sprechen, wofür er einen Schlag auf den Oberarm kassierte. Also wirklich. Was dachte er sich denn? Dass ich mich am laufenden Band von ihm verarschen ließ? Es hätte mich nicht gewundert wenn er mir in die Wange gekniffen hätte, wie es meine Oma früher immer getan hatte. „James." Sagte ich warnend, und machte einen Schritt auf ihn zu. Er lächelte mich provokant an und machte ebenfalls einen kleinen Schritt, womit nun nur noch wenige Zentimeter fehlten bis sich unsere Oberkörper berühren würden. „Du spielst mit dem Feuer." Sagte ich schlicht und sah zu ihm auf. „Das ist mir bewusst." Sagte er und ein schelmisches funkeln schlich sich in seine Augen, ebenso wie ein fieses Grinsen auf seine Lippen. Ich wollte eigentlich weiterhin böse gucken, doch leider war sein Grinsen ansteckend und ich versuchte mit aller Kraft eine Veränderung meiner Mine zu unterdrücken – vergeblich. Nun lächelte auch ich, zwar war ich immer noch beleidigt, doch mein Lächeln war echt. Das war eine der Sachen an James, die ich Liebte. Oder auch hasste, kommt auf die Situation an. Auch wenn ich mir sicher nicht noch so eine Aktion würde gefallen lassen, konnte er mich doch immer wieder zum Lächeln bringen und ruckartig meine Laune verbessern. Komisch nur, das er vorher immer das Gegenteil erreicht hatte. Auch seine Mine veränderte sich. Sein grinsen war nun nicht mehr fies sondern einfach nur, ... ja, wie lächelte er? Ich hatte ihn so erst selten lächeln sehen. Es war ein durch und durch strahlendes Lächeln. Ja, ein Lächeln das nur mir gehörte. „Ich liebe dich, Lily." Flüsterte er, so leise, das ich es gerade so verstehen konnte, und diese vier Worte brachte mein Herz zum Schmelzen. Langsam beugte er sich zu mir vor, doch ich realisierte sein Vorhaben erst, als sein verhangener blick zu meine Lippen wanderte. Ich jedoch hatte keineswegs vor ihn einfach machen zu lassen. Auch wenn ich lächelte und seine Worte mich kurzzeitig in eine andere Welt katapultiert hatten, hieß das nicht, dass ich alles vergeben und vergessen hatte. Ich war immer noch etwas beleidigt und machte also keine Millisekunde zu früh einen Schritt zur Seite und lies ihn auflaufen. Er hatte, oh Wunder, trotz geschlossener Augen bemerkt, dass ich nicht mehr an Ort und Stelle war und erstarrte. Er öffnete seine Augen, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück, während er mich belustigt aber mit zusammengekniffenen Augen musterte. „Soso." Sagte er, ohne seine Haltung zu verändern. Jetzt war es an mir verschmitzt zu grinsen, und diesmal sah ich –mit größter Genugtuung- das auch mein Grinsen eine ansteckende Wirkung auf ihn hatte. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sich das Portreitloch öffnete, doch ich schenkte dem keine Beachtung. Auch James schien es bemerkt zu haben, doch er schien es weitaus interessanter zu finden als ich. Wobei interessant vielleicht nicht das Richtige Wort dafür war. Er guckte misstrauisch in Richtung Portreitloch und ich tat es ihm nach. Dort stand – und das passierte höchst selten – Professor McGonnagal. Und als wäre das noch nicht genug, kam sie direkt auf uns zu. „Mister Potter! Miss Evans!" Rief sie, und Augenblicklich richteten sich alle Blicke auf unsere Hauslehrerin. Sie blieb ungefähr auf halber Strecke stehen und lies ihren Blick mit zusammengepressten Lippe streifen. Das erhob sie erneut ihre Stimme. „Mister Black, Mister Pattigrew, Miss Green, Miss Stone und Miss Steward!" Sie blickte uns nach der Reihe an und wirkte dabei so Wütend, das niemand in diesem Raum wagte, auch nur ein Geräusch von sich zu geben. „Wenn sie wohl einen Augenblick die Güte hätten ihre Tätigkeiten zu unterbrechen und mir in mein Büro zu Folgen?" Sie warf noch einen Bitterbösen Blick in die Runde und stolzierte im nächsten Augenblick ohne auf eine Antwort zu warten mit wehendem Umhang davon. Sobald das Portrait der Fetten Dame hinter ihr zu geschwungen war, fingen alle an zu tuscheln oder verhalten zu kichern. Alle, bis auf eben aufgerufene Siebtklässler. Wir Warfen uns leidende Blicke zu. „Mein herzliches Beileid." Sagte Remus, der sich soeben zu Sirius und Emilie gesellt hatte gespielt Mitleidig. Das einzige, was seiner Glaubwürdigkeit einen Dämpfer verpasste, war ein fieses Grinsen das sich auf seine Lippen geschlichen hatte, worauf hin Sirius ihm einen Schlag auf die Schulter verpasste. Ach du heiliger Merlin! Ich wurde in McGonnagal Büro gerufen weil sie sauer auf mich war. Das musste ich erst einmal verarbeiten. „James, Was passiert jetzt?" Fragte ich ihn leicht Panisch. Im Gegensatz zu den anderen hatte ich keinerlei Erfahrung mit Wütenden Lehrern, bzw. Bestrafungen. Ich hatte noch nie irgendetwas Verbotenes gemacht. Mal ganz von meiner Grundschulzeit abgesehen. „Wir gehen jetzt zu Gonni." Sagte er schlicht, Während wir uns langsam in Bewegung setzten und uns zu den anderen begaben. „Wow." Sagte ich. „Das ist mir bewusst. Ich meinte, was sind dafür Strafen üblich? Wir haben den ganzen Tag geschwänzt und ich glaube nicht, dass das besonders unauffällig war, ich meine, alle Siebtklässler aus Gryffindore waren nicht da und die Slytherins hatten ganz alleine Verteidigung gegen die Dunklen Künste und die Huffelpuffs ganz alleine Kräuterkunde. Bis auf Jonathan. Der war-..." „Lily." Unterbrach mich James Lächelnd. „Jetzt halt mal die Luft an." Ich lächelte zurück und schüttelte dann Langsam den Kopf. „Das geht nicht." Sagte ich bedauernd und er hob fragend eine Augenbraue. „Das ersticke ich." Amüsiert sah er zu mir herunter, und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Mach dir keine Sorgen Lil. Ich box dich da schon irgendwie raus."

Möglichst Langsam gingen wir also, nicht ohne uns allen noch einmal bedeutungsschwere (Das hieß, ich verängstigte und die anderen belustigte und gleichgültige) Blicke zuzuwerfen, durch den Gemeinschaftsraum zum Portraitloch und setzten ohne ein weiteres Wort unseren Weg durch die mit unzähligen Portraits behangenen Gänge und Flure des Schlosses fort, bis wir schließlich, schneller als erhofft, vor Professor McGonnagals Bürotür standen. Ebenso Stumm wie unser Unfreiwilliger Spaziergang klärten wir kurz, was wir tun sollten, bis Sirius vortrat, drei Mal mit seinen Fingerknöcheln auf das dunkle Holz klopfte und sich wieder in die Reihe eingliederte, die wir kurzerhand gebildet hatten. Es dauerte nicht lange bis die Tür aufschwang und eine deutlich aufgebrachte Professorin heraustrat. „Kommen sie." Forderte sie uns durch zusammengepresste Zähne hindurch auf, den Raum zu betreten. Mit einer Einladenden Geste stellte sie sich neben die Tür und Unterzog einen Jeden von uns einer Intensiven Musterung. Jetzt bemerkte ich mit zusammengekniffenen Augen und einem Schmunzeln auf den Lippen, das sowohl James und Sirius, als auch Peter einen wirklich überaus glaubwürdigen, Reuevollen Hundeblick aufgesetzt hatte, auf den wahrscheinlich sogar Ich Reingefallen wäre, wenn ich sie nicht vor einer halben Minute noch alles andere als Reuevoll hätte Grinsen sehen. Nach McGonnagals Blick allerdings, verging mir das Schmunzeln sofort wieder, und ich musste nicht einmal schauspielern, um Reuevoll zu schauen. Als wir schließlich alle Platz gefunden hatten, (Sie hatte mehrere Holzstühle zu einem Halbkreis vor ihrem Schreibtisch aufgestellt) Wartete sie Augenscheinlich auf eine Antwort auf eine nicht gestellte Frage. Eine Frage, die wir alle uns sehr genau vorstellen konnten, doch keiner Wagte es den Mund aufzumachen. „Nun?" Sie stützte die Hände in die Seiten und guckte streng in die Runde. „Hat es einen bestimmten Grund weshalb sie alle am gestrigen Tag nicht am Unterricht teilnehmen konnten? Sie waren anderweitig beschäftigt, nehme ich an?" Das war eine offensichtlich rhetorische Frage, auf die sie keine Bestätigung erwartete. Natürlich gab es keine Gültige Entschuldigung fürs schwänzen und ich fand, das Standpauken dieser Art ein deutlicher Nachteil waren und ich mein schlechtes Gewissen gerne gegen Unterricht eintauschen würde. „Ich erwarte eine Antwort." Sie wurde mit der Zeit merklich ungeduldig. Doch was sollten wir sagen? „Tut mir leid, Professor, aber ich hatte gestern bedauerlicherweise überhaupt keine Lust auf schule?" Oder vielleicht, „Wir wollten nur einmal in sieben Jahren unseren Tag auf sinnvolle Art und Weise verbringen, wie Potter es zu sagen pflegte?" Nein. Das konnte und wollte ich beim besten Willen nicht. Ausnahmsweise hatte ich mal nicht das Bedürfnis, zu sagen was ich dachte, denn gefallen würde ihr das bestimmt nicht. Ich würde ganz brav zusammen mit den anderen meine Strafe absitzen und wenn nötig fürs Haus Gryffindore Punkte abgezogen bekommen. Doch Potter machte mir, wie so oft einen Strich durch die Rechnung. Er wandte sein Gesicht mir zu, und sah mich verschmitzt an. Oh Merlin. Was hatte er nur vor? Ich hatte wirklich alles andere als ein gutes Gefühl. „Verzeihung, Professor, aber Lily war gestern Krank. Sie hatte Fieber und fühlte sich nicht wohl. Damit sie nicht alleine sein musste und sich langweilt bin ich bei ihr geblieben." Professor McGonnagal musterte ihn misstrauisch. „Und wieso haben sie sie nicht in den Krankenflügel zu Madame Pomfrey gebracht?" Jetzt war ich wirklich gespannt. Professor McGonnagal hatte vollkommen Recht. Jeder nur halbwegs vernünftige Mensch wäre wahrscheinlich zu Madame Pomfrey gegangen. Nur war James nicht Vernünftig. Und ich, seit ich mit ihm zusammen war, wohl auch nicht mehr. „Das habe ich ihr auch gesagt." Erklärte er, während Gonni immer misstrauischer zu werden schien. „Aber sie wollte sich einfach nicht bewegen. Sie sagte nur dass sie solche Kopfschmerzen habe, dass sie beim besten Willen nicht aufstehen könne." Er beugte sich etwas zu ihr vor und sagte dann etwas leiser in einem Verschwörerischen Tonfall: „Sie wissen ja, wie Stur sie sein kann." Ich versuchte eine möglichst unbeeindruckte Mine aufzusetzen, um zu verhindern das McGonnagal bemerkte, wie Überrascht ich eigentlich war. Ich und Stur? Okay, zugegebenermaßen hatte er Recht. Ich blickte zu ihm, und sah mit einem entmutigtem Seufzen dass James' Augen kaum merklich schalkhaft aufblitzten und ich konnte mir nur zu gut vorstellen, das jetzt etwas sehr unschönes auf mich zukommen würde. „Ich habe sogar versucht sie zu tragen, damit sie in den Krankenflügel kann,-" Er legte eine kurze Pause ein um die Spannung zu steigern. „aber sie war einfach zu schwer." Fügte er gequält hinzu. Zu meiner Rechten sah ich, wie Emilie und Julie vergeblich versuchten, sich ein kichern zu verkneifen, und links neben James saß Sirius, der ein belustigtes grunzen noch gerade Rechtzeitig geschickt als hüsteln tarnte, jedoch nicht ohne ein wissendes Lächeln auf den Lippen zu behalten. Bei Merlin! Womit hatte ich das denn bitte verdient? Doch gerade in diesem Moment viel mir die Sache mit seiner gebrochenen Nase ein, und dass ich behauptet hatte, er sei gegen eine Tür gelaufen. Aber trotzdem fand ich er hatte übertrieben. Diese Aussage hätte er sich durchaus sparen können, wie ich fand. Ungläubig riss ich den Mund auf um ihm gehörig meine Meinung zu geigen, doch ich schloss ihn abrupt wieder, als ich James Hand auf meiner spürte und er sie leicht drückte. Er wusste wohl ganz genau das ich das nicht einfach auf mir würde sitzen lassen, doch jetzt vor Gonni anzufangen mit ihm zu diskutieren würde uns ganz sicher nicht aus der Situation verhelfen. Eher im Gegenteil. Daher beließ ich es vorerst bei einem kräftigen Tritt gegen sein Schienenbein, was ihn kurz schmerzerfüllt zusammenzucken ließ, doch James ließ sich nicht beirren. Er lehnte sich wieder zurück und warf einen bedeutungsschweren Seitenblick auf mich um seine Aussage zu verdeutlichen. Nun wanderte Professor McGonnagals misstrauischer blick zu mir und sie hob eine Augenbraue. Sie schien über James Worte nachzudenken, doch ob sie ihm glauben schenkte konnte man ihr leider nicht ansehen. „Ist das wahr?" Fragte sie nun mich, und mir blieb nichts anderes übrig, als sie nach Strich und Faden anzulügen, und James gegenüber aufzugeben. „Ja, Professor." Bestätigte ich James' Aussage leise und nicht besonders überzeugend und senkte den Blick auf meine Hände, die ich in meinem Schoß nervös knetete. „Nun gut." Sagte sie wiederwillig nach einer kurzen Pause. „fünf Punkte Abzug für Gryffindore." James machte den Mund auf um zu protestieren, doch McGonnagal war schneller. „Für jeden von ihnen. Dafür das sie unentschuldigt im Unterricht gefehlt haben." Sagte sie Streng, doch James ließ sich nicht einschüchtern. „Bitte, Professor-..." „Keine wiederrede, Potter, es sei denn, sie bestehen auf eine Strafarbeit. Das ließe sich selbstverständlich einrichten wenn sie mögen." Dass ließ ihn verstummen. Ich fand, es hätte durchaus schlimmer kommen können, und die fünf Punkte waren deutlich weniger als die Strafen, die ich mir schon ausgemalt hatte. „Und nun zu ihnen... Mr. Pattigrew? Was haben sie für eine Ausrede zu bieten?" Peter stand der schreck ins Gesicht geschrieben. Wir alle wussten sehr genau, wieso Professor McGonnagal gerade ihn ausgesucht hatte. Er würde nicht so einfach eine so gute Ausrede aus dem Hut zaubern wie James oder Sirius. Sogar Emilie, Julie und Michelle wäre wahrscheinlich noch etwas Brauchbares eingefallen, doch Peter war nicht gerade für seine Kreativität bekannt. Seine Stärken lagen woanders. „Ich, Ich-..." Stotterte er, doch er kam nicht weit, da James kurzerhand das Wort ergriff. „Professor, bitte. Er musste-..." Doch Professor McGonnagal unterbrach ihn ein drittes Mal diesen Nachmittag. „Ich bin mir sicher, das Mr. Pattigrew auch ohne ihre Hilfe erzählen kann, was er so dringend musste." Ihr blick und ihr Tonfall duldeten keine Wiederrede, doch als James erneut den Mund öffnete, riss ihr geduldsfaden endgültig. „Ich denke, es ist besser, wenn sie und Miss Evans jetzt den Raum verlassen, bevor ich mir doch noch etwas Besseres für sie beide ausdenke. Auf wiedersehen." Darauf hatte ich gewartet, und ich hätte es auch keine Sekunde länger hier drin ausgehalten. Ich hasste es über alles wenn ein Lehrer sauer auf mich war. Noch mehr sogar als eingebildete muggelhassende Slytherins. Schneller als beabsichtigt stand ich von meinem Stuhl auf, packte James am Arm und ging in Richtung Tür. James immer Noch hinter mir herzerrend murmelte ich noch ein leises „Wiedersehen" bevor ich die Tür aufriss und so schnell wie möglich den Raum verließ. Ein paar Meter weiter blieb ich stehen, um auf James zu warten, der noch die Tür hinter sich schloss und dann zu mir trat. Mir war hundeelend zumute. Nicht nur, das ich wegen schwänzen in ein Lehrerbüro gerufen wurde, ich wurde auch noch Rausgeschmissen. Ich guckte gequält zu James hinauf, der mich etwas abwesend aber dennoch wissend anlächelte. „Was ist?" Fragte ich, leicht in Panik versetzt. In Gedanken ging ich noch einmal durch, was ich heute Mittag gegessen hatte. Mist. Spaghetti. Hatte ich vielleicht noch Tomatensauce am Mund? Schnell wischte ich mir mit dem Ärmel über den Mund, was James aus seiner Erstarrung riss und ihn dazu verleitete unverschämt und belustigt zu grinsen. „Nichts." Sagte er, doch ich zog nur abwartend eine Augenbraue, als er immer Noch nicht aufhörte zu grinsen. „Es ist nur irgendwie so lustig dass du das alles so ernst nimmst. Alle haben schon mal Strafarbeiten Kassiert, nur bei dir geht beinahe die Welt unter, weil du fünf Punkte für
Gryffindore verloren hast." Ich stöhnte. „Was ist daran bitte so lustig? Es sind Fünf Punkte, die uns am Ende bei dem Kampf um den Hauspokal fehlen." „Die holst du nächste Woche sowieso wieder rein. Und wir helfen dir dabei." Ich verdrehte die Augen. „Du, Peter, Sirius und Remus? Ihr habt doch sicher schon Pläne wie ihr die wieder loswerdet, oder?" Er grinste, machte einen Schritt auf mich zu und schlang seine Arme um meinen Rücken. „Du kennst mich einfach viel zu Gut" seufzte er Dramatisch. „Oh ja." Sagte ich seinen Tonfall nachahmend, verschränkte meine Arme ebenfalls hinter seinem Rücken und lehnte meinen Kopf an seine Brust. . „Danke übrigens für die Ausrede." Sagte ich, ohne dass ich den Sarkastischen Unterton Unterdrücken konnte. James lachte leise. So leise, das ich eigentlich nur die Vibration an meinem Ohr wahrnahm. Leider musste ich zugeben, dass ich ohne diese Ausrede wahrscheinlich gerade dabei wäre irgendwelche Pokale zu schrubben, oder Vergehens listen von Filch zu sortieren. Beim Gedanken daran schüttelte ich mich unwillkürlich. „Du weißt doch, in entscheidenden Momenten springt meine unverbesserliche Kreativität an und erfindet irgendetwas Tolles für mich." Ich Rollte mit den Augen. „Ja. Das war definitiv sehr toll. Herzlichen Glückwunsch für diese total Blamage vor Professor McGonnagal." Wieder lachte er, doch diesmal etwas lauter. „Find ich auch." Jaja, Potter, Dachte ich. Wirklich sehr, sehr lustig. „Ich bin nicht schwer." Sagte ich überzeugt. „Vielleicht bist du ja einfach nur zu schwach?" Überlegte ich laut, kniff probehalber in seinen Oberarm, an dem gerade natürlich keine Muskeln angespannt waren und nickte dann, als ob ich gerade eine Antwort auf eine Interessante Frage bekommen hätte. „Jap." Bestätigte ich meine Vermutung. „Daran muss es gelegen haben." Neckisch schaute ich zu ihm auf. Er hatte belustigt und gespielt beleidigt die Augen zusammengekniffen. Jaja. Das geschieht dir ganz Recht. „Ich hatte sowieso noch eine Rechnung mit dir offen." Rechtfertigte er seine Lüge über mich. Als ich nicht antwortete, half er mir auf die Sprünge. „Die gebrochene Nase, Lily? Du hast behauptet ich sei gegen eine Tür gelaufen. Du weißt nicht wie sehr das meinen Ruf geschädigt hat." Ach ja. Da war ja was. Dieses kleine Detail unserer gemeinsamen Vergangenheit hatte ich schon verdrängt. „Dann sind wir ja jetzt quitt." Sagte ich und schmunzelte, als ich mich daran erinnerte wann ich das das letzte Mal gesagt hatte. „Dann sind wir jetzt quitt." Wiederholte er meine Worte und stützte sein Kinn auf meinen Kopf.

Küss mich, Potter! Die FortsetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt