Du fragst dich, warum der letzte Teil "Mein letzter Eintrag" hieß, obwohl das nichts mit der Story zu tun hatte? Ganz einfach, es war mein letzter Eintrag, dies hier schreibe ich nicht mehr. Meine schlimmste Befürchtung ist eingetroffen und ich wurde meines Amtes als Autor enthoben. Ich bin nur noch der Erzählen. Meine Gedanken als Erzähler werden von irgend einem Fantasiewesen, das auf sie Zugriff hat in dieses Buch übertragen. Ich kann mich also gar nicht länger wehren, diese Geschichte zu erzählen und euch die Idee in den Kopf zu pflanzen.
Es ist auch schwer abschätzbar, wie lange ich noch meine Stellung als auktorialer Erzähler behalten kann, denn letztendlich entscheidet das ja der Autor oder das Buch. Ich will dir als Leser also eine letzte Warnung hinterlassen: Sollte ich jemals die Kontrolle über dieses Buch und seine Auswirkungen gehabt haben, so ist mir diese nun entronnen. Ich kann dich nicht mehr von meinem eigenen Werk schützen.
Ich hatte kaum geschlafen. Mein Herz hatte dafür zu unregelmäßig gepumpt und zu schnell. Meine Gedanken waren zu stürmisch in meinem Hirn gerast und waren zu viele der Anzahl gewesen. Was ich geträumt hatte vergaß ich wieder, aber es war ein unruhiger Schlaf gewesen.
Als ich aufwachte, konnte ich die Veränderung in der Luft spüren. Ich konnte sie einatmen, ich konnte sie riechen und schmecken und ich konnte sie hören. Die Stimmen in meinem Garten drangen bis in mein Schlafzimmer vor. Nein, halt das konnte nicht sein. Mein Haus hatte eine Schalldämmung, dass dieser Lärmpegel unmöglich von Stimmen aus dem Garten kommen konnten. Ich schlug die Augen auf. Ich schlug die Augen wieder zu. Ich schlug die Augen auf. Ich zwickte mich so fest in den Arm, dass es weh tat. Kein Traum. Aber auch keine Realität.
Mein Bett war plötzlich unbequem. Aber das war nicht weiter verwundernswert, denn nach genauerem Fühlen stellte ich fest, dass ich auf einer Strohmatratze lag. Die Leinen, die das kratzige Stroh von meinem Rücken abschirmten, waren nicht dick genug, um von dem Bestand der Matratze abzulenken. Meine Augen spielten noch immer nicht mit. Ich konnte sie reiben, so lange ich wollte, aber die Steinmauer ohne jegliche Tapezierung wich nicht aus der Illusion, die mich scheinbar umgab. Genauso wenig wie die Holzdecke über mir, oder der unangenehme Geruch in meiner Nase.
Als ich bemerkte, dass nichts an diesem Zimmer, außer vielleicht die Größe an mein Schlafzimmer erinnerte, begann ich endlich klar zu denken. Ich war ganz offensichtlich über Nacht in ein altes Bauernhaus verschleppt worden. Keine Rollladen vor denn vergilbten Scheiben, nur hässliche, hölzerne Fensterläden davor, die durch ihre Schlitze viel zu viel Licht für meinen Geschmack in das Zimmer liesen.
Stöhnend vom schlechten Schlaf reckte ich mich und versuchte, all die Fragen, die sich mir aufdrängten zu ignorieren. Ich fand in einem alten Schrank, der verdächtig ähnlich, wie mein Schrank in meinem Zimmer aussah ein paar altmodische Kleider, die erstaunlicherweise gar nicht kratzten, obwohl sie aussahen, als hätte ein Mittelalter-Fanatiker es zu ernst genommen.
Als ich durch einige knarzende Türen geschritten war, beschloss ich, so schnell wie möglich aus diesem Geisterhaus zu fliehen. Es war von der Architektur identisch mit dem meinem. Ich musste an die frische Luft.
Als mir die Sonnenstrahlen ins Gesicht schienen, wusste ich, dass sich das bewahrheitet hatte, das ich mühsam verweigert hatte, zu akzeptieren.
Die Straße war zu einem breitem Steinweg verkommen und jedes einzelne Haus schien zurück in eine längst vergessene Zeit versetzt worden zu sein. Aber es war alles bekannt, ich genoss einen ähnlichen Anblick jeden Morgen, bevor ich zur Arbeit fuhr. Zum Glück war heute Samstag und ich kam nicht zu spät zur Arbeit, verschuldet durch die Nicht-Existenz meines Weckers. Irgendwie ein komischer Gedanke. Mein gesamtes Leben wurde auf den Kopf gestellt und ich dachte an die Arbeit.
Plötzlich fielen mir die Stimmen wieder ein, die ich die ganze Zeit ausgeblendet hatte. Ich schielte in meinen Garten und konnte meinen Augen nicht trauen, denn das was ich dort sah, hatte nichts mehr mit all den Geschehnissen, der vorigen Tage zu tun.
Mein Garten war nicht sonderlich groß, doch er reichte für eine beachtliche Anzahl an verschiedensten Geschöpfen. Ich meine damit nicht nur Elfen. Die meisten hatten zwar einen Körper, der entfernt an die Statur eines Menschenkörpers erinnert, doch alles andere hatte nichts mehr mit dem Erdbewohner, wie man ihn auf der Straße trifft zu tun. Die Hautfarben kannten keine Einschränkungen, alle Farben des Regenbogens waren vertreten. Selbes traf auf die Augenfarbe zu, die ich untersuchen konnte, nach dem ich näher an die bunte Menge herantrat und nach dem ersten Elf dieser Erde zu suchen, um ihn zur Rede zu stellen.
Mir war am vorigen Tag zwar angekündigt worden, alles würde sich an diesem Tag verändern, aber das hier war ein Traum, dem nur wenige Eigenschaften eines richtigen Traumes fehlten. Doch das alles war so seltsam, dass es mich gar nicht umhauen konnte. Mein Gehirn weigerte sich ganz einfach, dies als wirkliches Geschehen, als Realität wahrzunehmen. Uns so kämpfte ich mich durch die Menge, ohne Angst zu empfinden, während außerordentlich viele verschiedenst aussehende Köpfe auf mich gerichtet waren. Ich konnte sie unergründlicher Weise ignorieren.
Dann sah ich ihn. Er war vertieft in einem sichtbar angeregtem Gespräch mit einem alten Mann vertieft, der mir in all dem Gewusel, das mich umgab noch am normalsten aussah. Allerdings schien er etwas spitzere Ohren zu Ohren, als das bei Menschen üblich war. Er hatte einen recht dürren Körper, doch auch Muskeln und Sehnen konnte man beobachten. Sein Kopf zierte dunkelgraues, für sein Alter dichtes Haar, dass etwas lockig war und kurz, aber trotzdem sehr interessant geschnitten. Sein Falten in seinem Gesicht, erzählten eine ganz eigene Geschichte und die Erfahrung, die er hatte, funkelte aus seinen grau-bläulichen Augen.
Irgendwie stach er aus all den Geschöpfen hervor. Während alle anderen Wesen aufgeregt durcheinander redeten (ich hatte bisher noch gar nicht herausgefunden, ob ich sie verstand), schien dieser alte Mann äußerst gefasst und schien die Situation sogar besser zu begreifen, als der Elf mit den hochgestellten Haaren, der auf ihn einredete. Immer wieder nickte er bedächtig und wissend. Doch nach dem ich den zwei Unterhaltenden näher gekommen war, sah ich auch ein Schimmer von Sorge auf dem Gesicht des Alten.
Auch er war mein Geschöpf, obwohl ich das inzwischen nicht mehr von allen Kreaturen hier behaupten konnte. Er war der Lehrmeister des namenlosen Elfen und äußerst geheimnisvoll. Und genau das war ein Problem. Ich hatte ziemlich oft an dieser Geschichte gefeilt, aus der viel Figuren entstammten, die nun auf unserer schönen Erde leben. Gerade bei dem grauen Mentor hatte ich mich oft umentschieden, was seine Charakterentwicklung betrifft. Letztendlich war ich mir nie ganz sicher gewesen, wie mächtig er sein sollte und für was er kämpfen würde. Nun hatte ich meine eigene Kreation vor mir stehen und wusste nicht, wie sie in dieser neuen Geschichte handeln würde.
Er sah mich schon eine Weile interessiert an. Nicht verärgert, wie die Feen-Königin oder kritisch und auch belächelnd, wie der Elf bei unserer ersten Begegnung. Es ärgerte ihn nicht, dass er aus meinem Kopf entstammte, er fand mich interessant. Das Gespräch mit dem Elf schien nicht länger von Belang. Ich erwiderte seinen Blick unsicher.
"Ich denke, sie wissen bereits, wer ich bin?", fing ich das Gespräch, mit einer Person, deren Existenz mit der letzten Nacht begonnen hatte.
"Ich kenne dich besser, als du das vielleicht hoffst", erwiderte er langsam. Nach einer kurzen Pause mit unangenehmen Schweigen, sprach er weiter, "und ich bin sehr neugierig, wie du dich in der neuen Welt zurechtfindest."
Ich brauchte einen Moment um die Worte zu schlucken. Das war auch das, was mit den Figuren aus dem Buch, dem er entsprang passierte, wenn der weise Mann sie mit einem neuen Blickwinkel konfrontierte.
Er schmunzelte. "Du dachtest, wir würden alle in deine Welt einbrechen. Dabei ist es vielmehr so, dass du in unsere Welt eintrittst."
Nun musste auch ich schmunzeln. Genau so hatte ich ihn mir vorgestellt.
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Der Preis der Fantasie
FantasyIch begehe einen schwerwiegenden Fehler: Ich schreibe dieses Buch. Ein Buch, in dem es um das Buch und seinen Autor geht, der sich einer Idee hingibt, die vorsieht, die Welt zu verändern. Einer Idee, die sich selbst in Buchform sehen will, um dadurc...