Kapitel 6

19 5 0
                                    

Der dunkle Raum in welchem sie vor nur kurzer Zeit gelandet waren, wurde ihnen langsam aber sicher sowohl zu eng, als auch zu warm. "Sollen wir hoch gehen?", fragte Izzy in flüsterndem Tonfall woraufhin einige unsichere Blicke ausgetauscht wurden. "Wir können ja schließlich nicht ewig hierbleiben, oder?" Mit diesem Satz, welcher um einiges entschlossener klang, als Liam sich fühlte, erklomm er vorsichtig die staubige Leiter nach oben.
"Was siehst du?", wollte Nick von unten wissen und Liam drehte sich grinsend um: "Also dieser Gang hier ist genauso schmutzig wie der Keller, hier wohnt bestimmt niemand mehr!" Noch immer verunsichert aber ohne eine andere Möglichkeit folgten nun alle Wieslinge nach oben, um sich das kleine Häuschen anzuschauen und endlich wieder Tageslicht zu erblicken.
Das erwünschte Licht war jedoch schnell nicht mehr halb so willkommen, denn sie alle hatte Mühe, überhaupt etwas zu erkennen, denn es war unglaublich hell im Vergleich zu der kompletten schwärze des Tunnels zuvor. Mit einer Hand vor den Augen und einer um ihre provisorischen Taschen schlichen sie den Gang entlang, an ausgehangenen Türen vorbei und an einem Raum, in welchem vermutlich irgendwann mal etwas hochgegangen war, bis sie vor einer angelehnten Tür stehen blieben.
Dahinter vernahmen sie Stimmen.
Mit aufgerissen Augen sahen sie einander schockiert an und begannen chaotisch und durcheinander mit den Armen zu wedeln und Handzeichen zu geben, die keiner Verstand. Zwar hatten Liam und Jas als ehemalige Sucher ein paar Gesten, mit denen sie koordinieren konnten, so half es nur wenig, denn niemand achtete auf sie oder verstand, dass sie sich zurückziehen wollten. Auch der Kontakt zu Nick half dabei nicht weiter, denn ein Großteil der Gruppe verstand noch immer nur Bahnhof. Also gingen sie zu Plan B über und brachten die Wieslinge dazu, mit dem Gestikulieren aufzuhören und sich um ihre Anführer zu versammeln.
"Wir müssen sehr vorsichtig sein, Leute. Wir werden gleich langsam und leise zurück in den Keller schleichen und danach mit einer Dreiergruppe nach einer Tür suchen, die nach draußen und nicht da durch führt", wisperte Liam so leise wie möglich und Nick ergänzte: "Da sitzen zwei Gestalten." Er hatte einen besseren Blickwinkel ins innere des Raumes und starrte auf zwei Sessel in der am weitesten entfernten Ecke, ihr Glück. "Die sehen mir aber irgendwie so gar nicht aus, wie kranke Zombies. Vielleicht helfen sie uns?"
"Was machen sie denn?", flüsterte Izzy und streckte den Hals in der Hoffnung, auch einen Blick auf ihr neues Problem zu erhaschen. "Sie spielen Karten! Sitzen einander fast gegenüber und haben beide welche auf der Hand, einen kleinen Stapel vor sich und einen großen in der Mitte. Die scheinen vernünftig und nicht verrückt zu sein. Wenn sie krank wären, würden die sich bestimmt anders verhalten. Meint ihr nicht?", beschrieb Nick ihr die Situation. "Du kannst ihnen doch nicht einfach vertrauen, weil sie Karten spielen!", beschwerte sich Jas wispernd, was es ihm schwer machte, sie ernst zu nehmen. Mit einem Grinsen griff er in seine Tasche und entnahm ihr etwas rechteckiges und etwa handgroßes: "Ich wirke doch auch vertrauenswürdig, oder etwa nicht?"
"Ist das dein Ernst? Wie viele nette Menschen haben wir schon getroffen? Wie kommst du darauf, dass ausgerechnet diese beiden, die am Ende eines dunklen Tunnels ein Haus bauen, vertrauenswürdig sind?", zischte Sophie ihn erschrocken und entsetzt zugleich an, woraufhin dieser nur mit den Schultern zuckte: "Die sehen alt aus, und sie sind nur zu zweit, wir haben bestimmt gute Chancen."
"So alt sind wir dann auch wieder nicht."
Der Satz des linken Mannes ließ die Wieslinge in null Komma nichts zu Eissäulen erstarren. Niemand hatte auch nur den Hauch einer Idee, was sie jetzt tun sollten, aber von Angreifen bis Abhauen war in ihren Köpfen wohl alles dabei, wurde bedacht und über den Haufen geworfen.
Selbst wenn sie zurück in den Tunnel laufen würden, müssten sie früher oder später doch das Haus kommen und die Männer würden bestimmt nicht in den nächsten 24 Stunden ausziehen. Aber ANGST wusste ganz sicher von diesem Haus, also müssen sie sie entweder überwältigen oder sie werden ihnen helfen.
"Möchtet ihr mitspielen?", fragte nun der zweite Spieler, ebenfalls ohne sich den Wieslingen zuzuwenden. Wie erschrockene Rehe sahen sie einander an, bewegten dafür nur die Augen, wagten es kaum zu atmen und lauschten ihrem rasenden Puls.
"Gerne", antwortete Nick schließlich mit gespielt entspannter Stimme, doch seine Freunde hörten das leichte Zittern heraus, welches sie zuletzt in der letzten Nacht im Labyrinth gehört hatten. Er machte einen Schritt nach vorne, doch Jacobs Hand schloss sich um sein schmales Handgelenkt: "Bist du sicher?" Nick schluckte und blickte dann seinen Freund an: "Absolut nicht." Nickend ließ Jacob ihn los und folgte ihm dann zielstrebig.
"Das ist jetzt bitte nicht dein Ernst", flüsterte Liam und blickte den beiden hinterher, doch kein weitere Wiesling regte sich, bis der zweite Mann sich umdrehte, Nick und Jacob aufmerksam musterte und schließlich sprach: "Wir hätten auch noch was anderes, wenn sich der Rest nicht von einem guten Kartenspiel beeindrucken lässt. Dort drüben, dass solltet ihr euch mal anschauen. Ach, und ich bin übrigens Felix. " Er schmunzelte während er sich vorstellte und deutete dann in die gegenüberliegende Ecke, die sie leider nicht einsehen konnten.
In der Zwischenzeit nahmen Jacob und Nick bei den Männern platz: "Ich bin Nick, das ist Jacob." "Matthew. Könnt ihr pokern?", wollte der erste Mann, Matthew, wissen und Jacob schüttelte als Antwort den Kopf. "Kein Problem", erwiderte Felix glücklich: "Das bringen wir euch bestimmt schnell bei."
"Was siehst du in der Ecke?"
"Eine Holzkiste mit merkwürdigem Muster. Ich glaube inzwischen echt nicht mehr an Zufälle, Jas. Ihr solltet euch das anschauen, das ist bestimmt wichtig für uns."
Flüsternd beratschlagte Jas sich daraufhin mit Liam, welcher schließlich beschloss, dass sie nichts anderes tun konnten, besonders da Nick und Jacob unmittelbar in der Gewalt der Männer waren, sollten sie eine Gefahr darstellen. Auch wenn sie alle hofften, dass sie sie nicht jeden Moment mit ekligen Monstern in einem riesigen Käfig ohne Ausgang sperren würden.

Die besagte und mysteriöse Holzkiste war nicht sonderlich groß, nur knapp eine Hand tief und hoch, doch fast zwei Hände breit. Jedoch waren die sechs verschiedenen Muster um einiges interessanter, denn auf der rechten Seite war ein kleines Quadrat ausgelassen worden. Fuhr man mit den Finger vorsichtig über eben diese Stelle, fühlte man ein unauffällige Vertiefung.
"Ist es Holz?", fragte Tyler, welcher über Liams Schulter blickte. "Ja, klingt so, und hohl, irgendwas ist bestimmt drin, aber es ist nicht massiv", erklärte dieser, da er die Schatulle in seinen Händen hielt. "Dann könnte ein kräftiger Tritt wohl helfen, oder?" "Ja, Tyler, und darin ist am Ende eine Glasphiole mit einem Heilmittel und die hilft dann nur noch dem Holzboden hier. Nein, dass ist ein Rätsel und wir werden es lösen, wie wir es immer tun." Der Rest der Gruppe nickte Liam zustimmend zu und somit machten sie es sich auf dem staubigen Holzboden so bequem wie möglich und stellten das Rätsel in die Mitte ihres Kreises.
"Ideen?", fragte Izzy nach ein paar Minuten der Stille, in welchen man nur die Karten der vier Spieler hörte. "Vorsichtig drauf hauen?" Tylers Vorschlag wurde gekonnt übergangen und Mo griff zielstrebig als erster nach dem Rätsel: "Also, hier ist ein bisschen was frei, drücken scheint aber nicht zu helfe." Mit der Spitze seines kleinen Fingers drückte er in der Aussparung herum, nichts passierte. "Gib mal her!", forderte Maddi ihn auf und streckte die Hand in seine Richtung.
Sie machte einen ersten Fortschritt indem sie einen der Steine in die Lücke schob und somit eine neue Schuf. "Super", stöhnte Mo genervt und kassierte einen bösen Blick. Da er keine weitere Streitigkeiten fördern wollte, hielt sich Mo zurück und Maddie schob weitere Teil auf der selben Seite hin und her, bis sie die Ausgangssituation erneut erreicht hatte.
"Guter Anfang", gab Jacob mit einem Blick über ihre Schulter von sich und machte die Wieslinge somit auf ihre Ankunft aufmerksam. "Mach es doch besser anstatt nur Karten zu spielen", meckerte Maddi wegen der erneuten Kritik, doch Jacob reagierte nicht wie Mo: "Gerne, darf ich?" Mit erhobenen Augenbrauen hielt er seine offene Hand direkt vor sie und sie gab ihm, wenn auch widerwillig, die Schatulle.
Neben Maddi kniend schob nun auch Jacob die Teile des Musters auf der Seite umher, jedoch nicht im Kreis, sondern auf eine Kante zu, von welcher auf er sich auf die nächste Seite arbeitete. "Hier", er gab ihm mit einem Zwinkern die Kiste zurück. Hinter ihm verdrehte Nick grinsend die Augen seines Freundes wegen und auch Ethan musste ein wenig lachen. Trotzig legte Maddi die Kiste wieder in die Mitte.
Erneut starrten sie alle die kleine Kiste mit dem großen Geheimnis an, bis Matthew hinter ihnen auftauchte: "Felix lässt fragen, ob ihr was trinken möchtet?" Sie tauschten erneut unsichere Blicke aus. "Wir vergiften euch nicht. Es wäre viel einfacher, hier Gas reinzuleiten als unser Wasser zu verpesten." Diesmal schauten alle Matthew an: "Falls uns das aufmuntern sollte, hat das nicht geholfen, aber wir sitzen ja schließlich auch bei euch im Wohnzimmer. Wir würden etwas nehmen, haben aber auch noch ein paar Vorräte an Wasser." Matthew nickte nur und verschwand wieder um fünf Minuten später mit einem Tablett voller Gläser und einem großen Krug voll Wasser zurückzukehren. Wortlos stellte er es auf den kleinen Tisch neben dem Sofa und wollte den Raum gerade wieder verlassen, als auch Felix zu ihnen kam: "Matthew ist ein bisschen still, aber nehmt ihm das nicht übel. Ihr könnt heute Nacht hier schlafen, wenn ihr wollt. Dann könnt ihr auch weiter an der Kiste - Oh, wie ich sehe, habt ihr es schon gelöst, hervorragend, aber nicht anders zu erwarten."
Die Wieslinge, welche bis zu diesem Moment aufmerksam Felix zugehört hatten, drehten sich nun um, denn die Lösung des Rätsels hatte niemand mitbekommen. Mit der nun einen Spalt breit geöffneten Box in der Hand saß Max konzentriert auf dem Boden, alle sechs Muster waren wieder richtig hingerückt und an einer stelle sah man statt des Lücke einen roten Knopf, welchen er anscheinend soeben gedrückt hatte: "Was guckt ihr denn so?" Da mussten sie endlich wieder einmal alle herzlich lachen.

~C04

C-18 Der Restbestand || Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt