Kapitel 21

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Die Sonne erhob sich gerade erst zu ihrer Rechten, als Liam die Gruppe bereits aus unruhigen Träumen riss: "Tag elf ist angebrochen Leute, Endspurt. Wir haben uns genug erholt und mehr als genug gehen lassen, jetzt werden wir diese Berge bewältigen." "Wenn es weiter nichts ist, die Berge sind ja gar nicht so hoch, da kommt man bestimmt rüber." In Mos Stimme wurde von der ihr innewohnenden Ironie nur so überschwemmt, weshalb Ethan neben ihm kichern musste, doch Nick stellte sich zu seinem Kollegen: "Wir sind seit einer Stunde wach und nur ein paar hundert Meter westlich von hier zieht sich ein Pfad nach oben und vor allem nach Norden durch die Bergkette, den nehmen wir, also packt eure Sachen und esst noch was, das wird ein langer Marsch!"

Der von ihren Anführern gewählte Pfad hatte schon so schmal begonnen, das gerade so zwei Wieslinge nebeneinander laufen konnten, doch nach einer Stunde steilen, holprigen Pfad war auch das keine Möglichkeit mehr und sie mussten in einer langen Kette hintereinander her laufen. Sie konnten sich so schlechter verständigen, doch die heiße und staubige Luft hatte ihre Kehlen ohnehin ausgetrocknet. Denn auch wenn sie Nahrung gefunden hatten, ihre Wasservorräte gingen zur neige. Und nun mussten sie auch noch Alexa mit durchbringen, auch wenn sie erstaunlich wenig trank.
Auch Felix und Matthew waren noch immer bei ihnen, immer weiter hatten sie den Abschied aufgeschoben, bis es sich für die beiden nun kaum noch lohnte, alleine und ohne ausreichend Vorräte umzukehren und so hatten sie in der letzten Nacht beschlossen, die Gruppe bis zum sicheren Hafen zu geleiten und mit zu ANGST zu gehen, um eine Heilung zu erhalten.
Alexa hatte der Gruppe am vergangenen Abend mehr als genug Stoff zum nachdenken gegeben, da sie nun wussten, dass sie nicht die einzigen waren, die in ein Labyrinth gesperrt worden waren. "Wenn es eine Gruppe C, uns, und eine Gruppe B, die Mädchen, gegeben hat, dann muss es mindestens eine Gruppe A geben. Aber wer weiß, wie viele noch? D? E?", überlegte Izzy laut, damit Nick, der vor ihr und Jas, die hinter ihr liefen eine Meinung dazu abgeben konnten. "Wir sind gemischt, Gruppe B nur Mädchen, vielleicht Gruppe A nur Jungen, dann müsste es nur drei Gruppen geben", sponn Jas den Gedanken weiter, doch Nick widersprach: "Wir sind viel mehr Jungs als Mädchen, sie könnten unterschiedliche Mischverhältnisse ausprobieren, dann könnten es auch Z Gruppen sein." "Vielleicht erfahren wir es ja im sicheren Hafen, da muss ja zumindest Gruppe B auch hin. Nicht wahr, Alexa?" Den Schluss rief Izzy mehr als das sie ihn sage, da Alexa hinter Ethan ging, welcher hinter Jacob ging, welcher hinter Jas kam, sie musste also ein ganzes Stückchen überwinden. Erst kam keine Antwort, dann hörte man Ethan: "Das bringt nichts, zu nicken. Das kann Izzy nicht hören, du musst schon sprechen!" Nick musste Lachen und auch Izzy und Jas grinsten, die Neue schien wirklich gar nicht so übel in die Gruppe zu passen.
Doch dann passierte, wovor sie einander die ganze Zeit warnten. Ethan war rückwärts gelaufen, um sich mit Alexa zu unterhalten, doch der Boden war uneben und von größeren Felsbrocken übersät. Und als er gerade über seine Schulter blickte, er wollte den anderen Alexas Antwort zurufen, fiel er über einen dieser Brocken, wankte ein bisschen und fiel schließlich zu Boden, nur war dort keiner mehr. Der schmale Weg bot nicht genug Platz, um quer darauf zu liegen und so viel Ethan haltlos ins Leere. Schnell versuchte er sich an den trockenen Pflanzen am Rande festzuhalten, doch er hatte keine Möglichkeit mehr. Etwa zweieinhalb Meter tiefer landete er auf dem steinigen Weg, den sie erst kurz zuvor hinter sich gelassen hatten.
"ETHAN!", brüllte Nick mit Angst in der Stimme und Verzweiflung in den Augen. Sie alle waren eine große Familie, doch trotzdem gab es engere und lockere Bindungen. Und ihre war so fest wie kaum eine. So sehr sie sich unterschieden, so glichen sie sich auch. Nach außen wirkte Nick zwar um einiges offener und wortreicher als der ruhige Ethan, doch beide konnten Schweigen und keiner sprach gerne über seine Gefühle. Und so wie Nick sich als Anführer um die Gruppe kümmert, übernimmt Ethan die kleinen Aufgaben und kümmert sich um Alexa, keiner von beiden hätte sie je zurückgelassen. Unvorsichtig und viel zu schnell drängte Nick sich nun an den Wieslingen vorbei und warf sich auf den Boden, den Kopf über die Kante gestreckt: "Ethan! Hörst du mich? Ethan?" Doch es folgte keine Antwort und so sprang Nick fluchend wieder auf um, gefolgt von Jacob und Izzy, den Weg zurück zu laufen. Liam und Jas brachten solange von beiden Seiten der Reihe Ruhe in die Gruppe, vergeblich natürlich.
Alle drei Helfer sanken neben Ethan auf den staubigen Boden. Jacob, der auf der Wieser Arzt gewesen war, kontrollierte Atmung und Puls, die beide noch vorhanden waren. Kaum war er fertig mit dem berichten, öffnete Ethan auch schon flackernd die Augen und stöhne schmerzverzerrt auf: "Mein Bein!" "Spürst du es noch?", war Jacobs erste Frage, denn er hatte Sorge, Ethan könnte sich eine Rückenverletzung zugezogen haben, doch der Junge nickte: "Ich kann es auch bewegen, aber rechts und mein Hinterkopf tun verdammt weh." "Nur das?", hakte Jacob unsicher nach. "Nein, alles ein bisschen. Aber das habt ihr bestimmt erwartet", er mustert die Felswand zu seiner linken: "War ja nicht nur ein Stuhl von dem ich da gefallen bin." Mit Tränen in den Augen lacht Izzy schluchzend auf: "Immerhin kannst du noch Witze machen, was? Du hast uns einen ordentlichen Schrecken eingejagt, du Styroporkopf! Rückwärts laufen, was fällt dir ein." Ethan grinste schief, zu mehr war er noch nicht in der Lage.
Oben berichtete Jas den anderen von den Ereignissen, da Nick sie auf dem Laufenden hielt: "Wir machen hier Pause, es ist Mittag und ohnehin zu heiß. Außerdem ist Ethans Bein vermutlich verstaucht, Jacob will es schienen. Und sie müssen die Kopfwunde und ein paar Schürfwunden reinigen, ansonsten geht es ihm aber ganz gut, wir sollten uns zum Rest gesellen, dann gehen wir weiter, wenn es kühler ist." Dieser Plan gefiel auch den Wieslingen, die oben geblieben waren und so machten sie sich auf den Rückweg.

Mehr als vier Stunden waren sie dort geblieben, wo Ethan gelandet war. Sie hatten ein bisschen was gegessen, geschlafen, Ethan verarztet, ein Schien gebaut und die Vorräte neu verteilt, als es ihnen kühl genug erschien und sie die Pause nicht weiter in die Länge ziehen wollten machte sich die Gruppe erneut auf den schwierigen Marsch. Doch auch wenn es in den Abendstunden immer kühler wurde, mussten sie durch die Verletzung vermehrt Pausen einlegen, da Ethan das Bein nicht so lange am Stück belasten konnte und auch die Person, die ihn stützte gewechselt werden musste. Ihr größtes Glück war dabei, dass der Weg bald wieder breiter wurde und man Ethan bald auf beiden Seiten unterstützen konnte.
So hatten sie in den Morgenstunden des zwölften Tages ihrer Reise zwar noch nicht den Gipfel erreicht, doch zur Mitte des Tages hin, müssten sie es wohl schaffen. Und das war laut Liam auch ihr Ziel. Er wollte wieder zur Mittagszeit rasten und erhoffte sich Schatten, wenn sie erst einmal über die Mitte des Berges hinaus waren. Die hohen Felswände und engen Wege brachten immer mal wieder schattige Abschnitte mit sich, doch es reichte kaum, um ihnen den Marsch in den steigenden Temperaturen zu erleichtern.
Doch gegen 12 Uhr hatten sie es dann tatsächlich geschafft, zu beiden Seiten ragte der Gipfel ihres Berges auf und sie konnten endlich die andere Seite sehen. Zu ihrer Enttäuschung sahen sie erneut nur Wüste, endlose Wüste. "Also den Hafen habe ich mir anders vorgestellt", stellte Maddi nüchtern fest und erhielt zustimmendes murmeln von allen Seiten. "Wir sollten uns ein schattiges Plätzchen suchen, es wird immer heißer, besonders hier oben", schlug Liam daraufhin ebenfalls ein wenig ernüchtert vor und machte sich auf den Weg nach unten, nur diesmal auf der Nordseite des Berges. Müde und verschwitzt sammelte die Gruppe sich unter einem Felsvorsprung und richtete sich für ein paar Stunden entspannten Schlaf im lang ersehnten Schatten ein.

In den frühen Abendstunden machten sie sich dann erfrischt und endlich einmal wieder motiviert daran, ihren Weg fortzusetzen. Und so liefen sie Stunde um Stunde, die gesamte Nacht durch mit nur wenigen Pausen. Nun hatten sie endlich ihr Ziel vor Augen. Auch am nächsten Morgen kamen sie gut voran, zumindest mit weniger Pausen als gewöhnlich, denn es gab auf der Schattenseite mehr Bäume und vor allem Pflanzen, die ihnen Schatten spendeten. Allerdings hinderten diese sie auch daran, schnell voranzukommen, da sie sich immer wieder im Gestrüpp verhedderten und andauernd auf ihre Füße schauten. Und so benötigte der Abstieg mehr Zeit als der Aufstieg, doch schon bald näherten sie sich dem sandigen Boden und dem nächsten Abschnitt ihrer Reise.

~C4

C-18 Der Restbestand || Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt