Kapitel 22

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Als schon fast der nächste Tag anbrach erreichten sie den Fuß des Berges und somit erneut die endlosen weiten der Wüste. "Na das passt doch, kaum ist es dunkel, haben wir keinen Schatten mehr", stellte Liam fest und versuchte somit, die Gruppe zu motivierend. Die Stimmung war nicht besser geworden, je weiter die Zeit verstrich und je weiter sie in Richtung Norden erkennen konnten, dass dort einfach nichts war, umso dunkler wurde die Stimmung.
"Haltet mal alle an!", rief Izzy nach einer Weile des stillen Wanderns leise von vorne und kniff die Augen zusammen, um die Gestalt vor sich besser erkennen zu können. Höchstens hundert Meter entfernt stand ein Mann, vielleicht einen Meter achtzig groß und breit gebaut. In diesem Moment drehte er sich um und leuchtete mit seiner Taschenlampe auf die Gruppe. Sie alle kniffen die Augen zusammen und wichen ein paar Schritte zurück, doch sie hatten keine Möglichkeit sich zu verstecken, wollten es aber auch gar nicht, da sie mehr als in der Überzahl waren und mit dem Mann keine Probleme haben sollten.
"Wer sind Sie?", rief Nick daher laut zu dem Mann, den man wegen seines Lichtes nicht erkennen konnte. Er machte sich nicht die Mühe zurückzurufen sondern ging geradewegs auf sie zu, erst dann sprach er, mit einer kratzigen Stimme: "Ich komme von ANGST. Ihr habt den Sicheren Hafen fast erreicht. Bitte folgt mir jetzt."
   Dieses Mal zögerten die Wieslinge keine Sekunde, bevor sie den Anweisungen folgten. Ihre gesamte Reise hatten sie nichts anderes getan, als auf ANGST zu hören und es gab keinen Grund, nun plötzlich zu vanderlieren. Sie waren durch die Hölle geschickt worden, doch immerhin war es kein fieser Trick gewesen, das Ziel war echt und endlich greifbar.
   Eine Stunde lang folgten die dem Mann und währenddessen ging hinter ihnen die Sonne auf. Sie waren wohl ein wenig zu weit nach Osten gelaufen, denn nun führte der Mann sie stetig gen Westen. "Was erwartete uns als nächstes?", wollte Nick kurz vor dem Ende ihres Marschen dann doch von dem Mann erfahren, da er ungeduldig wurde und sich über die Gruppe eine unangenehme Spannung gelegt hatte. "Das wisst ihr nicht?", fragte der Mann mit einem zynischen Grinsen: "Ich habe keine Idee. Ihr vielleicht? Jacob?" Nick drehte sich verwundert zu seinem Freund, der neben ihm ging: "Warum fragt er dich?" Dieser zuckte nur angespannt mit den Schultern: "Ich vermute mal, weil ich das Lexikon bin."
Da schaltete auch Mo sich in das Gespräch ein: "Kein sehr gutes, du ruhst dich zu sehr auf den Lorbeeren aus. Auf der Wiese, ja, da wusstest du alles. Aber seit du dein Tattoo hast hältst du dich aus allem raus und hilfst fast gar nicht mehr." Erneut sprach der Mann von ANGST zu ihnen: "Mo, du scheinst dich von deinem Freund ziemlich verraten zu fühlen, nicht wahr?" Mo überlegte einen Moment, stand dann jedoch zu seinem Freund: "Nein, nicht verraten, es enttäuscht mich, aber ich denke, er tut was er kann." "Interessant", murmelte der Erwachsene daraufhin nur und ging zu einem anderen Grüppchen.
"Guten Tag die Damen. Wie ist die Stimmung?" "Kommt auf Sie an, denke ich mal. Wollen Sie uns weiter quälen oder dürfen wir jetzt?", fragte Jas bissig und betonte das Sie jedes mal so, dass er genau erkannte, dass sie ihn nicht respektierte. "Oho, nicht so angriffslustig bitte. Es wartet nur noch eine Aufgabe auf euch und die könnt ihr alle schaffen. Notfalls habt ihr doch ein hilfreichen Genie dabei, oder nicht?", forschte er weiter und betrachtete ihre Gesichter genau. "Jacob kannte sich auf der Wiese wohl besser aus als in einer Wüste, man kann nicht alles wissen", rechtfertigte Izzy den Jungen sofort, doch Maddi redete dazwischen: "Ein Lexikon sollte allerdings alles wissen. Als würde er uns nichts verraten wollen." Sie richtete ihre Worte nicht an den Mann, denn auch sie vertraute ihm nicht, doch natürlich hörte er Maddis Worte trotzdem und reagierte darauf: "Das ist aber merkwürdig, ich war mir bei ihm so sicher, dass er alles weiß." Dann blickte er nach vorne und sah einen Zaun, daraufhin verließ er die Mädchen und stellte sich vor die Gruppe:
"Dies ist eure letzte Aufgabe. Überwindet den Parcours in zwei Stunden, dann erreicht ihr ein Berk, welches euch in Sicherheit bringt. Wenn ihr es nicht in der vorgegeben Zeit schafft, fliegt es trotzdem und ihr seid frei, aber krank. Viel Erfolg!"

Hinter dem drei Meter hohen Zaun erstreckte sich ein Fußballfeldgroßer Parcours mit einem geschlängelten Weg, sie konnten jedoch nicht einfach darüber laufen, da ihr Weg durch Stacheldraht festgelegt war. "Da ist ein Schild dran", stellte Ethan fest: "Unter Strom. Schade." Daraufhin machten einige von ihnen, die versuchen wollten, einfach hinüber oder unterdurch zu gelangen und vielleicht ein paar Kratzer zu erhalten einen Schritt zurück und versammelten sich stattdessen vor dem eigentlichen Eingang. "Wir haben eine Stunde, wir müssen ein letztes Mal konzentriert zusammenarbeiten, dann können wir uns endlich erholen, dann wird alles wieder gut. Also, los geht's!"
Die ersten Aufgaben waren Krafttests, sie mussten über tiefe Löcher springen, klettern, Steine aus dem Weg rollen und an einem Seil über ein Becken voll von einer heißen Flüssigkeit schwingen. "Das ist wie an dem ausgetrockneten Fluss in der Wüste", stellte Izzy fest und so kamen sie ohne Probleme schnell und koordiniert hinüber.
Nachdem sie den ersten Block gemeistert hatten, kamen sie an die Gleichgewichtsübungen. Der Blick der Neuen sprach Bände, sie blickte verunsichert zu Ethan, doch dieser beruhigte sie leise: "Wir schaffen das alle, keine Sorge." Zunächst überquerten sie einen schmalen Balken, link und rechts ein Gitter aus den elektrischen Drähten. Als Alexa an der Reihe war schickte Ethan zuerst Izzy, die sich inzwischen besser mit ihr verstand, auf die andere Seite, damit sie den Blickkontakt zu ihr halten konnte. Alexa ging also, mit Izzy als Fixpunkt, langsam los und Ethan stieg direkt hinter hier auf den Balken, die Hände an ihren Seiten, jedoch ohne sie zu berühren. Schließlich schaffte sie die Überquerung und war blass und zittrig: "Alles gut. Danke." Zwar waren sie von ihren Worten nicht überzeugt, doch es warteten noch weitere Aufgaben auf sie.
Doch auch nach diesem Teil des Parcours war er noch nicht vorbei, auch wenn schon eine Dreiviertelstunde vorbei war, fehlte noch ein Drittel. Die Denkaufgaben.
Es stand alle paar Meter ein Pult mit einem Tablet, dahinter eine stromdurchflossene Schranke. Die ersten Fragen waren Logik-, Mathematik- und Technikfragen, die lösten sie gemeinsam, diskutierten nur selten und immer mindestens einer war sich sicher bei der Antwort. Es fehlten nun noch zwei Tablets, doch nun wurden die Fragen tückischer.
"Wie viele Tage ist eure Ankunft auf der Wiese her?" Eine Weile waren sie still, dann murmelte Jas eine Zahl und erklärte dann: "14 Tage Wüste, drei Tage in dem merkwürdigen Haus, 112 bis wir alle Karten hatten, neun Tage bis zur Flucht. 138." Liam nickte: "112 mal waren wir da draußen, so wichtig und doch habe ich es mir nicht gemerkt." "Keine Bange", grinste sie: "Ohne die Karten hätte ich es auch nicht mehr gewusst." Also tippten sie die Zahl ein und die Schranke eröffnete ihnen den Weg zum letzten Tablet.
"An welchem Wochentag wurdet ihr ins Labyrinth geschickt?" Schockiert blickten sie einander an. Das Berk war keine fünfzig Meter entfernt und die Rampe war bereits geöffnet. Sie hatten noch zwei Minuten. "Welcher Tag ist denn heute? Dann könnten wir vielleicht zurück zählen?", wand Nick sich hoffnungsvoll an Felix, doch dieser blickte ebenso verwirrt drein wie der Rest: "Wir haben keinen Kalender, wir sind seit Monaten hier draußen, da interessiert das eigentlich niemanden." "Die Chance ist immerhin eins zu sieben, dass wir es schaffen. Und vielleicht haben wir ja drei versuche", versuchte Jas es leise, doch sie nahm ihre Idee selbst nicht ernst.
"Die Leute von ANGST mögen ja die größten Styroporköpfe der ganzen Welt sein, aber sie machen keine unmögliche Frage, sie testen uns, es muss machbar sein", stellte Nick entschlossen fest und wand sich zu Jacob: "Also Lexikon, kann ich mal was in deinem Kopf nachschlagen?" Dieser zuckte jedoch nur und zitterte vor Anspannung, doch eine Antwort kam nicht über seine Lippen.
"Noch eine Minute. Wir müssen auch noch zum Berk. Jetzt oder nie", stellte Liam fest und blickte noch ein letztes Mal in die Runde, bevor er ihr Schicksal in die Hand nahm und den Finger dem Tablet näherte, um sie mit einer Wahrscheinlichkeit von über achtzig Prozent umzubringen.
"Stopp!" Jacobs leiser und gequälter Ruf unterbrach Liam im letzten Moment. Alle blickten ihn an und er trat auf das Tablet zu, dann wählte er entschlossen einen Tag aus und das Display leuchtete grün auf. Nick warf ihm einen wutverzerrten Blick zu, dann rannte er ohne ein weiteres Wort zu verlieren los und die Gruppe folgte, auch Jacob, wenn auch mit Abstand und Tränen in den Augen.

C-18 Der Restbestand || Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt