bloody scars

Prolog

,,Bis morgen", sagte Beth, als sie sich umarmten und bevor sie sich der eben einfahrenden U- Bahn zuwandte.
Sie stieg ein, winkte theatralisch mit der rechten Hand und strich sich mit der linken eine ihrer unzähligen roten Locken aus ihrem rundlichen, von Sommersprossen übersäten Gesicht.
„Bis dann", erwiderte sie; mehr als eine Art Selbstgespräch, statt als Antwort zu ihrer besten Freundin, kaum hörbar und mit den Gedanken schon so gut wie zu Hause in ihrem Bett mit Netflix und einem Stück der Lasagne ihrer Mutter.
Es war kurz nach 23:30Uhr, als sie die Treppen des U-Bahnhofs Berlin-Zehlendorf nach oben stieg.
Der Herbstwind wehte die goldbraunen Blätter auf dem Bürgersteig um ihre Stiefelletten, die so schwarz waren, wie ihr Mantel und die schulterlangen französisch geflochtenen Zöpfe.
Sie umklammerte die Plastiktüte, in der sich die Kleidung, die sie sich an diesem Nachmittag und Abend beim Shoppen mit Bethany gekauft hatte, befand, und beschleunigte ihre Schritte, in der Hoffnung, durch diesen Laufschritt weniger zu frieren.
Die Nacht war mond- und sternenlos, wolkenverhangen, später sollte es gewittern.
Letzteres hatte sie am Morgen in den Nachrichten gehört, sich allerdings nichts dabei gedacht, weil sie geplant hatte, schon viel früher, als zu dieser Uhrzeit - mittlerweile standen beide Zeiger ihrer Armbanduhr fast auf 12 - wieder daheim zu sein.
Sie hatte einfach die Zeit vergessen; wie jedes Mal, wenn sie mit Beth unterwegs war.
Wie sie so darüber nachdachte, wie sie möglichst leise genug, um ihre Eltern nicht zu wecken, in ihr Zimmer gelangen konnte, versank sie so sehr in Gedanken, dass sie ihre Umgebung immer weniger wahrnahm.
Den Wind,
die goldbraunen Blätter auf dem Bürgersteig,
die Kälte,
das fahle Licht der Straßenlaternen,
das ferne Donnerrollen,
selbst den Mann,
der sich ihr, im schwarzen Sweatshirt, dessen Kapuze er sich tief ins Gesicht gezogen hatte,
leise, wie eine Katze näherte,
bemerkte sie nicht..