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"Erzähl mir alles! Jedes Detail!", rief Taehyung ungeduldig und sprang von der Couch auf, auf der er bis eben noch gesessen hatte.

Jimin war gerade eben zur Tür herein getreten und trug ein vielsagendes Lächeln auf den Lippen. Er war am gestrigen Abend mit Suga mitgegangen und hatte die Nacht mit ihm verbracht.

Sein Mitbewohner eilte auf ihn zu, griff nach seinem Arm und zog ihn geradewegs auf die Küche zu. Der Kunststudent kannte dieses Lächeln und er wusste, dass sein bester Freund ihm nun einiges zu erzählen hatte.

"Ich koche Tee und du redest!"
Der Größere setzte sogleich Wasser auf. Zum Glück waren die beiden ganz vernarrt in das wohltuende Getränk, denn bei welcher Gelegenheit würden sie sich sonst so klischeehaft von allen Neuigkeiten berichten, die sich in ihren Leben ereigneten?

Als beide kurze Zeit später mit einer dampfenden Tasse vor sich am Tisch saßen und Jimin noch immer stumm vor sich hin grinste, wusste Taehyung bereits, was vorgefallen sein musste.

Der frei sichtbare Knutschfleck an seinem Hals untermauerte die Annahme des Kunststudenten zusätzlich.

"Ihr habt es getan, hab ich Recht?"

Jimins Grinsen wurde unweigerlich breiter. "Und wie. Tae, das hättest du sehen müssen. Es war einfach perfekt."

"Wer bist du? Bei Jeongguk hast du Monate gebraucht, bis du dich überhaupt mal ganz vor ihm ausgezogen hast."

"Jeongguk war ja auch der erste Mensch, dem ich so nah gekommen bin. Ich weiß auch nicht. Dieser Suga hat irgendetwas an sich. Er ist einfach einer dieser Typen bei denen du denkst: 'Fuck, lass mich dir deine Hose ausziehen.' Du weißt schon, was ich meine."

"Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie stolz ich auf dich bin. Du hast dir den Typen einfach gegönnt. Du hast dich darauf eingelassen, Jimin. Und du hattest augenscheinlich die Nacht deines Lebens. So macht man das!"

Jimin schmunzelte leicht beschämt. "Ja, ich hab das aber echt nicht kommen sehen."

"Dafür hast du ihn kommen sehen."

"Man Tae, du bist unmöglich. Aber ja, das habe ich und es war ein wunderschöner Anblick." Auf dem Gesicht des Studenten bildete sich ein siegessicheres Grinsen.

"Wie kam es denn überhaupt dazu?", wollte Taehyung, neugierig wie er war, wissen und nippte vorsichtig an seinem dampfenden Tee.

"Naja, es lag die ganze Zeit etwas in der Luft, weißt du? Und wir haben über meine Obsession für Süßigkeiten geredet und er meinte dann, dass ich sicher genauso süß schmecke, wie Zuckerwatte. Da war es um mich geschehen."

"Wow, der Typ weiß wie." Taehyung nickte anerkennend. "Und war das eine einmalige Sache?"

Jimins Gesichtsausdruck schlug in Grübeln um. "Keine Ahnung. Ich meine, ich hoffe nicht, dass es dabei bleibt. Ich habe seine Handynmmer, aber ich weiß wirklich nicht, wie man sowas macht."

"Da du noch ein Frischling in der Welt der zwanglosen Vögelei ohne Verpflichtungen bist, lass mich dir eines sagen: Bitte steigere dich nicht in etwas rein. Ich kenne dich, Jimin. Und ich weiß, dass du dir, ganz unabhängig davon, dass es biologisch nicht möglich ist, schon vorgestellt hast, wie eure Kinder wohl aussehen würden. Aber du musst Ruhe bewahren."

"Das tue ich. Ich bin ganz ruhig.", murmelte Jimin und fixierte mit seinen Augen den Tee, der in seiner milden, grünen Farbe friedlich in der Tasse verweilte.

"Das kauf' ich dir nicht ab. Jimin, du machst dir über so ziemlich alles Gedanken. Außerdem funkeln deine Augen extrem verräterisch."

Der Kleinere seufzte betroffen. "Du hast ja Recht, Tae. Wie machst du das nur immer? Wie kannst du anderen so nah sein, ohne dich Hals über Kopf in sie zu verlieben?"

"Weil es das nur in Filmen gibt. Dass zwei Menschen eine ungezwungene, lockere Verbindung ohne romantische Hintergedanken eingehen und im Endeffekt entgegen aller Erwartungen beide in gleichem Maße Gefühle füreinander entwickeln. Das ist eine unrealistische Wunschvorstellung."

"Aber Tae, man muss doch etwas füreinander übrig haben, um sich so bedingungslos aufeinander einzulassen, oder nicht? Ich rede ja nicht von tieferen Gefühlen, geschweige denn von Liebe. Ich meine damit einfach eine gewisse Chemie. Und wenn du mit jemandem solche persönlichen Dinge teilst, mit dem du dich unleugbar auf einer Wellenlänge befindest, ist es dann nicht möglich, dass mehr daraus wird?"

"Natürlich ist das möglich, aber das doch gerade das Schöne an Verbindungen, die man nicht näher definiert. Man lässt alles auf sich zukommen und hat nicht von Anfang an eine gewisse Erwartungshaltung."

Jimin seufzte frustiert auf. Sein bester Freund hatte Recht. Er war ohnehin viel besser in solchen Dingen und Jimin war schon immer ein hoffnungsloser Romantiker gewesen und würde es wohl auch bleiben.

"Na gut, du hast ja Recht. Aber lass uns bitte nicht weiter darüber reden, sonst muss ich mich heute Abend wohl oder übel betrinken. Wie lief es denn bei dir heute Nacht? Hoseok war doch noch hier, oder nicht?"

"Mit diesem Thema brauchen wir gar nicht erst anzufangen.", murmelte Taehyung tonlos.

"Ist wieder nichts zwischen euch passiert?", fragte Jimin hörbar verwundert. Das sah seinem Mitbewohner gar nicht ähnlich. Er hatte, soweit der Student wusste, noch nie Probleme damit gehabt, jemanden um den Finger zu wickeln.

"Nein, ich meine, wir haben ein wenig gekuschelt. Das war schon mal ein guter Anfang, doch er hat mir anschließend keine Signale gesendet. Ich weiß nicht, ich hatte das Gefühl, ich hätte ihn damit überfallen, wenn ich etwas versucht hätte und das wollte ich nicht."

"Wie rücksichtsvoll von dir!", sprach Jimin seinem entmutigten besten Freund zu.

"Ja, es ist ja auch alles in Ordnung, aber Jimin, ich weiß nicht, irgendwie habe ich die Befürchtung, dass er nicht wirklich etwas von mir will und irgendwie ... stört mich das."

"Ich glaube nicht, dass er nichts von dir will. Auf dem Jahrmarkt hat er dich am laufenden Band angeschmachtet."

Taehyung spielte unschlüssig mit seiner Tasse herum. "Aber normalerweise würde mich das nicht so sehr beschäftigen. Werde ich vielleicht zu einem Narzissten?"

Jimin schmunzelte belustigt. Taehyung war für gewöhnlich nicht der Typ Mensch, der sich so viele Gedanken machte. Er nahm schon immer alles so, wie es kam und den Jungen mit dem rosafarbenen Haar amüsierte es ungemein, seinen lässigen Mitbewohner einmal in einer solchen Situation zu sehen.

"Ich glaube, du bist es einfach nicht gewohnt, dass dir jemand deine Spielchen so schwer macht."

Cotton Candy | Yoonmin [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt