Geweckt wurde ich mit den Worten „Junges Fräulein, wir sind da, alle sind schon ausgestiegen" der älteren Dame die eben noch neben mir saß aber nun schon fast außer Sichtweite war. War ich wirklich eingeschlafen? Das musste ich wohl, sonst hätte ich mitbekommen, dass wir gelandet sind. Schnell packte ich meine Kopfhörer in meine Jackentasche, packte meinen Rucksack und stolperte wortwörtlich aus dem Flugzeug.
Wow, das war es jetzt wohl, das war das Land mit dem ich mich mein ganzes Leben lang verbunden fühlte. Das war das Land, das mir Hoffnung gab wenn ich nicht mehr wusste woran ich glauben sollte oder wer ich war. Aber gerade war mir einfach nur eiskalt und deswegen zog ich den Reißverschluss meines grauen Parkers etwas weiter nach oben. Wenigstens hatte ich mich für meine schwarzen Stiefletten entschieden und nicht wie sonst immer meine Vans angezogen. Aber ich hätte definitiv einen Schal in meinen Rucksack packen sollen, weil hier hatte es sicherlich weniger als 5 Grad, in Österreich hatten wir 17 Grad. Wahnsinn, was 2 Stunden Flug alles so ausmachen konnten.
Ich lief in Richtung der Gepäckausgabe um meinen Koffer und meine Gitarre zu holen, welche zum Glück auch recht zügig kamen. Am Rücken meinen Rucksack, in der einen Hand mein riesiger Koffer und in der anderen mein Gitarrenkoffer, so spazierte ich aus der Flughafenhalle direkt zum ersten Taxi was ich sehen konnte und zeigte dem Fahrer die Adresse meiner Absteige. Schön dumm eigentlich von mir in ein Land zu fliegen wo ich nicht mal den Straßennamen meiner Pension aussprechen konnte, und hier wollte ich wirklich längerfristig bleiben.
An meiner Pension angekommen, war ich erstmals sehr überrascht. Es war ein kleines Häuschen an einer Hauptstraße direkt in Helsinki. Mit der gelben Fassade sah es etwas verträumt aus zwischen den Häusern in allen möglichen Grautönen. Ich klopfte an der Tür und es öffnete mir eine kleine, festere Frau, ich schätzte sie auf ca. 65 Jahre, die mich freundlich begrüßte und hinein bat. Sie zeigte mir mein Zimmer, erklärte mir in sehr schlechtem Englisch wann es frühstück geben würde und dass ich mich nur bei ihr melden solle, falls ich etwas brauchte. Mit diesen Worten drückte sie mir ein Zettelchen in die Hand mit ihrer Telefonnummer und der Nummer des Festnetzanschlusses ihres kleinen Büros im Erdgeschoss.
Mein Zimmer war im 1. Stock die letzte Tür im Flur auf der rechten Seite. Die Treppe in den ersten Stock war eine uralte Holztreppe und der Flur selbst hatte grünen Teppichboden und es war eine alte, dunkle Holzverkleidung an den Wänden angebracht. Von der Decke hingen einzelne Glühbirnen, was mir aber sehr gefiel, weil sie größer waren als normale Glühbirnen und daher sah das ganze wunderschön aus. Es gab noch 5 andere Zimmer außer meinem, ich wusste allerdings nicht ob diese auch vermietet waren oder vielleicht auch nur private Zimmer hinter den dunklen Eichenholztüren steckten.
Als ich mein Zimmer betrat, fiel mir zuerst das wunderschöne Himmelbett ins Auge. Es war ein kleines Zimmer und das Himmelbett war auch schon etwas älter, aber dennoch war es das schönste Bett auf dem ich je geschlafen hatte und definitiv das Beste im Vergleich zu der Matratze auf der ich die letzten Monate geschlafen hatte. In der Ecke stand ein kleiner Holzschrank, der definitiv für all mein Gewand reichte, denn so viel hatte ich nicht, und daneben ein kleiner Tisch mit einem Stuhl, auf dem ich vorerst meinen Koffer ablegte. Eine Tür führte ins angeschlossene Badezimmer in dem ich feststellen musste, dass ich wohl erstmals eine richtige Dusche für mich allein hatte. Im Kinderheim, oder besser gesagt in der Anstalt für schwierige Kinder, hatten wir nur Gemeinschaftsduschen, die ich damals eher mied, weil mich sowieso alle nur wegen meines Körpers auslachten. Ich war mit 8 Jahren an einem Autounfall beteiligt gewesen, weswegen mein Bauch und meine Oberschenkel von Brandnarben geziert wurden. Und als ich mit 16 von dort abgehaut bin, zog ich direkt zu einem 10 Jahre älteren Mann, welcher mich wie sich rausstellte nur benutzte und dann begann ich zu sparen. Ich kellnerte Tag ein Tag aus um so schnell wie möglich weg zu können. Und hier war ich nun, allein in Finnland. Von meinem Ersparten könnte ich mir das Zimmer noch eine Woche leisten, vielleicht sogar 2, aber essen musste ich schließlich auch. Deswegen musste ich mir einen Job suchen, so schnell wie möglich.
Ich ließ mich erst mal aufs Bett fallen um im Kopf alles nochmal durchzugehen. Ich musste einen Job finden, am besten als Kellnerin und den Rest wollte ich mit Straßenmusik verdienen. Ich entschied mich aber zuerst meinen Koffer auszupacken und dann erst in Richtung der Innenstadt aufzubrechen.
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The madness - two worlds collide (Sunrise Avenue)
FanfictionWas passiert wenn 2 Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten, aufeinander treffen? Und wenn alles schließlich explodiert, wer wird dann wohl gewinnen? Dies ist keine normale Geschichte, sie handelt von einem Mädchen mit einer fürchterlich...