Ausschlussverfahren

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Das Vertrauen auf der Insel war endgültig ausgelastet, nachdem sogar Easn, die friedlichste Person hier, zum Mörder mutierte.
Den neun Freunden war nun klar, dass dieser "Virus", wie man es nennen könnte, jeden angreifen könnte. Er schrecke nicht mal vor den reinsten Seelen zurück und das war das Beängstigende daran. Niemand war vertrauenswürdig.
Schon in den frühen Morgenstunden reckten sich Osaft und Kedos in ihren provisorischen Betten. Ein Gähnen hallte durch den Raum und ein zweites folgte kurz danach. " Wir sind uns wohl sympathisch." sagte Osaft lächelnd. Kedos erschrak ein wenig, weil er nicht erwartet hätte, dass sein Gegenüber anfangen würde zu sprechen. Als er sich wieder gefasst hatte, lächelte er matt. "Scheinbar." erwiderte er freundlich. Dennoch schwang diese gewisse Spur an Misstrauen mit. Immerhin war, laut Kedos, Osaft noch nicht 'mutiert' und könnte deswegen auch durchdrehen. Kedos hatte über die Tage der Massaker ein mögliches System erdacht. Seine Vermutung war, dass jeder einmal zum Mörder werden würde, somit waren nur noch vier Personen übrig, die noch nicht gemordet hatten. Diese waren Maudado, Manu, Holly und Osaft. Deswegen bestand eine 25% Chance, dass Osaft durchdrehen würde. Kedos hatte normalerweise Spaß den Ermittler zu spielen, jedoch war das bitterer Ernst. Es ging hier um echte Menschenleben und nicht um Charaktere aus Krimis, die abgeschlachtet wurden. Kedos Theorie hatte nur einen Hacken. Sie war nur eine Theorie und deswegen nicht bestätigt. Also könnte jeder der Nächste sein, oder eben nur die vier Hauptverdächtigen. Dann waren da noch diese Buchstaben, die Kedos nicht aus dem Kopf gingen. Bevor der Mörder ihn ermordete, sagte er einen bestimmen Buchstaben. Was hatte das bloß zu bedeuten? Er überlegte genau und kam zu keiner plausiblen Erklärung. "Alles okay, Kedos?" fragte Osaft plötzlich. Der Angesprochene zuckte zusammen. Osaft hatte ihn komplett aus den Gedanken gerissen. Dabei hatte Kedos gerade eine Spur gehabt. Nun war die wieder fort.
"Alles gut." antwortete Kedos. Er lächelte matt zu Osaft. "Über was hast du nachgedacht?" fragte Osaft neugierig. Seine Augen funkelten interessiert. Kedos war unwohl dabei, Osaft seine Theorie zu erklären. Immerhin war Osaft kein unbedeutender Teil darin. Deswegen brachte sich Kedos dazu seinen Freund anzulügen. "Ich dachte nur darüber nach, wie lange wir hier noch sein müssen." erklärte er. Osaft erkannte die Lüge sofort, sprach seinen Freund jedoch nicht darauf an. Sie alle hatten es hier schwer und Osaft respektierte es, wenn Kedos seine Geheimnisse brauchte. Daraufhin wechselte Kedos das Thema und die Beiden unterhielten sich eine Weile.
Die Konversation wurde je unterbrochen, als Zombey schweißgebadet aus dem Schlaf schreckte. Ein leiser Schrei entwich seiner Kehle. Er atmete hektisch. Seine Blicke flogen ziellos durch den Raum. Kedos zuckte erneut zusammen und blickte erschrocken zu seinem Freund. Osaft handelte sofort. Er setzte sich neben Zombey und strich ihm beruhigend über den nassen Rücken. "Psst, alles wird gut." sagte er ruhig. Zombey schüttelte heftig den Kopf. Er zitterte am ganzen Körper. "Möchtest du darüber reden?" fragte Kedos hilfsbereit. Er hatte Mitleid für Zombey. Die letzten Tage mussten für ihn die pure Hölle gewesen sein. Zombey schüttelte erneut den Kopf.
Zombey's Schrei hatte zwei andere Personen geweckt. Delay und MrMore schlugen ihre Augen auf und blickten sich verwirrt, nach der Quelle des Lautes, um. Relativ schnell war ihnen klar, dass Zombey geschrien hatte. Deswegen erhoben sie sich und setzten sich ebenfalls zu Zombey.
Dessen Atem hatte sich etwas beruhigt. "Was ist passiert?" fragte MrMore besorgt. Zombey war sein Freund und MrMoregame sorgte sich sehr um seinen Freund. Osaft war einen Blick zu MrMore, der aussagte, dass er sich noch etwas gedulden sollte. Eine Zeit lang herrschte Stille. Zombey genoss die beruhigende Stille. Er hatte einen schrecklichen Albtraum, der sich unglaublich real angefühlt hatte. Am Ende des Traumes sah er ein Wort oder eher einen Namen. Zombey versuchte sich krampfhaft an ihn zu erinnern, jedoch scheiterte er. Der Traum war wahrlich angsteinflößend. Nach diesem Traum stellte stellte sich Zombey eine Frage. Er atmete tief durch. "Antwortet bitte ehrlich. Vertraut ihr mir?" fragte er gefasst. Die Umsitzenden blickte verwundert zu ihm. Zombey's Blick ließ keine Widerrede zu. Osaft nickte sicher. Er lächelte aufmunternd. MrMore nickte ebenfalls. Seine Gesichtszüge wirkten jedoch etwas unsicherer als die Osaft's. "Nein." sagte Kedos gelassen. "Tut mir leid." setzte er hinzu. Es war nur seine ehrliche Antwort. Genauer gesagt vertraute er keinem mehr. "Es muss dir nicht leid tun. Ich wollte eine ehrliche Antwort und ich respektiere das. An eurer Stelle würde ich mir auch nicht mehr vertrauen." Zombey würde traurig, als er seinen Satz beendete. "Es ist nichts persönliches." sagte Kedos. Er wollte keinesfalls Zombey in irgendeiner Weise verletzten. "Ich weiß." erwiderte der. " Wir stehen das schon durch." sagte Delay aufmunternd. Das war das Erste, was er bisher gesagt hatte. "Ich muss mich jedoch leider Kedos anschließen. Die Sache in der Kanalisation kann ich leider so schnell nicht vergessen."setzte er hinzu.
"Das war nicht Zombey." sagte plötzlich Holly, der scheinbar auch aufgewacht war. Die Anderen blickten verwundert zu ihm. "Aber das ist unmöglich! Ich habe doch Zombey gesehen. Das weiß ich ganz genau." sagte Kedos widerstrebend. Holly schüttelte leicht den Kopf und setzte sich neben Osaft. Sein Blick wanderte über die Gruppe. Ein Wunder, dass Maudado, Manu und Easn noch nicht erwacht waren. "Ist das wahr, Zombey?" fragte Delay verwirrt. Der nickte. "Manu hat mich überwältigt und meine Identität angenommen." erklärte er. Seine Stimme wurde Wort für Wort brüchiger. Ihn schien ziemlich fertig zu machen. "Das heißt-" murmelte Kedos, so leise, dass es keiner der Anwesenden gehört hatte. Nun gab es einen Verdächtigen weniger, sollte seine Theorie der Wahrheit entsprechen. Damit waren die anderen Drei umso verdächtiger. "Aber wie ist es möglich, dass man die Identität eines Anderen annehmen kann? Wenn das einfach so geht, dann ich ja zum Beispiel eigentlich Manu oder Kedos sein und ihr würdet nichts ahnen." sagte Delay. Angst lag in seiner Stimme. "Ich glaube es ist ein spezielles Messer, mit dem man die DNA aufnimmt." sagte Zombey nachdenklich. Sein Traum war nun komplett in Vergessenheit geraten, jedoch blieb immer noch ein Teil des Schocks. "Holly?" fragte MrMore den Schwarzhaarigen. "Ja." antwortete der. "Du bist doch Maudado's Helfer. Könntest du ihn später mal darauf ansprechen." Beendete MrMoregame seine Frage. Holly nickte. "Das bringt uns, aber auch nicht weiter. Der Mörder hat bestimmt wieder neue Waffen und hat es nicht nötig unsere Identität zu stehlen." sagte Delay niedergeschlagen. Die momentane Situation zerrte allen an den Nerven.
Mit einem Mal ertönte ein leidenschaftliches Gähnen aus Maudado's Bett. Der reckte und streckte sich ausgiebig. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen. Dann setzte er sich auf. "Guten Morgen. Was wird denn hier für eine Party gefeiert? Und wieso bin ich nicht eingeladen?" fragte Maudado mit verschmitztem Lächeln. Er schien außerordentlich fröhlich zu sein. "Was zieht ihr denn alle für Gesichter? Ich finde wir haben genug Trübsal geblasen. Wenn wir zusammenhalten, dann machen wir den Mörder platt." sagte er motiviert.
"Maudado hat Recht." sagte Osaft nun genauso motiviert. " Ich stimme ihm ebenfalls zu." sagte Kedos. "Obwohl unsere Chance schwindend gering erscheint." fügte er hinzu. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. "Ich bin raus." sagte Delay der kalt und stand auf. "Wenn wir die ganze Zeit aufeinander hocken, dann braucht der Mörder doch nur einmal rumballern, seinen behinderten Buchstaben rufen und wir sind alle Geschichte." sagte er wutentbrannt. Er stellte sich hin verließ den Raum. Man hörte noch das morsche Holz der Treppe zur Spitze des Leuchtturmes.
"Ich spreche mal mit ihm." sagte Holly besorgt und folgte Delay. Was war nur in Delay gefahren?
Maudado's Stimmung sank wieder. Sein Enthusiasmus schwand fast. Es blieb nur ein kleiner Funken davon übrig. Das Holz der Treppe knarzte erneut. "Leute, was hab ich verpasst?" fragte Manu verschlafen aus seinem Bett. Auch er setzte sich zusammen mit Maudado zu den Anderen. Zombey machte sich Sorgen, um Delay. "Ich glaube, ich versuche auch nochmal mit Delay zu sprechen." sagte er und wandte sich der Treppe zu. " Ich dachte wir wollten zusammenbleiben." sagte Maudado geknickt. Er hatte sich so sehr erhofft, dass seine Strategie Wirkung zeigen würde. "Es tut mir leid Maudado, aber Delay hat nicht gerade Unrecht." erwiderte Zombey. Mit diesem Worten knarzten die Treppen ein drittes Mal. "Und was machen wir jetzt?" fragte Kedos nachdenklich. "Wie wäre es, wenn wir erstmal etwas essen." schlug MrMore, mi knurrendem Magen, vor. Maudado kicherte leise. "Du kannst auch immer an Essen denken." sagte er. MrMore zuckte mit den Schultern. Essen war halt toll. Was anderes konnte man nicht behaupten.
"Guten Morgen." sagte nun Easn, der als Letzter aufwachte.
"Du hast Glück. Du hast unsere kleine Depri-Party verpasst." sagte Osaft lächelnd. Er versuchte seine gute Laune beizubehalten, jedoch fiel es ihm zunehmend schwerer. " Ich hol kurz ein paar Melonen. Bin gleich wieder da." sagte Maudado und verließ das Haus. Nun war auch der Rest seiner Zuversichtlichkeit verschwunden. Als Maudado heute morgen aufgewacht war, hatte er das starke Gefühl gehabt, dass alles wieder gut werden würde. Nun war er wieder in die Hoffnunglosigkeit dieser Insel gerutscht und fand keinen Ausweg mehr. Hatte das alles überhaupt einen Sinn? Na ja, außer alle Freundschaften zu zerreißen, Misstrauen zu schüren und Personen zu brechen. Maudado hatte das Lager kurze Zeit später erreicht. Er schnappte sich eine große Melone und machte sich auf den Weg zurück.
Plötzlich schnellte etwas durch die Luft und die Melone in Maudado's Arm zersprang in viele kleine Teile. Maudado erschrak fürchterlich und eher er sich versah, gesellte er sich zu der Melone am Boden. Die Beiden hatten eins gemeinsam. Aus ihnen lief rote Flüssigkeit, die sich auf dem Boden ausbreitete. Nur, dass die Flüssigkeit der Melone blasser war, als die der Person, die neben der Melone lag. Nun würde MrMore wohl selber aufstehen müssen, wenn er so großen Hunger hatte.

Wer ist der Nächste?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt