Dieser Typ hatte seine Drohung wirklich wahr gemacht.
Er war in den Laden gekommen. Jeden verdammten Abend. Fast eine ganze Woche lang.
Und er hatte sich eindeutig lustig gemacht über Jin. Und ganz besonders über dessen Reaktion, immer wenn ihre Blicke sich trafen.
Es war zum Haare raufen.
Das machte der mit Absicht, ganz bestimmt. Weil er wusste, dass Jin sich nicht konzentrieren konnte.
Dass er unter der intensiven Beobachtung unsicher wurde und sich nicht wie gewohnt verstellen konnte.
Allmählich musste Jin sich eingestehen, dass er, sollte sich dieses Spiel noch länger hinziehen, irgendwann doch nachgeben würde.
Nicht nur, um seine Ruhe zu haben. Irgendwie war er neugierig.
Er wollte wissen, warum sich jemand allen Ernstes so eine Mühe machte und so verdammt viel Zeit investierte, nur um ihm vielleicht ein Stück näher zu kommen.
Das Geld, was Jin ihm berechnet hätte, natürlich nur theoretisch, war durch die regelmäßigen Besuche im Club bereits verdreifacht worden.
Würde jemand tatsächlich so viel ausgeben, wenn es tatsächlich nur um Sex ging?
Scheinbar schon, wie Jin entsetzt feststellen musste.
Nein, er hatte keine Halluzinationen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckte er wirklich den Blonden, der ihm seit Tagen nicht aus dem Kopf ging.
Man könnte erst meinen, der Unbekannte verfolge ihn. Was wirklich richtig gruselig wäre.
Aber die unerwartete Begegnung schien eher Zufall, war der großgewachsene Mann doch in ein Gespräch vertieft. Mit einem deutlich jüngeren Schüler.
Jin musste sich zurückhalten, dass ihm der Kiefer nicht runterklappte.
Wie zur Salzsäule erstarrt stand er einfach nur da, besah sich die beiden. Wie sie immer wieder lachten und der Ältere dem Schüler dabei die Hand auf den Oberarm legte.
War das sein verfluchter Ernst?
Musste dieses Arschloch seinem ekelhaften Trieb auch noch in aller Öffentlichkeit nachgehen?
Es war eine Sache, sich irgendwelche vermeintlich leichtgläubigen Opfer nachts in undurchsichtigen Bars zu suchen. Aber mitten auf der Straße? Vor seinen Augen?
Sollte er das einfach durchgehen lassen?
Sich innerlich selbst Mut zusprechend straffte er die Schultern, setzte sich langsam in Bewegung.
Als er die Straße zur Hälfte überquert hatte, überlegte er krampfhaft, was er eigentlich tun sollte. Oder sagen.
Er konnte ihm ja schlecht eine Szene machen so auf offener Straße.
Wahrscheinlich war er deshalb auch froh, als der Blonde sich von dem Schüler plötzlich verabschiedete. Das machte es zumindest einfacher herauszufinden, was hier eigentlich vor sich ging.
Noch einmal tief durchatmend trat Jin einen Schritt auf den jungen Mann zu, der einen knappen Kopf kleiner als er selbst war.
"Hallo, darf ich dich was fragen?", wandt er sich an den Schüler mit dem leichten Rotstich in den hell blondierten Haaren.
"Klar, was gibt es?", grinste dieser breit zu ihm hinauf.
"Dieser Mann gerade eben...", begann Jin stirnrunzelnd, war er doch überrascht von dem fröhlichen Auftreten des Schülers, der ihn sofort noch breiter grinsend unterbrach: "Du meinst Namjoon? Kennst du ihn?"
Der Dunkelhaarige stutzte.
Namjoon also. Merkwürdig. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er bisher noch gar nicht seinen Namen kannte.
In Gedanken wiederholte er den Namen immer wieder, einem Mantra gleich.
"Hast du es auch schon mit ihm gemacht?", fragte der Jüngere plötzlich, riss Jin so aus seinen Gedanken.
"Was?", stotterte er, glaubte, sich verhört zu haben.
"Er ist wirklich toll. Und vor allem so einfühlsam. Besonders, wenn es das erste Mal ist.", plapperte der Schüler ohne Unterlass weiter. Sorgte so dafür, dass Jin ihn nur fassungslos anstarrte.
"Ich hab es jetzt schon dreimal mit ihm gemacht und werde von mal zu Mal besser.", sagte er stolz.
"Aber..", Jin schluckte schwer. "Du bist doch noch so jung. Das ist doch verboten."
"Ach Quatsch.", winkte der Jüngere ab. "Namjoon hat extra meine Mutter gefragt und die hatte absolut nichts dagegen. Was wahrscheinlich auch an der Bezahlung lag."
Bitte was?
Jin wurde schlecht. Was waren das bitte für Eltern, die so etwas zuließen?
"Sie hätte sogar zugucken können. Aber das wollte ich dann doch nicht, weil es schon ziemlich privat ist, nicht?", grinsend blickte der Schüler ihn an, ehe er noch breiter lächelte. "Hey, Namjoon. Ich hab ihm gerade von dir erzählt."
Überrascht drehte Jin sich nach hinten um, genau in das Blickfeld des blonden Unbekannten.
"Hallo, was machst du hier?", lächelte dieser ihm freundlich entgegen. "Hast du dir mein Angebot nochmal überlegt?"
Es dauerte einige Sekunden, bis Jin aus seiner Starre erwachte. Bis sein Hirn die neuen Informationen verarbeitet hatte.
Aber dann ging alles ganz schnell.
"Du ekelhaftes pädophiles Arschloch!", brüllte er, schlug mit der flachen Hand auf ihn ein. "Wie kannst du nur so abartig sein und denken, mit Geld alles kaufen zu können?"
Namjoon schien erst komplett entgeistert, ehe sich irgendwas in seiner Mimik veränderte.
Reflexartig ergriff er Jins Unterarm, hielt ihn so ab vom weiteren Schlagen.
Und zog ihn mit sich. Ohne große Anstrengung.
"Was soll das? Lass mich los!", der Dunkelhaarige versuchte, sich irgendwie zu befreien, hatte aber absolut keine Chance gegen den scheinbar weitaus körperlich überlegeneren Namjoon.
Großer Gott, was hatte er vor?
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Focus //Namjin//
FanfictionIn seinem Job hat er gelernt, dass nichts echt ist. Weder Worte, Berührungen oder gar Gefühle. Wenn alles eine perfekte Lüge ist, warum sollte er ausgerechnet jemandem glauben, der die Wirklichkeit mit einem Filter überdecken kann?