25. Liebe & Angst

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Quinns Sicht

Mitten in der Nacht sorgt lautes Hämmern an meiner Tür dafür, dass ich vor Schreck aus dem Bett falle und fast einen Herzinfarkt erleide.

Laut fluchend reibe ich mir den Kopf, den ich mir an meinem Nachttisch gestoßen habe und stehe auf. Ich schlinge mir die Decke um meinen Körper und laufe mit klopfendem Herzen zur Tür, bevor ich durch die Spion sehe.

Als ich entdecke, wer mich mitten in der Nacht aus dem Bett wirft, werde ich sauer. Den ganzen verdammten Tag habe ich wie eine Besessene auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet und nun hat Noah wirklich noch die Dreistigkeit mich aus dem Schlaf zu reißen und mich ganz nebenbei noch zu Tode zu erschrecken.

Ich schließe die Tür auf und bevor ich irgendetwas zu ihm sagen kann, wirft Noah sich in meine Arme. Völlig überrumpelt lasse ich die Decke fallen und schließe meine Arme um ihn. Im selben Moment bemerke ich, dass er zittert und klitschenass ist. Sein Schluchzen lässt bei mir alle Alarmglocken schrillen und ich halte ihn fest in meinen Armen.

Sofort ist mein Unmut wie verflogen und ich habe tausende Fragen im Kopf. Allen voran natürlich, warum er weint.

»Was ist passiert?«, flüstere ich leise und löse mich nach einer Weile von ihm. Mit geröteten Augen sieht er mich an und es bricht mir das Herz ihn so zu sehen.

»Leo ist im Krankenhaus. Wir waren heute Nachmittag mit Chloe unterwegs, weil sie eigentlich morgen abreisen wollte. Ich... ich wusste nicht, dass er eine Allergie gegen Erdnüsse hat. J-Josie hat nie etwas erwähnt und auch Chloe wusste nichts davon. Wir waren Eis essen und Leo wollte unbedingt eine Kugel von dem Eis, das nach Snickers schmeckt. Kaum hatte er daran geleckt, hat er auch schon keine Luft mehr bekommen. Ich war völlig unfähig etwas zu machen, Quinn. Ich konnte nicht reagieren. Erst als Chloe sich neben mich kniete und Leo hochgehoben hat, habe ich gemerkt, was passiert.«

»Wie geht es ihm?«, frage ich und streiche einmal über seine Wange.

»Mittlerweile wieder gut. Er hat ein Antihistaminikum bekommen und soll jetzt noch heute Nacht zur Überwachung dableiben. Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist, aber ich kriege dieses Bild nicht mehr aus dem Kopf. Er hat geweint und sein Kopf ist merkwürdig angeschwollen. Er hat um jeden Luftzug gekämpft, den er kriegen konnte und doch war es nicht genug. Wie konnte mir das denn nur entgehen, Quinn? Ich bin ein schlechter Vater.«

Ich schüttele vehement den Kopf, als diese Worte seine Lippen verlassen.

»Das bist du nicht, Noah. Du bist der beste Vater, den sich eine Frau für sein Kind nur wünschen kann. Allergien können entweder von Geburt an da sein oder aber sich im Laufe des Lebens noch entwickeln, was ich bei Leo vermute. Dich trifft keine Schuld, Noah. Auch, wenn du erst geschockt warst – das wäre jeder in so einer Situation. Ich kann zwar nicht nachempfinden, wie es wäre, wenn es mein Kind wäre, aber ich wäre sicherlich auch geschockt«, sage ich und lasse ihn langsam los.

Dann hebe ich meine Decke hoch und ziehe ihn mit mir ins Wohnzimmer, wo ich ihn auf die Couch drücke, damit er wir nicht länger im Flur rumstehen.

»Ist Chloe jetzt bei ihm?«

Noah nickt.

»Sie hat mich weggeschickt. Ich wäre fast eingeschlafen, weil ich so erschöpft war, aber gleichzeitig wollte ich Leo nicht aus den Augen lassen«, erklärt er und ich nicke.

»Es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Ich habe die Nachrichten erst dann gelesen, als ich gerade losgefahren bin«, entschuldigt er sich und nimmt meine Hand.

»Ist schon gut. Ich habe gedacht, du hast es dir vielleicht anders überlegt«, erwidere ich und streiche ihm durchs Gesicht.

Er schüttelt den Kopf und ich kriege ein paar Tropfen aus seinen Haaren ab.

The Lies You ToldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt