20. Enttäuschung

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Quinns Sicht

Zwei Wochen später

Wie sehr man einen Menschen liebt, merkt man erst, wenn er nicht mehr da ist. Erst, wenn der Schmerz und der Verlust sich bemerkbar machen, spürt man die tiefe Verbundenheit und die Reue der schlechten Momente. Dinge, die man gesagt hat. Taten, die gefolgt sind.

Für mich ist es noch immer schwer zu ertragen, dass ich meinem Dad nicht noch einmal sagen konnte, wie sehr ich ihn liebe und wie dankbar ich ihm für die letzten Jahre gewesen bin.

Ein tiefer Schmerz sitzt noch immer in meinem Herzen und ich weiß nicht, ob es jemals nicht mehr weh tun wird.

Niemals werde ich ihn jemals wiedersehen können, seine Stimme hören oder sein Lächeln sehen, das mich immer dazu angestiftet hat, ebenfalls zu lächeln.

Mein Dad war für uns Kinder ein Held, der unsere Welt nach dem Verschwinden meiner Mutter langsam wieder zusammengesetzt hat. Er hat uns allein aufgezogen, uns ein Zuhause gegeben und uns zu Menschen erzogen, auf die er stolz war.

Auch, wenn er kein Mensch war, der viele Gefühle gezeigt hat oder viel gesprochen hat, man wusste immer, woran man bei ihm war.

Es ist schade, dass unsere Zeit nicht länger war, aber wir haben das Beste daraus gemacht und ich versuche mich nur auf die schönen Dingen zu konzentrieren, wenn ich an ihn denke.

Die letzten zwei Wochen waren anstrengend und haben sehr an meinen Nerven gezerrt, weswegen ich auch nicht in der Schule war. Meine Ärztin hat mich glücklicherweise krankgeschrieben, damit ich wieder auf Kurs komme.

Die Beerdigung meines Dads war wunderschön, was auch zunächst an Noahs Organisationstalent gelegen hat. Er war die Tage nach dem Tod meines Vaters stets an meiner Seite und hat mir immer den Rücken freigehalten.

Uns allen.

Nur mit ihm an der Seite hatten wir einen Plan, wie es weitegehen kann und ich bin ihm mehr als dankbar für alles, was er in den letzten zwei Wochen für mich und meine Geschwister getan hat.

Als alles vorüber war und ich einen Moment lang nachdenken konnte, kam auch das Chaos in meinem Kopf wieder zurück, was Josh und Noah betraf.

Seit zwei Wochen versuchte Josh mich anzurufen und hatte mir unzählige Nachrichten geschickt. Es tat mir leid, dass ich ihm nicht geantwortet hatte, aber ich konnte nicht. Ich wollte ihm nicht noch mehr wehtun, indem ich ihm sagte, dass ich ihn nicht sehen wollen würde – zumindest was die Situation momentan betraf.

Er war zu gut für mich, genauso wie es Noah auch war.

Noah und Josh waren zwei Männer, die nicht perfekter sein könnten und doch konnte ich mich einfach nicht entscheiden.

Innerlich hatte ich mich längst entschieden, doch mein Verstand sagte mir immer wieder, dass Noah mich angelogen hatte. Immer wieder hatte er mir eine Lüge aufgetischt, wenn er auf eine weitere ‚Geschäftsreise' musste, die es eigentlich gar nicht gab.

Seit ein paar Tagen herrschte auch zwischen uns Funkstille, weil ich mir einfach nicht klar wurde, was ich tun soll.

Ich habe mich noch nie in einem Beziehungsdreieck wiedergefunden und ich finde es schrecklich, dass es überhaupt so weit gekommen ist.

Ich weiß, dass ich beide nicht länger hinhalten sollte, aber wie sollte ich mich entscheiden?

Soll ich auf mein Bauchgefühl vertrauen und Noah vergeben, damit wir unsere Ehe retten können?

Oder soll mein Verstand die Oberhand gewinnen und ich soll die Beziehung mit Josh vertiefen?

Gott, warum musste immer alles so verdammt kompliziert sein?

The Lies You ToldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt