21. Nummer Zwei

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Quinns Sicht

Wenige Tage später wird es Zeit nicht länger zuhause zu sitzen, sondern weiterzuleben, auch wenn mich die Auseinandersetzung mit Josh und Noah erneut runtergezogen hat.

Ich glaube, ich habe noch nie so viel Fast Food oder Eis in mich gestopft und meinen Kummer mit Wein flüchtig gemacht. Dementsprechend sieht meine Wohnung auch aus. Das Aufräumen und Putzen hat also im Endeffekt nur solange ausgereicht bis die beiden Männer sich aus dem Staub gemacht haben.

Und dabei kann ich ihnen es nicht einmal verübeln. Ich habe beide verarscht und verletzt, besonders Josh.

Ich habe noch nie jemanden betrogen und es macht mich fertig, dass ich auch nur daran gedacht habe, auch wenn meine Sinne durch den Alkohol vollkommen benebelt waren und ich nicht wusste, was ich tue.

Gott, wie konnte ich nur so dumm sein und glauben, dass Alkohol meine Sehnsucht zu Noah lindern könnte? Im Endeffekt bin ich so oder so bei ihm gelandet und wäre ich direkt zu ihm gefahren hätte ich mir diese Schuldgefühle wenigstens gespart.

Ich schlage die Tür meines Wagens zu und sehe, dass auch Josh gerade auf den Parkplatz gefahren kommt, weswegen ich in meiner Bewegung stocke.

Als er seinen Wagen in einer Parklücke abstellt, schnappe ich mir meine Tasche und gehe auf ihn zu. Er steigt aus und verharrt kurz, als er mich sieht. Dann läuft er zu seinem Kofferraum und öffnet diesen.

«Josh?», frage ich leise und er schließt kurz die Augen, ehe er seufzt und sich mir zuwendet.

«Was kann ich für dich tun?», fragt er und ich schlucke, als ich seinen Gesichtsausdruck sehe, an dem allein ich schuld bin.

Seine Augen leuchten nicht mehr, seine Lippen sind zu einer geraden Linie verzogen und insgesamt strahlt er nicht mehr die Wärme aus, wie er es vor ein paar Wochen noch getan hat.

Ich allein bin schuld an diesem Schlamassel. Ich habe zwei Menschen verletzt, die mir wichtig sind und weiß nicht, ob sie mir das jemals verzeihen können. Josh hätte genauso gut das Recht zu reagieren, wie ich es getan habe, als Noah mir seine Lügen gebeichtet hat.

«Können wir vielleicht reden? Ich möchte mich bei dir entschuldigen», sage ich leise und blicke ihn traurig an.

Nervös fahre ich durch meine blonden Haare und warte seine Antwort ab.

«Ich wollte auch mit dir reden, Quinn. Ich komme heute Mittag zu dir in die Klasse, dann können wir reden, okay?»

Schnell nicke und ich wundere mich, dass er so schnell eingewilligt hat. Ich weiß noch genau, dass ich lange nicht mit Noah gesprochen habe, bevor ich ihm mitgeteilt habe, dass ich die Scheidung einreichen werde.

«Das ist okay. Ich warte auf dich», sage ich und er nickt, bevor er seinen Kofferraum schließt.

Schweigend laufen wir unseren Weg in die Schule, bevor Josh ohne ein weiteres Wort in einen anderen Gang abbiegt, der zu seinem Klassenzimmer führt.

Ich seufze leise und habe jetzt schon Angst vor unserem Gespräch, das leider längst überfällig ist.

***

Kaum klingelt es zur Mittagspause, schlägt mein Herz ein kleines Bisschen schneller. Den ganzen Tag über war ich so in Gedanken, dass ich meine Schüler heute mit vielen Arbeitsaufträgen versorgt habe und so meine Gedanken ordnen konnte.

Die ganze Zeit kann ich nicht still sitzen, weiß nicht, was ich mit meinen Händen anfangen soll und kann auch nicht verhindern, dass ich leicht schwitze.

The Lies You ToldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt