8 - Gespräch

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Brad hatte sich nicht mehr bei Haven gemeldet, als das Telefonat abgebrochen ist. Ehrlich gesagt, wollte Brad sich auch gar nicht mehr melden. Er hatte nicht vor, Haven zu ignorieren, aber er hatte einfach keine Lust mehr, ihre Ausreden zu hören.

Brad war verletzt, sein Herz schien angerissen zu sein, weil Haven ihn immer wieder belügt hatte. Er wusste nun aber wieso - Brad hatte sich alles selbst zusammensetzen können.

Haven hingegen wurde hektisch, weil sie weder ihre Mutter noch Brad erreichen konnte. Falls Sharon Brad davon erzählen wollte, hätte Haven sie davon abhalten können. Insofern Sharon ihn nicht mit ins Haus genommen und ihm alles erzählt hatte.

Daher dass sie aber keinen erreichen konnte, wusste sie auch nicht, was zu diesem Zeitpunkt Zuhause passierte.

Haven saß erschöpft in ihrem Bett und lies die Füße aus ihrem Bett hängen, blickte durch das große Fenster ihres Zimmers. Heute scheint seit längerem Tagen leicht die Sonne und der Erdboden schien endlich wieder vom Regen getrocknet zu sein. Haven war lange nicht mehr an der frischen Luft.

Sie wollte es noch einmal bei Brad versuchen, doch auch bei dem letzten Versuch hatte sie ihn nicht ans Telefon bekommen. Ihr liefen Tränen aus den Augen - was ist, wenn Brad nie wieder mit ihr redete?

Haven malte sich in ihrem Kopf ein weiteres Szenario aus und verursachte immer mehr Stress in ihrem Körper. Auf ihrer Stirn kamen kleine Schweißperlen auf, die sie sofort wegwischte.

Sie hörte, wie die Tür aufging, drehte sich aber nicht um. Egal wer es war, sie wollte nun mit keinem reden.

"Hey Haven.", sprach eine weibliche Stimme, die sie nicht zuordnen konnte. "Ich kümmere mich nur um das zweite Bett. Lass dich nicht von mir stören."

Haven nickte und stellte fest, dass es nur eine Krankenschwester war. "Alles okay."

Sie hörte sich weinerlich an und auch der Krankenschwester wurde bewusst, dass es Haven in diesem Moment nicht gut ging. Sie trat näher an Havens Bett und lies sich neben ihr auf dem Bett nieder.

"Was ist denn los? Wieso weinst du?", fragte die Blonde und sah mit Besorgnis zu Haven.

Diese schüttelte nur schwach ihre Schultern und wusste gar nicht, wie sie reagieren sollte.

"Ich habe gerade einen wunderbaren Jungen verscheucht, weil ich nicht ehrlich zu ihm war.", begann Haven und versuchte vergeblich eine weitere Welle an Tränen zurückzuhalten. "Als ich ihn kennenlernte, habe ich nicht gewollt, dass er von der Leukämie erfuhr. Jedesmal wenn ich zur Therapie musste oder es mir schlecht ging, habe ich ihm eine neue Ausrede erzählt. Er hat es anscheinend rausgefunden, vielleicht auch nicht - ich habe keine Ahnung."

Die Krankenschwester, auf dessen Namensschild Sophie stand, strich Haven den Rücken auf und ab, damit sie sich etwas beruhigte. Aufregung ist das letzte, was die Krebskranke nun gebrauchen konnte.

"Ich nehme mal ganz ironisch an, dass es sich hier nicht nur um eine Freundschaft handelt?", fragte Sophie und bekam von Haven nur ein kurzes Nicken. "Also falls er dich wirklich mag, wird er auch die Krankheit akzeptieren und deine Ausreden. Vielleicht kann er nachvollziehen, dass er dich als normales Mädchen kennenlernen sollte."

Die Worte von Sophie brachten Haven erneut zum nachdenken. Vielleicht hatte sie recht und Haven musste nur mit Brad reden - falls er dazu überhaupt noch bereit war.

"Ich muss jetzt leider weiter arbeiten, aber ich bin für dich da, ja?", versicherte Sophie und stand auf, um sich um das zweite Krankenbett zu kümmern. Schon in ein paar Stunden soll hier ein kleines Mädchen das zweite Bett besetzen. Sie hatte ebenfalls Leukämie.

Haven schrieb Brad eine Nachricht - in der Hoffnung, dass er wenigstens diese lesen würde.

Haven: Ich denke, es wäre Zeit dass wir miteinander über alles reden

"Ich verschwinde dann wieder. Wenn was ist einfach klingeln.", sagte Sophie und verschwindet zur Tür hinaus. Haven hätte ebenfalls liebendgerne das Zimmer verlassen. Sie war noch nie eine Person, die sich in ihrem Zimmer verschanzte und tagelang nicht an die Luft ging. Die Krankheit hat so einiges bezüglich der Tatsache geändert.

Haven liebte es im Sommer nach Hastings zu fahren. Dort war die meistens für ein Wochenende mit ihren Freunden, da ihre beste Freundin dort eine Ferienwohnung besaß. Es war der perfekte Ort um die ein oder andere Party zu feiern. Haven liebte es ebenfalls, im Winter durch den Schnee zu laufen. Abends ging sie immer eine kleine Runde, hörte dabei Musik oder lauschte dem Knirschen des Schnees bei jedem neuen Schritt. Sie hatte aus jeder Jahreszeit und aus jedem Wetter das Beste herausgeholt - und jetzt?

Jetzt interessierte sie sich nicht mal mehr dafür, welches Wetter an manchen Tagen sein Unwesen trieb. Haven wurde durch die Krankheit lustlos und kümmerte sich nur noch um die wichtigen Dinge - Chemo, Genesung und die Familie. Das waren die einzigen drei Dinge, die sie bevorzugte und fokussierte.

Ihr Klingelton und das Vibrieren ihres Handys holte sie in die Gegenwart zurück. Sie schnappte sich ihr Handy, entsperrte es und konnte eine Nachricht von Brad ausmachen.

Brad: das denke ich auch

Kein Smiley, kein Herz. Kein Zeichen dafür, wie Brad in diesem Moment gelaunt war. Brad hatte sich wieder gefasst und war nun endlich wieder nach Hause gekommen. Er verschwand in seinem Zimmer, legte sich neben Jesse in sein Bett und redete mit ihr über belanglose Dinge. Jesse war für Brad wie eine beste Freundin, die nie antwortete. Doch er erzählte ihr trotzdem eine Menge.

"Ach Jesse, zum Glück musst du dich nicht mit nervigen Gefühlen herumschlagen. Wir haben dich alle lieb und du hast uns lieb. Kein einziges Problem.", sagte Brad gedankenverloren. "Und ich wusste bis eben nicht, wie stark meine Gefühle geworden sind..."

Ja, es stimmte. Brad hatte sich an diesem Nachmittag seine Gefühle für das todkranke Mädchen eingestanden. Er hatte sie zugelassen und lange darüber nachgedacht, was als nächstes passieren sollte. Wie er es anstellen sollte und was bei dem Gespräch mit Haven rauskam, wusste es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Aber bald würde er es herausfinden.

Seine Mutter klopfte an seiner Zimmertür.

"Hey Brad. Tristan hat mich gerade angerufen, du hast anscheinend die Bandprobe vergessen.", meinte sie. Brad sprang sofort auf, schlüpfte in seine Boots und verließ schnellstmöglich das Haus.

Eins war sicher; die Jungs würden Brad umbringen.

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Ja ja, so langsam kommen Gefühle mit ins Spiel...

Before I Go [Brad Simpson FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt