Miserabel. 05.12.

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Am nächsten Morgen, sein Vater hatte noch nicht auf seinen Brief geantwortet, in dem er um ein Treffen bat, verschloss er seine Wohnungstür und nahm die Treppe, die nach unten führte. Auf der zweiten Etage begegnete er Granger, die ebenfalls den Weg ins Erdgeschoss einschlug. Nachdenklich stellte er fest, dass sie gar nicht gut aussah. Ihre Haare waren, wenn es denn möglich war, noch unordentlicher als sonst, ihre Augen gerötet, ihr Gesicht aufgedunsen. Traurig erwiderte sie seinen Blick, bemerkte, dass er auf der letzten Stufe zu ihrem Stockwerk stehengeblieben war, und setzte ihren Weg fort, ohne ihm weiter Aufmerksamkeit zu schenken. Ihre Schritte waren zügig, als er versuchte sie auf dem Gehweg einzuholen.

„Granger, warte!", er wusste selbst nicht was in ihn gefahren war.

Sie hörte seine Worte und wartete, bis er schwer atmend neben ihr stand. Langsamer setzten sie ihren Weg fort, sie darauf bedacht, ihn nicht anzusehen.

„Gibt's was neues?"

„Was?", leise entkam das Wort ihren Lippen.

„Die Journalistin.", klärte er auf. Kurz schossen ihre Augen zu ihm, bevor sie wieder das Kopfsteinpflaster auf dem Boden betrachtete.

„Ja, also... sie hat mir den genannt, der es ihr erzählt hat. Wir haben ihn aufgesucht und verhört. Danach sein Gedächtnis verändert. Ich denke das ist jetzt vorbei."

Er musste sich wirklich anstrengen, um sie zu verstehen. Vielleicht war sie heiser, hatten sie und ihr Mann die vorherige Nacht doch wieder für Stunden gestritten. Es störte ihn, dass sie in seine Umgebung eindrang und ihn mit ihren Konflikten bedrängte, sodass er sich zwangsweise damit auseinandersetzen musste. Er wollte das alles gar nicht wissen. Würde er nicht über ihr Wohnen, hätte ihr sie auch nicht mehr gesehen, bis jemand einen schwarzmagischen Zauber in der Anwesenheit von Muggeln ausübte, verstand sich.

„Und die Journalistin?"

„Ihr Gedächtnis auch. Die Leser der Geschichte werden es als Scherz abtun, wir haben sie einen Rückruf schreiben lassen.", murmelte sie. Sie trank einen Schluck aus einem Becher, den sie in ihrer Hand hielt. Erst jetzt fiel er ihm auf.

„Das hört sich doch gut an.", mit leicht freudiger Stimme hoffte er sie erheitern zu können, zumindest für den Moment, wo sie sich nicht mit ihrem Mann umgab. Bitter lächelte sie ihn an.

„Malfoy, es ist alles okay."

„Ich habe nicht gefragt, ob alles okay ist.", säuerlich verzog er seinen Mund, das bittere Lächeln in ihrem Gesicht verschwand.

„Okay."

Schweigend kamen sie im Rathaus an, flohten ins Atrium. Durchquerten es und betraten den Aufzug, der sie in die jeweiligen Abteilungen transportierte, Draco musste ihn vor ihr verlassen. Bevor er den Fahrstuhl jedoch verschwinden ließ, drehte er sich noch einmal zu ihr um.

„Red' mit Potter, wenn was nicht stimmt.", zischte er ihr zu, ehe er die Hand vom Gitter nahm und es sich verschloss. Energisch ging er zu seinem Büro. Sie machte ihn wütend. Nicht nur war sie unausstehlich, nein, sie sprach nicht darüber, wenn es ein Problem gab und es doch so offensichtlich war. Nie konnte sie ihren Mund halten und jetzt, wo sie immer müde und traurig aussah, sprach sie keine Silbe von allein. Blöde Kuh. Eigentlich interessierte er sich nicht für sie, aber wer sollte mit so einem Trauerkloß arbeiten? Er ganz bestimmt nicht! Aber die anderen Schlangen, die in der Abteilung arbeiteten, waren noch unerträglicher, als die Streberin. Laut schlug er die Tür ins Schloss, setzte sich an seinen Schreibtisch und öffnete die Post, die er vorfand. Ein Brief von seinem Vater bestätigte den Termin am nächsten Nachmittag. Ein anderer Brief erwähnte die Erhöhung der Zaubersteuer, die jeder Zauberer auf die Verwendung seines Zauberstabs entrichten musste, überdies fand er seine Gehaltsabrechnung vor. Damit hatte er vorerst alles Wichtige getan, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte die Decke an.

...

Spät am Abend war er noch immer im Ministerium. Ein neuer Fall, der ihm zu schaffen machte, nahm all seine Ressourcen in Anspruch. Und das obwohl der alte Fall noch nicht gelöst wurde. Wieder einmal waren es Muggel, die es gesehen hatten und deren Gedächtnis verändert werden musste. Aber er war vorgewarnt worden und im Nachhinein könnte er sich selbst dafür verprügeln, weil er nicht das getan hat, das er versprach: Nämlich auf Goyles Vater zu achten. Aber er vermasselte es natürlich gründlich und nun saß der alte Herr in Untersuchungshaft, bis das Ganze geklärt wurde.

Stöhnend erhob er sich, griff nach seinem Mantel und ging zu der Angestellten der Vergissmich-Zentrale, die er am wenigsten nicht-leiden konnte. Oder besser gesagt, dem Häufchen Elend, das sie momentan abgab.

Vorsichtig klopfte er an, in der Hoffnung sie würde erneut zu lang bleiben, worauf ein kaum hörbares „Ja?", ertönte.

„Ich bin es, Malfoy. Wegen des neuen Falls..."

„Komm rein."

Er öffnete die Tür und sah sie auf dem Sofa liegen. In bequemer Kleidung. Das würde sie niemals während ihrer Arbeitszeit im Büro tragen, ging ihm auf.

„Wohnst du jetzt hier?", wollte er entgeistert wissen, ihre Erscheinung brachte ihn dazu. Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung. Setzte sich dann auf.

„Nein. Ich muss nur länger arbeiten... was möchtest du besprechen?"

Sie stützte ihre Arme auf ihren Knien ab. Sie trug nur ein T-Shirt und entblößte damit blaue Flecken auf ihren Armen. Sein forschender Blick blieb nicht unbemerkt. Betont unauffällig zog sie sich einen Pullover über, der auf der Lehne ihres Sofas hing. Er presste seine Lippen aufeinander und sah wieder in ihre Augen.

„Goyles Vater ist in einem Restaurant ausgerastet und hat die Kellnerin mit einem Stupor außer Gefecht gesetzt. Ich finde wir sollten uns diese Nacht darum kümmern. Und da sowieso niemand mehr arbeitet..."

„Ja, ich habe die Liste aller Zeugen erhalten. Die Kamera hat sie ziemlich gut eingefangen.", antwortete sie nickend. „Lass uns gehen, ich muss mich nur kurz anziehen...", raunte sie und erhob sich, leicht schwankte sie, bevor sie festen Stand erreicht hatte.

„Hast du Alkohol getrunken?", entkam es ihm zornig. Wenn sie getrunken hatte konnte er sie nicht mitnehmen.

„Nein quatsch, ich bin auf der Arbeit!", winkte sie ab, ging zu ihrem Kleiderhaken. Schnell folgte er ihr, legte eine Hand auf ihre Schulter und drehte sie, damit sie ihn ansah.

„Hauch mich an!", forderte er, aber sie lachte nur leicht.

„Was soll ich?"

„Mich anhauchen. Wenn du nichts getrunken hast ist das doch kein Problem, oder?", verlangend hielt er ihre Schulter, bedachte nicht, dass sie vielleicht Schmerzen verspürte, aber in diesem Moment, war es ihm egal. Zögerlich kam sie ihm näher und pustete ihm die Luft aus ihrer Lunge entgegen. Gereizt senkte er seine Augenbrauen. „Wein. Du hast getrunken."

„Aber nur zwei Gläser! Komm Malfoy, lass uns das schnell erledigen...", quengelte sie, aber er wollte sie partout nicht unter Alkoholeinfluss mitnehmen, sie konnte doch beim Apparieren zersplintern. Und selbst er hatte ein wenig Verantwortungsbewusstsein.

„Bleib hier. Ich hole Kaffee. In zwei Stunden gehen wir.", schnarrte er und ließ sie stehen, vertraute darauf, dass sie wirklich bleiben würde.

They only hit until you cry. [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt