Skizze. 13.12.

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„Vorerst. Er hat mir nicht geglaubt.", er nickte ihr zu, sie erhob sich und ging zögerlich ein paar Schritte in seine Richtung.

„Scheiße. Was hab ich getan.", flüsterte sie verzweifelt und schlug ihre Hände vor ihren Mund. Ihr verängstigter Blick klammerte sich an ihn.

„Du hast gar nichts getan, die Frage ist, was er getan hat!", polterte Draco. Es machte ihn alles so unfassbar wütend.

„Gar nichts!", antwortete sie atemlos. Ihre Hände fielen herab und sie beschränkte sich darauf ihm einen bösen Blick zuzuwerfen.

„Erzähl doch keine Märchen. Aber okay, wenn du keine Hilfe möchtest, werde ich sie dir nicht aufzwingen. Vor allem nicht, wenn sie von mir kommt.", er winkte ab und wollte gehen, als sie ihre Hand auf seiner Schulter ablegte und ihn davon abhielt.

„Ich bin dankbar für deine Hilfe, wirklich. Aber ich mache es nur schlimmer. Ich muss mit ihm reden."

Auch wenn sie sich ängstlich und zitternd anhörte, konnte er nur mit seinem Kopf schütteln. „Ich verstehe dich nicht. Warum solltest du das tun?"

„Weil er mein Mann ist."

„Bleib wenigstens heute von ihm weg. Wir apparieren gemeinsam zum Rathaus und du musst nicht einmal durch das Treppenhaus gehen, ok?", versöhnlich legte er seine Hand auf ihre, die noch immer auf seiner Schulter lag. Sie fühlte sich kalt an.

...

Nach dem Frühstück gingen sie gemeinsam auf dem üblichen Weg ins Ministerium, ohne, dass sie Wood begegneten. Nur der seltene und ungewohnte Anblick, dass die beiden Kollegen Malfoy und Granger gemeinsam zur Arbeit erschienen, wurde interessiert beäugt. Aber er machte sich nichts daraus, während sie hoffte, dass es niemals bis zu ihrem Mann durchdringen würde.

Sie trennten sich im Fahrstuhl. Sprachen nur wenige Worte miteinander. Anscheinend reichte es für die letzte Nacht erst einmal mit dem Kontakt zwischen ihnen.

Er verbrachte den restlichen Tag an seinem Schreibtisch. Es gab keine neuen Hinweise zu seinem Fall, bisher verliefen sich alle Namen und Spuren im Sand. Der Dieb war mehr als schlau und wusste, wie er entkommen konnte. Draco hoffte in der Zwischenzeit darauf, dass er wiederkommen würde, weil er etwas vergessen hatte oder noch andere Dinge brauchte. Aber daran glaubte er nicht.

Ein weiteres Problem tat sich jedoch auf: die Leiche, die sie bei dem Mord vor ein paar Wochen gefunden hatten, war aus der Untersuchungsabteilung verschwunden. Jetzt grübelte ein Team aus verschiedensten Mitarbeitern darüber nach und war noch immer zu keiner Lösung gekommen. Es war einfach unmöglich. Er war für tot erklärt worden. Nicht einmal der Gerichtsmediziner, der ihn bald hatte aufschneiden wollen, konnte sich das Ganze erklären. Er erinnerte sich an keine besonderen Vorkommnisse, es stellte sich jedoch heraus, dass sich eine winzige Lücke in seinem Gedächtnis befand, die er keineswegs selbst zu verschulden hatte. Aber Draco würde an einem anderen Zeitpunkt darüber nachdenken, denn er war unglaublich müde.

Inzwischen wurde es früh dunkel und so entzündete er bereits vor 16 Uhr den Kerzenhalter, der an der Decke angebracht war. Er skizzierte gedankenverloren auf einem Blatt Pergament mit seiner Feder. Nach seinem Schulabschluss hatte er wenig Zeit dafür gefunden seine Kreativität zu Papier zu bringen, es war ihm während der dunklen Jahre und der Vorkriegszeit ein gutes Ventil gewesen, um seine Erfahrungen auszudrücken.

Ein ganzer Karton mit Zeichnungen, bestehend aus schwarzer Tinte, die seine Gedanken darstellten, befand sich unter seinem Bett und er wollte ihn eigentlich nie wieder öffnen.

Mehrere zarte Striche bildeten eine geschwungene Linie, eine zarte Nase. Darunter ein Mund, der lächelte und glücklich wirkte. Kinn und Wangen waren schmal, aber passten zum Rest des Gesichtes, das er begonnen hatte. Funkelnde Augen mit langen Wimpern und dunklen Iriden sahen ihm entgegen. Wilde, lockige Strähnen fielen der Frau in die Stirn und flossen über ihre Schultern. Und fast war er fertig, dann begriff er, falls er die Skizze beendete, wäre es Granger die er ansehen würde. Schon jetzt war sie ihr viel zu ähnlich. Perplex legte er die Feder bei Seite, faltete das Pergament und steckte es in die Tasche seines Umhangs. Niemand sollte die Skizze je zu Gesicht bekommen.

Die Falte in seinem Mundwinkel vertiefte sich, als er einmal mehr an den Schlamassel dachte. Aber er verdrängte es, so gut es ging, erhob sich und hielt vor seiner Kommode, die neben dem Sofa an der Wand stand. Auf dem dunklen Holz befand sich eine Flasche Whisky, die er einst von seinem Vater geschenkt bekam, als er in seine eigene Wohnung gezogen war. Er mochte Whisky nie besonders und hatte sie daher noch nicht geöffnet, aber jetzt fand er, war es der passende Moment. Er drehte das Glas neben der Flasche um, der Boden, der bisher nach oben gekehrt war, war bereits leicht verstaubt, aber er machte sich nichts daraus. Er stellte das Glas ab und entkorkte den Whisky, goss etwas in das Glas und verschloss ihn wieder. Prüfend schwenkte er die Flüssigkeit und war sich noch nicht ganz sicher darüber, ob er ihn wirklich trinken wollte. Letztendlich setzte er sich vor seinem Kamin auf das Sofa und nippte einmal. Scharf brannte der Alkohol in seiner Speiseröhre und ließ ihn husten. Das Glas stellte er vor sich auf dem Tisch ab.

Eine Stunde später, er ignorierte den Whisky, klopfte es an seiner Bürotür.

„Herein.", brummte er. Langsam drückte jemand die Klinke herunter und Granger schlüpfte in den düsteren Raum. Sie lehnte sich mit ihrem Rücken an die Tür und sah ihn abwartend an. Auch er bedachte sie mit einem analysierenden Blick. Ihre Tasche hing halbherzig über ihrer Schulter, den Umhang hielt sie verkrampft in ihrer Hand.

„Ich hab's mir anders überlegt."

„Wovon sprichst du?"

„Hilfe. Ich brauche Hilfe. Ich ... kann nicht zurück. Weißt du was los war, nachdem er uns zusammen gesehen hat?", ihre Stimme brach, Tränen sammelten sich in ihren Augen.

„Sagst du es mir?", schuldbewusst senkte sie ihren Kopf, eine der Tränen tropfte von ihrer Nase und landete auf ihrer Schuhspitze.

„Ich kann nicht...", sie flüsterte. Er stand auf, legte eine Hand auf ihrer Schulter, sie zuckte nicht zurück und er führte sie zu seinem Sofa, auf dem sie Platz nahm. Erschöpft sank sie in sich zusammen, streifte die Schuhe von den Füßen und zog ihre Beine nah an ihren Oberkörper. Tasche und Mantel landeten auf dem Boden. „Trinkst du den noch?", fragte sie und deutete mit ihrem Kinn auf das Glas.

„Nein.", er nahm es in die Hand und reichte es der jungen Frau, die es gleich umklammerte und einen Schluck nahm. „Was willst du jetzt machen? Willst du nicht lieber mit Potter oder Wiesel reden?"

„Sie würden es nicht verstehen.", verbissen presste sie ihre Kiefer aufeinander, er konnte sehen, wie sich die Muskeln an ihrer Wange und Schläfe anspannten.

„Warum denkst du das? Sie kennen ihn doch auch. Und sie sind deine besten Freunde, meinst du nicht sie würden dir sofort helfen?"

Wieder schüttelte sie nur mit ihrem Kopf und leerte das Glas, das sie nun auf dem Tisch abstellte. „Du sagst es ja selbst. Weil sie ihn kennen, werden sie nichts tun."

„Wiesel schien wütend zu sein. Warum er?", bohrte er weiter und hoffe sie irgendwann zu erweichen, damit sie ihm endlich sagte, was Sache war.

„Wir hatten Streit.", druckste sie herum.

„Aha, und weshalb?", er erhob seine Augenbraue, aber sie sah ihn nicht an und spielte mit ihrem Zauberstab.

„Es... Er...", sie unterbrach sich selbst und holte tief Luft. „Er hat wohl noch Gefühle für mich. Ich möchte aber nicht mit ihm reden. Das ist vorbei und ich bin verheiratet. Wood ist sehr eifersüchtig."

„Dann wird er dir doch erst recht helfen.", auch wenn es ihm nicht passte, aber Weasley war wohl eine bessere Hilfe als er, bedachte man seine jahrelange Freundschaft mit der Hexe.

„Nein. Er würde Wood nur verprügeln, darauf habe ich keine Lust."

„Pff.", verächtlich stieß er die Luft aus seiner Lunge. „Das kann dir doch egal sein. Aber wie du willst. Ich mische mich nicht ein, wie du gesagt hast.", fügte er schulterzuckend an.

„Denkst du manchmal an den Ball?", fragte sie, richtete ihre Augen im Halbdunkeln auf ihn.

...

They only hit until you cry. [Dramione]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt