15 ~ Nun laufe ich

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Nun laufe ich wieder hinter ihm her und betrete den Raum, nach dem er die Tür für mich geöffnet hat, in dem sich ab sofort mein Arbeitsbereich befindet.

„Ich habe die Möbel deiner Vorgängerin entfernen lassen. Ebenso habe ich beauftragt, das Büro nach deinem Stil herzurichten. Es soll zu deiner Zufriedenheit sein und du sollst dich wohlfühlen, auch wenn es dir wie Freiheitsentzug vorkommt."

Ertappt blicke ich auf meine Schuhe und würde mir am liebsten eine klatschen dafür, dass ich diesen Satz geäußert habe.
Elijah wird jetzt immer darauf rumreiten.

„Richte es dir so ein, wie du magst." fügt er noch hinzu und ich muss innerlich mit dem Kopf schütteln.
Er hat doch schon alles geplant und durchdacht, da werde ich garantiert nichts ändern.

Seine Lebensaufgabe ist es, die Fäden in der Hand zu halten.
Kontrolle und Beherrschung müssen doch seinen ganzen Alltag bestimmen.

Kann man so etwas schon als Zwangsstörung betrachten?

Aber den einzigen Fachmann, den ich befragen könnte, ist nun mal der, den ich nicht fragen kann.
Es wäre schlecht, wenn ich ihn fragen würde, ob sein Charakter einer Zwangsstörung oder einem Wahn entspricht.

Ich habe viel zu viel Angst vor seiner Reaktion.

Er braucht nicht einmal laut zu werden, sondern es reicht vollkommen aus, wenn er mich mit diesem finsteren Blick bedenkt.

„Alle elektronischen Geräte werden dir noch diese Woche zur Verfügung gestellt." führt er weiter seinen Vortrag fort und ich bin jetzt an der Reihe mich einmal gründlich umzusehen.

Zunächst fällt mir auf, dass alle Möbel aus einem hellen Holz, mit dunklen Maßerungen gefertigt sind.
Diese erinnern mich an Obstbäume und wenn es so wäre, ist das Mobiliar sehr viel wert.

Ich verstehe ja auch nicht, wieso er die Büroausstattung entsorgt und komplett neues Material besorgt hat.

Das ist doch Verschwendung und unnütze Geldschneiderei.
Aber genau das wird einen Herrn wie Elijah nicht interessieren.

Der Stoff des Bürostuhls fühlt sich unter meinen Finger samtig an und die Farbe gefällt mir außerordentlich gut.
Sie erinnert mich an Beeren und den Sommer.

Ansonsten ist der große Raum eher weiß und grau gehalten und hier spricht die Wichtigkeit des guten Äußeren lauter als die Effizienz, die so eine Einrichtung mit sich bringt.

Alles muss so optima forma wie möglich aussehen und auch sein.
Kein Makel darf diesen Perfektionismus beschmutzen.

Und ich befinde mich mittendrin.
Gefangen zwischen all der Fehlerfreiheit, die mich förmlich anschreit und mich auf meinen rechtmäßigen Platz zwängt.

Nur weiß anscheinend keiner so recht, wo ich wirklich hingehöre.

„Gefällt dir etwas nicht? Soll irgendeine Änderung stattfinden?"
Seine Stimme so nah hinter mir lässt mich schrumpfen und ich bemerke, als ich wieder alles um mich herum wahrnehme, dass ich mit meinem Zeigefinger immer noch kreisend über die weiche Lehne des Bürostuhls gleite.

Ohne aufzuschauen oder seine Frage zu beantworten, frage ich ihn: „Woher wusstest du, was mir an Farben und Einrichtungsstil gefällt?"

Angespannt atmet er aus.
Ich blicke auf den Schreibtisch, auf dem noch kein Arbeitsmaterial bereit liegt. So gern würde ich ihn nach meinem Geschmack einrichten.

Ein Stiftehalter im Blumenmuster, verspielte Kugelschreiber mit Tierchen oder Früchten als Aufdruck, einen Tischkalender mit motivierenden Sprüchen, ein Wandkalender mit mir unbekannten Landschaften, einer Grünpflanze, um die ich mich kümmern kann und Ordnern mit meiner Aufschrift und meinem Ordnungssystem.

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