Dionas Sicht:
"Und.. Hunger auf Weintrauben?"
Gefesselte Gefühle.
Sagt dir das was? Kennst du es, wenn du kurz die Augen schließt, dich wieder umsiehst und schließlich Dinge anfasst, um etwas zu realisieren? Wenn man es spürt, dass man von etwas anderem beherrscht wird, wenn man die eigene Kontrolle verliert?
Dann schluckt man und es zieht in der Brust, dein Atem ist kurz weg. Hinter den Augen staut es sich, man ist unfähig etwas zu tun, etwas zu sagen.
Hat jemals eine Stimme deine Seele berührt? Nicht mehr als vier Worte, die aus seinem Mund kamen und dennoch hörte ich etwas in seiner Stimme, das so faszinierend und beruhigend zu hören war, dass es sich in meinem Kopf festgesetzt hatte.
Ein Mensch, umgeben von einer engelhaften Aura, weiße kleine Funkeln, die sich nicht eine Sekunde von seinem Körper abschweiften als gehörten sie nur ihm.
Szintillation. Das Glitzern der Sterne, das Entstehen von Lichtblitzen. Ein Mensch, der in seinen Augen das gesamte Universum widerspiegelte?
Seine kleine Nase war wie gezeichnet, mit fast übersehbaren Sommersprossen und einem leichten Schimmer auf der Nasenspitze.
So pikante Gesichtszüge, so hervorstechende Wangenknochen und Kieferlinien, dass du ihn am liebsten hier und jetzt abzeichnen wolltest.
Als eine silberne Haarsträhne auf seine Stirn fiel, flogen klitzkleine Glitzerpartikel um uns herum, was ihn zum lächeln brachte. Sobald seine schneeweißen Zähne erschienen, formte sich mein Mund auch zu einem Lächeln.
Zwei laute Knalle hintereinander.
Meine Hand an seiner Brust zitterte als ich sie wegnehmen wollte, doch er ließ es nicht zu. Es waren wirklich die Schläge seines Herzens. Seine eisblauen Augen waren weiterhin auf mein Lächeln fokussiert.
Ich blickte auf den Kronleuchter an der Decke, der hin und her schwankte.
Meine Hand schwebte nun vor seinem Gesicht bevor mein Zeigefinger seine untere Lippe berührte. Er schloss eine Augen und blieb still wie eine Statue. Mein Nagel streifte seine federweichen Lippen entlang, die eine Herzform bildeten.
Kann so etwas, wirklich nur ein Mensch sein?
Ich nahm tief Luft, weil ich merkte, dass ich immer mehr die Kontrolle verlor. Aber es war doch nur ein Traum, also konnte ich sagen, was immer ich wollte.
"Betrinken wir uns um Mitternacht und küssen wir so viel bis unsere Lippen brennen?"
Er öffnete seine Augen.
Doch diesmal hörten wir ein Läuten, das aus der Ferne kam. Es klang wie ein riesiges Horn, womit man ein Signal geben wollte. Der Klang war so angsteinflößend, es machte mich krank.
Wie aus dem Nichts, befand sich plötzlich eine Weintraube zwischen seinem Zeigefinger und Daumen, die er langsam an meinen Mund führte. Ich biss auf die Traube und spürte wie seine Finger meine Lippen berührten. Mein ganzer Körper spannte sich bei dem Kontakt an.
Wieso hatten seine mehr Auswirkung als meine? Wieso fühlte es sich so an, als würde meine Haut in Flammen aufgehen, je näher er mir kam?
Er stand langsam auf und lief ohne weiteres aus dem Zimmer und in die Richtung, von dem dieses laute Instrument herkam.
Ich schluckte schwer worauf der süße Geschmack ein Verlangen nach mehr in mir entfachte. Ich war vollkommen allein und wusste, dass ich bald aufwachen würde. Ich leckte über meine Lippen, sie schmeckten immer noch nach der leckeren Frucht. Langsam legte ich mich wieder auf das Bett und schaute nach rechts. Dies war der Moment als ich erst erkannt hatte, was sich hinter den langen Vorhängen verbirgte. Keine Fenster, nein. Sondern das Meer.