Kapitel 12: Gefühlszirkus

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Skyler:

Ich wusste, dass ich mich nun wahrscheinlich wie eine alte Omi anhörte, aber es hatte sich wirklich nichts verändert. Ich musste wohl auch schon aussehen wie eine sehnsüchtige Seniorin, denn Elena musterte mich amüsiert. „Erst das Motorrad, dann der Laden? Du bist echt melancholisch, Skyler..." „Hey, man darf doch wohl in Erinnerungen schwelgen, oder?" Verteidigte ich mich sofort und zog ein dunkelblaues Kleid aus einem der Ständer heraus. Ich betrachtete es eine Weile lächelnd, dann hielt ich es Elena hin. „Was für ein Zufall, genau deine Augenfarbe, Rainstorm..." Elena schüttelte den Kopf. „Ganz bestimmt nicht." „Warum?"

Ich setzte eine tiefere Stimme auf und versteckte mich hinter dem Kleid, während ich mich auf Elena zu bewegte. „Komm schon Elena, du willst es doch auch. Nimm mich! Zieh mich an, denn damit bestätigst du, das Skyler die beste Modeberaterin ist!" Ihr kristallklares Lachen ertönte hinter dem Kleid, bevor sie es mir aus der Hand nimmt und auf das Preisschild zeigte. „Das sind 500 Pounds für ein einziges Kleid, Skyler!" „Ach komm schon, du sollst es ja nicht kaufen, probier's an! Das Kleid selbst hat vorhin gesagt, dass es das will!" Ich versuchte meine besten, nun blauen Hundeaugen. Sie kicherte und schüttelte den Kopf. „Du bist einfach unglaublich." „Danke, das nehme ich mal als Kompliment. Du bist auch nicht schlecht." Ich zwinkerte ihr zu, sie zog nur die Augenbrauen amüsiert hoch und ging in die Umkleidekabine, mitsamt Kleid. Yeees! Innerlich gab ich mir selbst ein High-Five.

Später stand sie vor mir, in die schwarze Pracht von einem Kleid gehüllt (Okay, ich hör mich bald an wie Shakessbier oder wie auch der uralte übertrieben romantische Kerl auch heißt, an!) und mein Kiefer fiel förmlich auf den Boden bei dem Anblick. Ich hatte Recht gehabt, das Kleid stand ihr nicht nur Bombe, sondern richtig gut! Princess machte in diesem Moment ihrem Spitznamen alle Ehre. Sie wirkte etwas schüchtern und schaute mich nervös an. „Ich...ich hab in den Spiegel gesehen und... Na ja, wie gefällt es dir?" Ich lächelte, nahm ihre Hand, drehte sie einmal sanft im Kreis, bevor ich sie anschaute. „Ich glaube, wir haben grad eine neue Disney-Prinzessin geschaffen. Gibst du nun zu, dass ich mit meiner Wahl deines Spitznamens richtig lag?" Sie wurde leicht rot bei meinem Kompliment, fing sich aber relativ schnell wieder und fragte frech: „Du hast endlich den finalen Spitznamen für mich gefunden? Wow, Kompliment! Oder was kommt als nächstes: Honey? Butterblümchen?" Ich schüttelte nur amüsiert den Kopf. „Nope...wie ich gerade eben sagte: Princess passt perfekt."

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Ein paar Minuten später war auch ich im Anprobierfieber: Ich zog gerade einen großen, roten Zylinder auf, zog mir eine schwarze Ray Ban und ein silbernes Jackett an. Danach schritt ich übertrieben stolz heraus und rief laut: „Catwalktime, Princess!" Obwohl mich jeder in dem Laden schief anschaute, machte ich mir nichts draus. Nach all den Jahren hatte ich gelernt diese Blicke einfach zu ignorieren und mir keine Sorgen zu machen, was andere über mich dachte. Elena schritt, in einem pinken Minirock und einer Bluse mit Katzenpfotenabdrücken, aus der Kabine und wir liefen künstlich lächelnd und übertrieben Hüften schwingend, Hand in Hand auf den Spiegel zu. Vorher hatten wir uns kaum angesehen, aber als wir beide in den Spiegel sahen, lachten wir laut los und Elena holte ihr Handy heraus, um ein Foto zu machen.

Schlechte Entscheidung... Denn als der Blitz des Geräts kam, kniff ich die Augen zusammen und stolperte rücklings in den Kissenhaufen in der Kinderecke des Ladens. Die Kinder dahinter maulten darüber, wie toll ihre Kissenburg gewesen war und regten die gesamte Kundschaft auf, also nahm ich kurzerhand zwei Lollies aus meiner Jackentasche und drückte sie beiden in die Hand. Sofort breitete sich ein breites Lächeln auf den Gesichtern der beiden aus, der kleine Blonde sagte mit ernster Miene: „Wir nehmen deine Entschuldigung an. Aber das nächste Mal kommst du nicht so leicht davon!"

Elena hinter mir kugelte sich vor Lachen, als ich mich auch schon umdrehte und ihr zuflüsterte: „Erst die Schüler, dann die Lehrer, ebenfalls die Cops und nun diese Kinder..." Ich machte ein gespielt leidendes Gesicht. „Wieso hasst mich jeder?" „Pech...und zu deiner Info: Ich hasse dich nicht." „Dankeee!" Quiekte ich mit kindlicher Stimme auf und drückte sie fest, worauf sie nur frech und keuchend erwiderte: „Aber ich hab nicht gesagt, dass ich dich mag." „Doch erst gestern, Princess." Meinte ich, nun wieder mit normaler Stimme und breitem Grinsen.

Autumn Runaways (Alte Version) (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt