Kapitel 2: Wie ich weinend auf einer Parkbank endete

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"Also los gehts. Basic rules, wenn du mit mir klar kommen willst: Erstens, keine Berührungen! Ich bin da echt empfindlich, also Finger weg! Zweitens, sprich mich montags erst ab 10 Uhr an. Vorher bin ich schlimmer als Darth Vader und Voldemort zusammen. Und drittens, Finger weg von Torben, auch wenn es häufig anders aussieht, das ist Meiner.", erklärte mir Patricia direkt und ich konnte nur überfordert nicken. "Eigentlich bin ich total nett.", sie lachte und ging voran in den Aufzug.

Letztendlich hatte ich Herrn Doktor Matthes seinen Kaffee gebracht und saß jetzt seit zwei Stunden mit Patricia in einem Büro. Eigentlich war sie wirklich ganz nett, ziemlich seltsam zwar, aber das ging schon klar. Auf einmal knackste es im Lautsprecher auf unserem Schreibtisch "Jenny Schmidt bitte unverzüglich ins Büro von Herrn Dr. Matthes." Ich sprang auf und ging zu seinem Büro. Was der jetzt wohl will. Ich klopfte an. "Ja, herein!" - "Hallo Herr Mat-" - "Hallo Jenny, der Kaffee ist leer, hol bitte Neuen.", sagte er mir. "Okay...", ich sah ihn an. "Ja, der Kaffee holt sich nicht von alleine, du musst dich schon bewegen." Rückwärts ging ich aus dem Büro hinaus und knallte heftig mit Jemandem zusammen. Zu meinem Glück fing mich die Person rechtzeitig auf, sonst hätte ich auch noch Bekanntschaft mit dem Boden gemacht. "Nana, nicht so stürmisch.", der Typ kicherte. "Wincent, hat es dein berühmter Po auch mal in mein Büro geschafft? Welch eine Ehre. Los komm rein und mach die Tür zu, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.", murrte Herr Matthes von innen. "Tja du hast es gehört, ich muss dann mal. Wir sehen uns... Jenny.", Wincent lächelte, machte zwei Schritte ins Büro und schloss die Tür. Wo war ich da nur reingeraten?

Ich machte mich auf den Weg zum Coffeshop- die ganze Situation war seltsam und ich freute mich jetzt schon auf den Feierabend. Oben wieder angekommen klopfte ich abermals an die Tür von Herrn Matthes. "Ja was ist?" - "Entschuldigen Sie, ihr Kaffee" - "Wurde ja auch Zeit, nächstes Mal schneller Jenny!" Ich seufzte. "Ja ich... die Kaffe-", doch er unterbrach mich: "Keine Ausreden, interessiert mich nicht. Du begleitest heute Abend Torben zum Kameraverleih, ja?" Ich nickte. "Ob du verstanden hast will ich wissen?" - "Ja hab ich." Er schickte mich wieder raus und ich lief zurück zu Patricia. Den Nachmittag brachte ich dann mehr oder weniger gut rum, ich durfte ein bisschen bei Patricia zugucken, die die Internetseite von Universal auf dem neuesten Stand hielt und brachte noch drei Kaffee zu Herrn Matthes. Pünktlich um fünf stand ich dann vor dem Aufzug im Erdgeschoss und wartete auf Torben. Als der endlich kam hatte er Wincent und den Typen aus der Teeküche im Schlepptau. "Hi, ich bin Torben, das ist Wincent und der hier ist Octa.", er schüttelte mir die Hand, genauso wie Octa, nur Wincent lächelte mich einfach an. "Wir fahren jetzt mal zum Kameraverleih. Octa und ich suchen Equipment für Herrn Dr. Matthes raus und Wincent wird dir den Plattenladen zeigen, der nebenan ist. Der ist die Anlaufstelle von einigen Künstlern die hier im Haus ein und ausgehen, du musst dich da also auskennen, wenn du... ähm... mal einem Kaffee bringen musst, genau. Also los gehts." Ich sah zu Wincent, der immer noch grinste, wandte mich kopfschüttelnd ab und lief hinter Octa und Torben her zum Parkplatz. An einem Auto öffnete mir Wincent die Tür. "Bitte sehr die Dame.", er grinste mich an. "Ehm, danke", ich stieg ein und schnallte mich an. Wincent setzte sich neben mich und die anderen Beiden nahmen vorne Platz. Zehn Minuten später standen wir im Stau. "Ich hab doch gesagt fahr nicht über den Potsdamer Platz, da ist um die Uhrzeit immer die Hölle los!", Octa war genervt, Torben gestresst und Wincent grinste. Ich war in einem Auto mit drei Verrückte!

"Wie bist du eigentlich auf das Praktikum gestoßen?", Wincent hatte aufgehört zu grinsen und sah mich nun ehrlich interessiert an. "Ich wollte immer mal ins Musikgeschäft schnuppern, aber neben der Schule hat das nie geklappt und dann kam Australien dazwischen, also hat meine Mum mir die Ausschreibung der Stelle weitergeleitet und ich hab mich dann von dort aus beworben.", wir standen mittlerweile fast 20 Minuten im Stau und wirklich gerührt hatte sich nichts. "Australien? Wie cool, da waren Octa und ich die letzten zwei Wochen auch! Cooles Land. Was hast du da gemacht?", in Wincents Augen war ein Funkeln getreten. „Ich war dort als AuPair.", antwortete ich. "Wow AuPair, so mit Kindern?", fragte Octa von vorne. "Ne ich hab Kängurus erzogen.", sarkastisch blickte ich Octa an, dessen Blick ich im Rückspiegel sehen konnte- er starrte mich einfach nur an, solange bis Wincent in schallendes Gelächter ausbrach. "Hahaha Octa, dein Blick! Kängurus, hahaha, Torben, stell dir das mal vor!", langsam traten ihm Tränen in die Augen, doch er konnte nicht aufhören zu lachen und allmählich steckte er mich an, bis Torben und ich mitlachten. „Haha. Sehr witzig." Octa verdrehte die Augen. "Oh man, Kängurus... wir haben welche gesehen, stimmts Octa?", fragte Wincent. "Lass mich." - "Ouuuh.", Torben lachte wieder. "Na endlich!", der Stau lockerte sich etwas. Es war schon 18 Uhr und wir waren immer noch nicht beim Kameraverleih. "Jungs, wann macht der Verleih eigentlich zu?", fragte ich in die Runde. "Um 18:30 wieso?", ich sah Wincent an. "Ihr wisst, dass es kurz nach 6 ist?" - "Mist, der Matthes bringt uns um, wenn wir das Zeug morgen für den Videodreh nicht haben!", Octa raufte sich die Haare. "Immer mit der Ruhe, da vorne wirds wieder leerer und dann ist der Verleih doch schon fast um die Ecke- das schaffen wir schon noch.", versuchte Wincent alle zu beruhigen. "Fahr hier rechts.", verwirrt sah mich Octa an, "Mach einfach, ich kenn eine Abkürzung, damit sind wir innerhalb von 5 Minuten bei dem Plattenladen. Und bevor ihr fragt, ja ich kenn den, mein Freund arbeitet da." Anerkennend nickte Wincent mir zu. "Jetzt mach schon Octa!", sagte Torben. Octa setzte den Blinker und kurz darauf sausten wir durch die gefühlt kleinsten Straßen von ganz Berlin, immer mit dem Ziel Plattenladen und Kameraverleih.

Um viertel nach sechs standen wir dann vor dem Kameraverleih. "Also bis später.", sagte Wincent und führte mich zum Plattenladen. "Dein Freund also?", er lächelte. "Ja... also nein. Mein bester Freund.", ich lächelte zurück. "Ah okay. Wie lang kennt ihr euch schon?" - "Eigentlich schon immer... seit der Krabbelgruppe...also über 18 Jahre schon." Wincent sah mich erstaunt an: "Wow... cool." Die Glocke über der Tür klingelte leise als wir eintraten, von Weitem sah ich Lucas schon hinter dem Verkaufstresen stehen. "Jenny?", ungläubig lächelte mich Lucas an. "Hey Lucas, das ist Wincent,", stellte ich Wincent vor, "wir kennen uns vom Praktikum." - "Wincent? Wincent Weiss?!", Lucas klappte die Kinnlade runter und Wincent nickte nur verlegen, "Oh mein Gott, du bist der beste Sänger überhaupt! Ich liebe Betonherz! Können wir ein Foto machen?! Dass ich dich mal treffe oh mein Gott!" - "Klar, lass uns eins machen.", er freute sich total. Ich war verwirrt. Wie viel konnte man in einem Jahr im Ausland verpassen?! Moment...

"Dann warst du das! Du und Octa!", ich starrte Wincent an, langsam gab alles Sinn. "Ich weiß jetzt nicht genau was du meinst...", verwundert sah Wincent mich an. "Ihr wart in Australien und seid am Samstag gelandet?" - "Ja...?" - "Ich auch! Wir waren im selben Flugzeug, meine Schwester war wahnsinnig enttäuscht, dass du keine Fotos gemacht hast, oh mein Gott, das warst du!", ich sah fassungslos zu Wincent. "Ja, es waren zu Viele da und ich musste zu einem Radiointerview, deswegen konnte ich keine Fotos machen.", entschuldigte er sich. „Ich... ich weiß grad nicht genau was ich sagen soll...", ich sah Lucas an und dann wieder zu Wincent. „Ich glaub ich geh mal eben vor die Tür, das ist jetzt grade alles etwas viel für den ersten Tag", meinte ich dann langsam und verließ den Laden. Kaum stand ich vor der Türe atmete ich tief durch, doch lange blieb ich nicht allein, da Wincent hinter mir auftauchte. Kurz schwiegen wir einfach, dann räusperte er sich und sagte: „Sorry, ich kann mir vorstellen, dass der Tag heute nicht gerade ein einfach erster Tag war. Erst der Matthes und jetzt noch das hier..." Ich zuckte nur die Schultern. Wincent ging einen Schritt auf mich zu und ich drehte mich zu ihm. Er legte eine Hand an meine Wange und kam immer näher. Ich sah ihm in die Augen, dann bemerkte ich, wie sein Blick sich auf meine Lippen senkte und er sich näher zu mir lehnte...ich konnte das nicht! "Es tut mir leid!", stieß ich hastig hervor, drückte mich an Wincent vorbei und rannte einfach los. "Hey Jenny, warum so stür-", begann Octa, doch ich konnte jetzt keinen von ihnen sehen! Ich rannte weiter und langsam traten mir die Tränen in die Augen, bis ich es nicht mehr verhindern konnte und heftig weinte. Ich wurde langsamer, dann blieb ich stehen. Was war das hier alles?! Tief durchatmend richtete ich mich auf und sah mich um. Ich lief etwas weiter und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Ich war so überfordert mit der Situation. Ich kam in einen Park und setzte mich auf eine Bank. Ist das nur ein Spiel für die? Ist das eine Art Test von Herrn Matthes? Ich weinte und konnte einfach nicht aufhören.

Das Praktikum - Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt