Kapitel 11: Wie Wincent versuchte zu kochen

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-JENNYS SICHT-

Es war mittlerweile 17 Uhr, ich war gerade dabei die Ablaufpläne für den morgigen Dreh zu kopieren als mein Handy klingelte, ein Anruf. "Hallo hier Jenny...", sagte ich als ich das Telefonat annahm. "Hey, it's me, Wincent. Du, eine Frage... gehen wir mal davon aus ich wollte Reis kochen, muss ich dafür das Wasser salzen? Also... naja müsste ich, wenn ich wollte?" Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Süß ist er ja schon, mein Freund. Verrückt. Wincent war mein Freund. Wincent riss mich aus meinem kurzen Tagtraum: "Jenny? Hallo? Bist du noch dran?" - "Äh, ja, klar bin ich dran! Wasser... salzen? Ja! Aber nicht zu viel! Sonst versalzt du das Essen...", sagte ich schließlich. "Ah okay, danke, perfekt! Wie lang musst du noch? Schätzungsweise?" - "Ich kopier grad noch die Ablaufpläne für morgen, dann geh ich das Equipment nochmal durch, danach muss ich noch kurz telefonieren und dann kann ich direkt zu dir kommen, wenn das für dich passt?", fragte ich während ich die Dokumente einhändig aus dem Drucker herausnahm. "Ja klar passt das! Ich freu mich! Bis später", wir beendeten das Gespräch und ich steckte mein Handy wieder in meine Pulli-Tasche. Eineinhalb Stunden später - und damit mindestens eine halbe Stunde länger als geplant - fiel die Eingangstür des Universal Gebäudes hinter mir ins Schloss. Erstmal durchatmen. Heute war es ungewohnt stressig gewesen und hinsichtlich des anstehenden Videodrehs würde sich das so schnell auch nicht ändern. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass Wincent zu Hause wohl kurz vor dem Verhungern war. Mit einem Seufzen schickte ich ihm einen Lachsmiley und machte mich dann auf den Weg zur U-Bahn. Als ich weitere 20 Minuten später an der Wohnungstür klingelte roch es entfernt nach Verbranntem. Wincent öffnete mir kurz darauf die Tür- mit zerzaustem Haar, einem Kochlöffel in der Hand und seinem Handy in der anderen sah er mich panisch an.

"Das duftet ja schon echt mega lecker...", stellte ich mit einem zögerndem Unterton fest. "Es tut mir so leid, aber es ist alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann!", jammerte er direkt los und ging einen Schritt zur Seite, um mir den Weg frei zu machen. "Wieso? Was hast du denn gemacht?", fragte ich ihn während ich mich auszog. Ich stellte meine Schuhe neben seine, weshalb ich grinsen musste, seine Schuhe waren riesig im Vergleich zu meinen eigenen. "Ich hatte den Reis gekocht, das Wasser ist aber übergelaufen und ist an der Herdplatte angebrannt, dann wollte ich Fleisch anbraten, aber das war wohl zu heiß und jetzt ist es nicht bräunlich, sondern kohlrabenschwarz! Ich könnte heulen!", er stapfte zurück in die Küche und schloss das Fenster. "Vielleicht solltest du das lieber gekippt lassen! Wegen dem Gesta- äh Duft!", ich lächelte leicht und nahm ihm dann den Kochlöffel aus der Hand. "Zeig mal her, was hast du denn- oh... das sieht tatsächlich ziemlich schlimm aus." Ich musste lachen. In der Pfanne lagen drei Brocken Fleisch, die aber mit Sicherheit keiner mehr essen konnte so verbrannt wie die waren. Der Reis war immer noch im warmen Wasser, sicher auch eher weniger genießbar. Ich sah ihn an und grinste leicht. "Du machst dich über mich lustig! Hör auf!", er jammerte wie ein kleines Kind. "Nein! Ich find es nur, wie soll ich sagen, leicht amüsant. Komm, wir räumen das auf und dann sehen wir weiter." Darauf gab er mir nur ein Nicken. "So, fertig, schau, ging doch total schnell!" Ich lächelte ihn an und gab ihm ein Bussi auf seine Wange. Dann fuhr ich ihm leicht durch die Haare. "Wie wärs dann doch lieber mit Pizza bestellen?", fragte ich ihn. "Aber ich hab dir doch extra versprochen keine Pizza, wie lame ist das?", er seufzte, beugte sich nach vorne und lehnte seine Stirn auf meine Schulter. "Ich bin ein miserabler Freund!" Ich streichelte ihm über den Kopf und nahm ihn dann liebevoll in den Arm. "So ein Quatsch, das nächste Mal kochen wir einfach gemeinsam und dann wird das schon." Er drückte mich fest und löste sich dann von mir. "Wär's okay wenn du die Pizza bestellst und ich nochmal schnell telefoniere? Torben meinte ich soll noch bei der Schauspielerin von morgen anrufen..." Wincent riss die Augen auf. "Es geht auch ganz schnell! Versprochen!", ich sah ihn mit bittendem Blick an. Er wirkte auf einmal noch angespannter als vorher, was mich etwas verunsicherte, ich hätte es nochmal bei ihr probieren sollen bevor ich bei ihm geklingelt habe. "Ich hab sie nur vorhin schon versucht anzurufen, aber sie ging nicht ran. Ist das ein Problem für dich, wenn ich kurz telefoniere?", fragte ich ihn direkt. "Was? Nein! Quatsch." er lächelte krampfhaft, "Gar nicht! Mach du, ich bestell die Pizza, so wie du's vorgeschlagen hast!" Er küsste mich kurz und verschwand dann im Wohnzimmer. Ohje, was war denn mit ihm los? Ich seufzte, nahm dann mein Handy heraus und rief die Schauspielerin an.

"Meier?" - "Hi hier ist Jenny Schmidt von Universal. Torben meinte ich soll dich nochmal anrufen und sichergehen, dass für morgen alles geregelt ist beziehungsweise du keine Fragen mehr hast." - "Das ist ja lieb von Torben! Aber bei mir ist alles klar, solange Winnie vor der Kuss-Szene morgen gut Zähne putzt.", sie lachte glockenhell und ich merkte wie mir das Blut aus dem Gesicht wich- Kuss-Szene?! "Ähm ja genau, das werde ich ihm auf jeden Fall ausrichten. Dann sehen wir uns morgen." Und ohne ihr eine Möglichkeit zur Antwort zu geben legte ich auf. Das war nicht deren Ernst. Von einer Kuss-Szene hatte mir keiner was erzählt und wenn ich richtig darüber nachdachte wollte ich auch nichts davon wissen. Natürlich das war nur für das Video, aber trotzdem. Hatte Wincent deshalb gerade so komisch reagiert? Langsam ging ich ins Wohnzimmer.

"Ich hab jetzt zwei Pizzen bestellt. Eine mit Salami und eine mit Schinken-Champignon ich hoffe das passt dir." Wincent saß grinsend auf dem Sofa und sah mich an, doch ich nickte nur abwesend. "Alles klar?", er schaute mich unsicher an. "Mhm, ich wusste nur nicht, dass du morgen eine Kuss-Szene drehen musst.", gab ich dann zögerlich zu. Ich war nicht sauer, er konnte ja nichts dafür, aber das Gefühl war einfach seltsam. Immerhin musste ich den beiden morgen dabei zusehen. Wincent wurde blass: "Kuss-Szene?! Davon hat mir Torben nichts erzählt! Ganz sicher nicht!" Er stand auf und kam auf mich zu, dann nahm er meine Hände in seine und sagte: "Jenny, bitte werd nicht sauer, ich wollte es dir eigentlich bei gutem Essen und Kerzenschein erzählen, aber naja...", er zuckte die Schultern und ich musste grinsen, "Diese Schauspielerin...ich kenne sie schon länger, sie hat mal als Torbens Sekretärin gearbeitet. Damals war ich frisch Single und naja sie war eben da und dann kam eins zum anderen. Aber ich schwöre dir da ist nichts- schon lange nicht mehr! Ich wollte Torben überreden jemand anderen zu suchen, aber der Dreh ist schon morgen und vorhin im Meeting...ich habe mir das quasi selber eingebrockt- es tut mir wahnsinnig leid! Bitte glaub mir nur, dass ich von einer Kuss-Szene nichts wusste und ich verspreche dir eins: zu einer Kuss-Szene zwischen Chantal und mir wird es morgen definitiv nicht kommen!" Er redete sich völlig den Mund fusselig, ich war für einen Moment sprachlos. Was sollte ich auf diesen Mist nur antworten. Ich wollte sauer sein, aber hatte ich das Recht dazu? Es war ewig her, zumindest meinte er das gerade. Aber was wenn die Lust auf diese Person wieder kommt, wenn er sie morgen sieht? Ich sah ihn nur an. "Jenny, sag doch bitte was! Du musst mir glauben, Chantal ist Geschichte und ich habe nicht vor eine Kuss-Szene in mein Musikvideo einzubauen! Wirklich!" Er drückte meine Hände kurz. "Ich... weiß grad nicht wirklich was ich dazu sagen soll, Wincent.", gab ich kleinlaut zu. "Du musst gar nichts sagen. Wir wechseln einfach das Thema, okay?", er lächelte. "Nein, wir müssen darüber reden, wieso hast du mir nicht gesagt, dass du eine nicht wirklich unwichtige Vergangenheit mit der Schauspielerin hast? Wolltest du es mir überhaupt sagen? Oder warst du jetzt nur dazu gezwungen, weil ich mit dem Thema angefangen hab?",ich sah ihn fragend an. "Ich wollte es dir wirklich sagen. Ja ich hatte geplant das Ganze mit einem guten Essen zu umrahmen und nicht so unromantisch im Wohnzimmer aber naja so ist es jetzt eben und ich bitte dich einfach mir zu vertrauen. Ich will nichts von Chantal und ich werde einer Kuss-Szene nicht zustimmen.", Wincent sah mich fest an. Und ich glaubte ihm. "Ich glaube dir. Es ist nur ein ganz komisches Gefühl." Ich sah wie er erleichtert aus atmete, dann nahm er mein Gesicht zwischen seine Hände und sah mich weiter an: "Du bedeutest mir eine Menge Jenny. Ich hoffe du weißt das. Und falls nicht hab ich es jetzt gesagt. Chantal bedeutet mir nichts. Sie und ich das war nie etwas und wird nie etwas sein." Wir sahen uns weiter unverwandt an und kamen uns immer näher. Kurz bevor unsere Lippen sich berührten wisperte Wincent "Ich liebe dich."

Das Praktikum - Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt