Kapitel 5: Wie ich zur Krankenpflegerin mutierte

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-WINCENTS SICHT-

"Bewusstlos?", Octa war besorgt aber auch unterhalten von der ganzen Geschichte. Jenny hatte inzwischen meine Hand losgelassen und saß still neben uns. War es unfair von mir, dass ich mir wünschte Octa würde wieder gehen? Ich wollte mit Jenny allein sein. "Glaubst du, du kannst morgen schon wieder arbeiten?", fragte Octa. "Keine Ahnung. Mal sehen was der Arzt später noch sagt", Octa nickte und genau in dem Moment betrat der Arzt das Zimmer. "Herr Weiss, wie geht es Ihnen?" - "Besser.", teilte ich ihm mit. "Na das klingt doch gut. Der Bluttest war unauffällig und auch sonst ist alles soweit ganz gut. Sie müssen sich etwas zwei bis vier Tage ausruhen, aber dann sollte alles wieder in Ordnung sein. Falls sich etwas ändert, starke Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindel auftreten, bitte ich Sie sofort wieder herzukommen." Ich nickte. "Ansonsten können Sie dann jetzt eigentlich wieder nach Hause. Aber Bettruhe...und nur so viel Besuch wie Sie selbst ertragen, überanstrengen Sie sich nicht, Ihre Freundin wird sich sicher um Sie kümmern, nicht wahr?" Er sah Jenny an und ihre Augen wurden größer. "Äh..." - "Macht sie bestimmt.", sprang ich ein. Sie hatte dem Arzt erzählt sie wäre meine Freundin? "Gut, dann auf Wiedersehen Herr Weiss. Am besten kein zu schnelles allerdings.", der Arzt schüttelte mir die Hand und nickte Octa und Jenny zu, bevor er zur Tür hinaus verschwand. "Dann fahr ich euch mal heim. Das Auto steht draußen in der Kurzparkzone, schaffst du's bis dahin oder soll ich vor die Tür fahren?", fragend sah mich Octa an und ich war ihm dankbar, dass er keinen dummen Kommentar abgab, das müsste ich mit Jenny selbst besprechen. "Das schaff ich schon.", meinte ich, doch als ich mich aufsetzte wurde mir kurz schwindelig und ich streckte meine Hand nach Jenny aus, die mich sofort stützte und mir dann auch beim Aufstehen half. "Wäre vielleicht doch ganz gut, wenn du das Auto herholst, ich glaub das schafft er nicht ganz.", hörte ich Jenny sagen und im nächsten Moment war Octa aus dem Raum verschwunden. Ohne etwas zu sagen stützte Jenny mich weiterhin und wir gingen langsam in Richtung Ausgang. "Würdest du... also könntest du vielleicht...", ich schaffte es einfach nicht einen sinnvollen Satz rauszubringen, weil ich nicht wusste wie ich diese Frage stellen sollte, ohne völlig dämlich zu klingen. "Klar. Ich begleite dich gerne nach Hause und nein, es ist kein Problem. Ich kümmer mich gern um dich.", Jenny sah mich liebevoll von der Seite an. Ja, daran könnte ich mich definitiv gewöhnen. "Danke", ich seufzte erleichtert. Sie half mir in das Auto einzusteigen. "Vorsicht Kopf...", ich setzte mich und schnallte mich an. Während sie ums Auto herumlief, um selbst einzusteigen sah ich durch den Spiegel zu Octa. "Deine Freundin also hm?", ich zuckte mit den Schultern. Jenny stieg ein und schnallte sich ebenfalls an. "Na dann mal los." Octa fuhr los und ich nahm Jennys Hand. Sie sah mich an und lächelte. "Was?", flüsterte ich. "Hm?", sie sah mich an. "Wieso grinst du so?" - "Ich? Ich grinse nicht.", sie räusperte sich. "Ach nein?", ich lachte leicht. Die Fahrt bis zu mir dauerte gute 20 Minuten, in denen Jenny aus dem Fenster sah und ich Jenny ansah. Ab und an sah sie auch zu mir, dann lächelte sie leicht und wandte ihren Blick wieder aus dem Fenster.

Bei mir zu Hause brachte Octa uns bis zur Tür, verabschiedete sich dann aber um zurück ins Büro zu fahren. Ich selbst wurde von Jenny erst einmal ins Bett gesteckt und selbst mein Protest, sie würde sich ja gar nicht auskennen in meiner Wohnung fand kein Gehör. "Ich finde das schon alles, ist ja kein Hexenwerk sich in einer Küche zurecht zu finden.", lachte sie. Kurz darauf kam sie mit einer Tasse Tee zurück ins Schlafzimmer. Ich verzog das Gesicht: "Ich bin doch nicht krank, ich hab doch keinen Schnupfen." Sie lachte. "Tee ist immer gut. Kannst ihn aber ruhig noch ein bisschen abkühlen lassen, der ist ganz frisch." Jenny setzte sich zu mir ans Bett und schon fast aus so etwas wie Gewohnheit nahm ich ihre Hand. Es war verrückt, wir kannten uns kaum und doch war ich ihr jetzt schon verfallen. "Danke dass du dich so gut um mich kümmerst...", sagte ich ihr. "Das ist ja wohl das Mindeste. Schließlich hast du mich angeschaut und hast deswegen den Pfosten nicht gesehen.", wir lachten leicht. "Stimmt ja, du bist schuld.", ich lachte und sie sah zu unseren Händen. "Freundin also hm?", sie sah mich mit großen Augen an. "Oh Gott...das...ich bin da so reingerutscht irgendwie...die wollten mir nichts sagen und ich durfte nicht zu dir...und..." - "Ja...ich versteh schon...wäre schön wenn's wahr wäre...", ich lächelte sie an und sie wurde rot. "Ja...vielleicht wäre es das...naja. Hast du Hunger?", sie wechselte schnell das Thema. Ein wenig enttäuscht nickte ich. Ich versaute es aber auch wirklich immer. "Ich geh dann mal was kochen. Oder eher erstmal Einkaufen. Irgendwelche Wünsche?", Jenny stand auf und sah mich an. Wünsche hätte ich grade eine Menge. Zum Beispiel, dass du hierbleibst und dich neben mich legst und wir uns einfach ganz lange unterhalten. "Okay.", verwirrt schaute ich sie an. "Nach dem Essen." Immer noch wusste ich nicht worauf sie hinauswollte. Sie lachte nur: "Du hast das laut gesagt." Dann gab sie mir einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn und schon war sie weg. Oh Gott. Ich Vollidiot. Ich bin so peinlich. Ich lehnte meinen Kopf zurück und schloss die Augen. Wie soll das jemals was werden, wenn ich von einem Fettnäpfchen ins nächste trete?

Kurze Zeit später hörte ich Musik aus der Küche. Meine Musik. Ich grinste in mich hinein. Sie hörte meine Musik beim Kochen. Nach nicht mal einer halben Stunde roch es dann auch schon himmlisch nach Spaghetti Bolognese. Die Musik wurde leiser und Jenny kam wieder ins Schlafzimmer. "Glaubst du, du kannst in die Küche kommen zum Essen? Wenn nicht bring ich dir alles her.", sagte sie und kam auf mich zu. "Ich komme.", ich stand auf und musste mich kurz an der Wand festhalten, weil mir wieder schwindelig war. Jenny war sofort an meiner Seite und stützte mich. "Ich helf dir...komm", sie begleitete mich bis zum Tisch und mir lief das Wasser im Mund zusammen als ich die Nudeln und die Soße sah. Es roch so gut. "Du bist ein Engel Jenny. Ich behalte dich..." - schon wieder Blödsinn von dir gegeben Wincent. Sei doch einfach mal leise.

-JENNYS SICHT-

Ich musste lachen. Wincent war einfach zu goldig. Das war mir zwar schon früher aufgefallen, aber seit heute nach dem Sturz hatte sich seine Niedlichkeit noch verdoppelt. Das durfte ich ihn bloß nicht hören lassen- Männlichkeit und so. "Hoffen wir, dass du immer noch so denkst nachdem du das gegessen hast, mein Essen riecht eigentlich immer gut, aber das ist keine Garantie dafür, dass es auch wirklich schmeckt." Wir setzten uns an den Tisch und begannen zu Essen. Viel konnte bei Nudeln und Bolognese ja eigentlich nicht schiefgehen. Wincent verschlang seine Portion quasi und am Ende waren nur noch ein paar Nudeln übrig und ein kleiner Rest Soße. "Ich tu dir das in eine Schüssel und in den Kühlschrank, dann kannst du es morgen noch essen.", erklärte ich Wincent schnell, bevor ich ihn zurück ins Bett brachte. "Also, worüber willst du reden?", fragte ich, als ich mich neben ihn legte und die Decke über meine Füße zog. "Erzähl mir von dir...ich will alles wissen.", sagte Wincent, als er seinen Arm um mich legte und mir damit automatisch näher kam. Er war warm und es war schön neben ihm zu liegen. "Über mich? Ohje...", ich lachte leicht. "Na so schlimm kanns nicht sein...spuck's schon aus.", gab er zurück. "Naja gut, also ich bin Jenny, 19 Jahre alt...ich komme aus Berlin, meine Eltern sind geschieden und ich hab eine kleine Schwester die ein riesen Fan ist von diesem einen Sänger." Wincent lachte. Ich grinste und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Ich konnte sein Grinsen im Gesicht regelrecht spüren. "Ich war zusammen mit Lucas in der Krabbelgruppe, im Kindergarten, in der Grundschule und auf dem Gymnasium. Wir sind quasi unzertrennlich seit Tag eins. Unsere Mütter lagen sogar im selben Krankenhaus. Er ist vier Tage vor mir geboren. Cool, oder?" - "Ja sehr cool.", meinte Wincent und ich lächelte bei dem Gedanken an Lucas. "Naja wie auch immer...ich war jetzt eben ein Jahr in Australien und will nach meinem Praktikum Musikmanagement studieren.", sagte ich entschlossen. "Musikmanagement? Coole Sache.", meinte Wincent und begann mir sanft durch die Haare zu streichen. "Und was gibts so über dich zu wissen?", ich sah ihn fragend an. "Die Hälfte findest du vermutlich im Internet, aufgelistet mit Jahreszahlen, die nicht mal ich mir merken kann.", er klang ein wenig bitter, lachte aber gleich darauf, "Nicht, dass ich das furchtbar fände, das ist nun mal so, das wusste ich ja irgendwie vorher. Es ist nur immer noch etwas seltsam. Wenn Wikipedia auf einmal mehr über dich weiß als du selbst." Ich nickte, auch wenn ich natürlich nicht zu 100% verstehen konnte was in ihm vorging, ich besaß ja nicht mal einen eigenen Wikipedia Eintrag- zum Glück! "Ich würde gerne was über die andere Hälfte lernen.", ich sah zu ihm und lächelte verlegen. Vielleicht wollte er ja gar nichts so privates erzählen. Vielleicht ging ihm das zu schnell. "Hm, ich weiß was Besseres. Ich zeig dir die andere Hälfte einfach, einverstanden?"

Er kam mir näher und diesmal ließ ich es zu. Meine Augen schlossen sich wie von selbst, als seine Lippen sanft auf meine trafen. Es war ein leichter Kuss. Seine Lippen waren wahnsinnig weich. Er sah mich an und wir waren uns immer noch so nah. "Daran könnte ich mich gewöhnen. So 24 Stunden 7 Tage die Woche?" Ich legte meine Hand an seine Wange. "Unbedingt." Wir küssten uns noch einmal und in mir explodierte ein ganzes Feuerwerk an Gefühlen und Emotionen. Alles kribbelte und ich wollte, dass es nie aufhörte, so schön war es.

Der Tag war noch wirklich schön gewesen, Wincent und ich hatten viel geredet, gelacht und natürlich auch gekuschelt. Es war fast zehn als ich die Wohnung verließ- immerhin brauchte er nach wie vor Ruhe und auch ich musste ins Bett, denn morgen ging es wieder weiter im Büro. Der Heimweg war nicht allzu lang, da Wincent recht nah an einer U-Bahn Station wohnte und es mit der U-Bahn von ihm nur zwei Stationen zu mir waren. Während der Fahrt saß ich am Handy und scrollte durch Instagram. Einer kurzen Idee folgend suchte ich Wincents Profil und durchstöberte seine Bilder ein wenig- sein Lächeln war einfach der Hammer. Unter dem neuesten Bild- ein Selfie von gestern mit seinem Kaffeebecher in der Hand- hatte sich eine hitzige Diskussion entsponnen. 'Geht es dir gut??' 'Wer war das Mädchen? Hat Winnie eine Freundin??' '#GuteBesserungWinnie' 'Hä nein Winnie ist solo!' So ging es eine ganze Weile weiter. Ich erschrak ein bisschen, anscheinend war das heute Morgen nicht wirklich unauffällig verlaufen...

Das Praktikum - Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt