Beste Freundin

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Heute morgen bin ich wie fast immer mit Schmerzen aufgewacht. Es gab eigentlich keinen Tag an dem er mich nicht schlägt. Ich war schon immer gut im Versteckspiel und bisher hat noch nie jemand erfahren, was er mit mir macht. Ich schminkte mich jeden Tag und mein Vater war nicht doof. Er achtete darauf, wann er was mit mir machte. Am Wochenende war es immer am schlimmsten. Heute ist Freitag und ich habe Schule. Ich hasse den Freitag. Es war der schlimmste Tag der Woche für mich. Freitags kann mein Vater mit mir machen was er will. Weil ich mich dann Samstag und Sonntag davon erholen kann, sagt er immer. Zum Glück war es erst 9 Uhr und ich hatte noch bis 15 Uhr Schule. Generell gefällt mir Köln bisher eigentlich ganz gut. Ich ging auf ein Gymnasium nicht weit von zuhause entfernt und hatte auch schon Anschluss gefunden. Ich vermisse zwar meine alten Freunde, aber ich hatte nie eine beste Freundin. Das hat sich jetzt geändert. Alina ist auch vierzehn und am ersten Tag in der neuen Klasse sollte ich mich neben sie setzen. Sie hatte schon damals total freundlich gelächelt und wir haben uns von Tag zu Tag besser verstanden. Mittlerweile sind wir in der Schule unzertrennlich und manchmal schaffe ich es zeitlich auch  nachmittags etwas mit ihr zu machen. Sie weiß nicht viel von meiner Vergangenheit nur, dass ich aus Hamburg komme und meine Mutter vor einem Jahr gestorben ist. Sie kennt meinen Vater nicht und war noch nie bei mir zuhause. Ich habe ihr gesagt, dass es manchmal schwierig mit ihm ist und er es nicht gerne hat, wenn ich Leute mitbringe. Das hat sie zum Glück so akzeptiert und meinte, ich kann immer zu ihr kommen und mit ihr reden wenn etwas ist. Bei ihr zuhause war ich auch noch nie, weil wir meistens in den Park gingen. Aber sie hat mir schon viel von ihren Eltern erzählt. Sie wohnt mit ihren Eltern und deren Arbeitskollegen in einer WG. Sie sind beide Ärzte und heißen Julia und Alexander. Alina hat mir erzählt, dass sie auch in einer Fernsehserie mitspielen und musste lachen als ich sie nur schief angeschaut habe. Ich durfte nie fernsehen und hatte deswegen keine Ahnung, was da so läuft. Alina fand das nicht schlimm, im Gegenteil. Sie hat mir schon oft erzählt, dass sie manchmal anders behandelt wird, wenn die Leute wissen wer ihre Eltern sind und mit wem sie alles zusammen wohnt. Sie hatte mir die ganzen Namen mal gesagt, aber ich konnte sie mir gar nicht alle merken.
Ich bin so froh Alina kennen gelernt zu haben. Sie hat schnell gemerkt, dass ich anders bin als die anderen. Schüchtern, zurückhaltend und manchmal ängstlich. Sie weiß, dass ich es hasse berührt zu werden und immer lange Klamotten trage. Sie hat mich schon ein paar Mal darauf angesprochen, aber sie akzeptiert es wenn ich ihr darauf keine Antwort gebe und bohrt nicht weiter nach. Sie hat schon oft gesagt, dass ich mal bei ihr zuhause vorbeikommen soll und mir ihre Adresse auf meinen Block geschrieben.
In den letzten beiden Stunden hatten wir Mathe. Ich war nie schlecht in der Schule, aber Einsen schreibe ich meistens auch nicht. Alina hat mehr Probleme in Mathe und manchmal gebe ich ihr ein bisschen Nachhilfe. Um 15 Uhr verabschiedeten wir uns voneinander und sie meinte, ich solle unbedingt am Wochenende mal bei ihr vorbeikommen. Ich nickte nur und machte mich ganz langsam auf den Weg nach Hause. Ich wollte nicht nach Hause, ich hatte Angst was heute passiert. Mein Vater lag schon wieder betrunken im Wohnzimmer auf dem Sofa und als er hörte, dass ich zurück bin befahl er mir Essen zu kochen. Ich ging wie jeden Nachmittag in die Küche und kochte ihm etwas. Einkaufen musste ich spätestens am Montag auch wieder. Ich brachte meinem Vater sein Essen und eine Flasche Bier und ging rauf in mein Zimmer. Es war nicht groß und es gab nur einen kleinen Kleiderschrank. Vor dem Schrank liegt meine Isomatte und meine Bettwäsche, meine Schulsachen liegen in der Ecke daneben. Mein Vater war der Meinung, dass ich kein richtiges Zimmer brauche. Die Hausaufgaben machte ich immer auf dem Boden und den Rest des Tages kommandierte mein Vater mich sowieso herum. Ich machte schnell die Hausaufgaben und nach einer Stunde rief er mich. Mittlerweile war es sechs Uhr und es fing draußen an dunkel zu werden. Ich ging runter zu meinem Vater und da stand er schon im Flur und wartete auf mich. Er war groß und kräftig und ich hatte keine Chance gegen ihn.

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