7. Kapitel

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Seite an Seite flogen wir beide einfach nebeneinander her, froh, endlich unsere Flügel bewegen zu können, und mal keine Menschen sehen zu müssen. Mein Ziel war klar: Zurück zum Tierheim. Zu Eila, Mona, Lil und Gloria. Ich wusste zwar nicht genau, wo wir lang mussten, aber ich wusste, dass wir immer noch in dem selben Ort waren, wo ich auch im Tierheim gelandet war. Die Häuser sahen von oben zwar anders aus, ich wusste aber das ein riesiges, dunkelrotes Haus daneben stand. Von oben versuchte ich, es ausfindig zu machen. Aber es erwies sich schwieriger als gedacht.
Doch endlich hatte ich es gefunden, und flog tiefer. Pichu folgte mir. Doch kurz bevor ich landen konnte, flammte wieder der Schmerz durch meinen Flügel. Ich fiel die letzten Meter und landete unsanft auf dem Rasen. Pichu landete neben mir und trippelte zu mir herüber. Sie schaute mich prüfend an, und obwohl wir uns nicht verstanden, merkte sie wohl, dass ich verletzt war. Und dann machte sie das, was ein Vogel tun konnte: Sie fing an, zu schreien, zu kreischen so laut, wie ich sie noch nie gehört hatte. Dann flog eine durchsichtige Tür auf, und eine junge Frau stürzte in den Garten. Sie hatte lange, dunkle Haare, einen violetten Poncho, ein schwarzes, langärmeliges Shirt, eine violette Hose und schwarz- silberne, hochhackige Schuhe. Sie trug ein silbernes Armband und eine silberne, von violetten Steinen besetzte Kette. Als sie uns sah, blieb sie verdattert stehen. „Das glaube ich nicht..." stammelte sie. Sie kam auf uns zu, und hielt uns die Hand hin, Pichu krabbelte nach kurzem Zögern darauf, bei mir schien sie erst dann zu merken, das ich verletzt war. „Violet! Komm mal schnell!" rief sie über ihre Schulter. In diesem Moment erschien ein kleines Mädchen auf der Bildfläche. Sie hatte die selben dunklen Haare wie ihre Mutter, und die selben braunen Augen. Sie trug einen schwarzen Pullover, einen violetten Rock, eine schwarze Hose mit violetten Steinen, und violette Schuhe. Sie hielt ein viereckiges, schwarzes Ding in der Hand, und wedelte damit. „Mama!" rief sie, „Telefon für dich!" die Frau stand auf, Bahn das Telefon und sagte zu dem Mädchen: „Geh mal kurz zu dem Grauen, bin gleich da."
„Corinna! Welch...angenehme Überraschung!" meinte sie und verdrehte die Augen. „Nein, Schwesterherz, einen Nymphensittich und einen Graupapagei? Nein, tut mir leid, die habe ich nicht gesehen. Warum auch? Ah... weggeflogen, ausgebrochen... verstehe. Vielleicht hatten sie genug von dir und deinem Tier- Misshandler- Freund. Und ich auch. Auf Wiederhören!" und kam zurück zu uns. Pichu saß immer noch auf ihrer Schulter. „Das war Corinna, Deine Lieblingstante" sagte sie und fuhr fort „ Rosa hatte wohl einen Graupapagei bekommen, der ihr nicht passte. Dann hat sie ihn an diesen Daniel verkauft, nach zwei Tagen ist der Papagei mit einem Nymphensittich geflohen. Ich denke mal, es handelt sich um diese beiden hier." Violet Riss die Augen auf. „Aber dann können wir die beiden unmöglich denen übrlassen! Wer weiß was sie mit ihnen anstellen würden- oder schon haben!" „Ja, da hast du recht. Ich denke, wir behalten sie für heute Nacht, und morgen bringen wir sie wieder ins Tierheim. Dort kamen sie auch her. Jedenfalls der Graue." „Aber Mum! Ich wollte dich schon immer so gerne..." „Ich weiß Süße. Du bekommst ja auch deine Vögel, aber diese beiden sind einfach zu groß. Aber du darfst sie heute gerne in deinem Zimmer schlafen lassen, wenn du willst." „Ja gerne!" rief sie. „In Ordnung, aber zuerst müssen wir uns erstmal um den verletzten Kerl kümmern. Komm!" sie nahm mich vorsichtig in den Arm und brachte mich ins Haus.

Eine Stunde später saß ich neben Pichu auf der Lampe von Violet's Zimmer. Mein Flügel war von der Frau mit einer Salbe eingerieben und dann in einen Verband eingewickelt worden. Jetzt tat er nicht mehr ganz so weh. Violet lag in ihrem Bett und schaute zu uns. „Wisst ihr", begann sie, „Schon lang wünsche ich mir zwei Vögel. Aber bis jetzt haben wir noch nicht den richtigen gefunden. Leider. Ich hoffe einfach, das ich bald die richtigen Vögel finde." noch lange redete sie mit uns, und wir piepsten ein wenig mit, bis sie mitten im Satz einschlief und wir dann auch unsere Ruhe hatten. Eng aneinander gekuschelt schliefen wir ein. Und träumten von der Freiheit.

Am nächsten Morgen gingen Violet und ihre Mutter mit uns zu Tierheim, was genau gegenüber lag. Sie klingelten an der Tür, und Eine junge Frau machte auf. „Hallo. Was kann ich für sie tun?" „Wir würden gerne mit der Leiterin sprechen. Ist das möglich?" „Natürlich. Kommen sie mit!" die junge Frau führte uns durch den langen, lindgrünen Flur bis zu Eila's Büro. Dann klopfte sie an. „Eila? Hier möchte jemand mit dir sprechen!" Dann hielt sie uns die Tür ganz auf. „Bitte" sagte sie. Eila saß hinter dem Schreibtisch. „Xanthe! Schön dich zu seh..." Dann starrte sie mich verdattert an. „SIMBA?!" „Ja. Der Kerl ist uns gestern zugeflogen. Mit seiner Freundin hier. Sie soll Pichu heißen. Beide waren bei dem Freund meiner Schwester, der sie Simba vor kurzem zur Adoption gegeben hatten. Dann haben sie sie an Daniel verkauft, dort wurden sie misshandelt..." Während Xanthe Eila die gesamte Geschichte erzählte, wurden Eilas Augen immer größer. Am Ende war sie fassungslos. „Nein. Das ist ja schrecklich!" sie griff zum Telefon. „Ich rufe die Polizei. Die sollen sich Corinna und Daniel mal vorknöpfen. Und ihr könnt die beiden jetzt hoch in das Vogelzimmer bringen. Pichu setzt ihr zu Picachu in den Käfig, ich denke, die beiden werden sich verstehen. Und Simba in den größten Käfig. Oben sind auch noch ein paar Neuzugänge, könntet ihr euch um sie auch kümmern?" „Natürlich. Vielleicht finden wir ja sogar endlich welche für Violet. Bis später."

Die Neuzugänge, genauer gesagt die drei Neuzugänge, bestanden aus einem Goldhähnchen, einem Kakadu und einem kleinen, wirklich klitzekleinen violetten Vogel mit giftgrünen Brustgefieder. Er hatte einen langen spitzen Schnabel, lange Schwanzfedern in dunkellila, und dunkelgrünen Kopffedern. „Oh, Mum! Schau mal! Ein Kolibri!" Violet hockte sich neben den kleinen Käfig indem der kleine Vogel hin-und herschwirrte. „Der kleinste und zugleich schnellste Vogel der Welt" nickte ihre Mutter. „Wo habt ihr denn den her?" fragte sie Eila, die gerade hereinkam. „Den Kolibri? Hier in der Nähe ist wohl ein Vogelpark, und die haben ihn dort gefunden, aber sie hatten gerade keinen Platz mehr, deshalb haben sie ihn hier her gebracht. Wo er herkam, wussten sie nicht." „Ähm... Eila? Kann ich... Mum?" „Eila, ich glaube, Violet versucht zu fragen, ob sie diesen Vogel haben darf, stimmt's?" „Darf ich?" „Nun ja, dafür dass du Simba und den anderen Vogel geholfen hast, darfst du ihn haben. Ich weiß, dass du ihn gut behandeln wirst. Oder?" „Ja. Ja, natürlich! Danke Eila!" Violet schlang ihre Arme um Eila. Dann öffnete die die Tür des Käfigs, und beugte sich hinunter zu dem kleinen Vogel. „Komm her, mein kleiner! Na, hopp!" und die Kleine flog zu ihr auf die Hand und landete auf ihrem Zeigefinger. „Und? Wie nennst du ihn?" fragte Xanthe. „Ich denke, ich nenne ihn Wizzy. Irgendwie passt der Name zu ihr."

Violet, Xanthe und Wizzy waren gegangen, als Lil hereinkam und uns allen Futter brachte. Sie streichelte mich nochmal über mein Gefieder, und sagte, wie froh sie war, dass mir nichts passiert war. Pichu und Picachu hatten sich schon angenähert, nachdem man sie zusammen gesetzt hatte, und widmeten sich ihrer Federpflege. Ich war einfach nur froh, meine Ruhe zu haben. Ich putzte gerade mein Brustgefieder, als Eila dazukam. „Morgen rufe ich erstmal Mona an. Die wird sich freuen!" sagte sie zu Lil. Diese nickte und verließ dann mit Eila den Raum. „Bis morgen!" rief sie. „Tschau Simba, bis morgen!" fügte Eila hinzu und schloss die Tür.

„Flieg mit meinen Flügeln!"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt