Kapitel 32

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Sunny

Als am späten Nachmittag des dritten Tages eine Pflegerin durch die Zwingergasse lief, blieb sie vor meinem Zwinger stehen. Rico bellte. Medusa knurrte.

Die Frau schnappte erschreckt nach Luft, als sie die Wunde in Medusas Nacken entdeckte und eilte sofort davon, um den Tierarzt zu verständigen. Medusa hatte die Ohren gespitzt und schielte ängstlich zu mir herüber.

„Ich glaube, das heißt nix gutes für dich", knurrte sie, „Du weißt, es hatte einen Grund, warum ich nicht gegen dich gekämpft habe. Sie töten Kämpfer schneller als friedfertige Hunde."

Ich schluckte. Das war doch nur eine ganz kleine Wunde gewesen. Die Menschen waren doch selber Schuld, wenn sie wahllos irgendwelche Hunde zusammen in einen Zwinger steckten. Und dann auch noch auf so engem Raum. Da war es doch klar, dass die Hunde irgendwann ganz gaga wurden.

Medusa schien es gewusst zu haben, jedoch hatte sie es dezent vermieden, mich darüber zu informieren. Frechheit.

„Ich dachte, du wüsstest das, man!", gab sie nur patzig von sich, als ich sie erneut anknurrte.

„Und was, wenn ich es schaffe zu fliehen? Wie kann ich das Filmset finden, wo sie meinen Sohn hingebracht haben."

„Du bist doch bescheuert!", knurrte Medusa.

„Ich kann es versuchen, oder ich kann es einfach akzeptieren und zulassen, dass sie mich töten. Am Ende habe ich es wenigstens versucht und sterbe nicht wie ein feiger Hund."

Medusa legte die Ohren nachdenklich zur Seite. Plötzlich kam die Pflegerin mit dem Tierarzt zurück und öffnete die Tür zu unserem Zwinger. Ich wich ein paar Schritte zurück, als die beiden eintraten, um sich Medusas Wunde anzusehen.

Rico bellte. Medusa knurrte. Rico bellte und Rico bellte. Ich schnappte nach der nervigen Töle, doch in genau diesem Moment drehte sich der Tierarzt zu mir um. Die Pflegerin hatte plötzlich einen ganz traurigen Ausdruck im Gesicht und obwohl ich kein Wort von dem verstand, was sie sagte, wusste ich, dass mein Schicksal nun besiegelt war. Rico sei Dank!

Man legte mir eine Leine an. Ich wehrte mich heftig und versuchte aus dem Zwinger zu schlitzen, doch das Würgehalsband am Ende der Leine hielt mich zurück. Hilflos zappelte ich und wehrte ich mich, als ich durch die Tür am Ende des Raumes geführt wurde.

Die Schäferhündin blickte mir nur mitleidig hinterher. Sie war gar nicht so kaltherzig, wie sie immer schien. Ihre Vorbesitzer hatten wohl dafür gesorgt, dass sie niemals mehr Welpen bekommen konnte. Manche Hündinnen stürzte das in eine arge Depression. Viele konnten auch Welpen daher nicht leiden. Es musste grausam sein, ein Leben in Kinderlosigkeit zu führen. Das Glück einer Mutter war unbeschreiblich und ich hätte es für nichts in der Welt aufgeben wollen.

Ich stemmte die Pfoten in den Boden, doch der war zu glatt. Ich rutschte hinterher und erreichte die Schwelle. Medusa winselte. Rico schwieg.

Gerade, als die Tür hinter mir geschlossen wurde, roch ich Jake und Sara. Ich bellte aus voller Kehle. Meine Stimme wurde von dem doofen Würgehalsband gedrosselt. Dann schloss sich die Tür hinter mir und ein Tisch mit einer mit Gift gefüllten Kanüle darauf wartete auf mich. Keine Möglichkeit zur Flucht. 

Courageous Sam - Quer durch Los AngelesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt