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Harry's POV

Briefe. Hat Li nicht was von Briefen gesagt? Unabgeschickt, zerknittert vom inneren Sturm und Regen.

Mein armer Lou...

Sofort habe ich mich hingesetzt, um meinerseits etwas zu schreiben. Texte, Lieder. Ein Album. Über dich. Für dich. Nur allein für meinen Boo Bear.

Unabgeschickt. Was für ein grässliches Wort. Und doch ist es gefangen in meinem Kopf, als ich den Zettel auffalte.

Lou... ich falle.

Mit dir bin ich auf den Berg der Liebe gestiegen, mit dir habe ich den Sonnenuntergang betrachtet.

Als du schliefst, bin ich gegangen, habe dich bei eiskaltem regen und dröhnendem Gewitter verlassen.

Gemeinsam war es ein leichtes, das Geröll zu überwinden, jetzt bin ich allein. Noch immer trage ich die tiefen Wunden davon, die meine eigenen Worte hinterlassen haben.

Denn auf den glatten, scharfkantigen Klippen bin ich ausgerutscht.

Ich falle, Lou... und nicht mehr lange, dann bin ich im Meer der Schuld versunken.

"Haz?" Ich löse meinen Blick von den Worten. Niall. Wenn er wüsste, wie froh ich jedes einzelne Mal über seine Besuche bin.


Die Suppe verbrennt meine Zunge, aber ich spüre es kaum. Meine Gedanken sind ganz allein auf mein Projekt fokussiert.

Und so merke ich auch nicht, dass Niall längst die Schüsseln weggeräumt hat und ein neuer Teller auf dem Tisch steht.

"Wassermelone. Harry? Huhu!" Ich blinzele. Wassermelone? Watermelon...

"Hey Hazza!" Ich hab ne Überraschung für dich..." Dieses freche Grinsen, das mich regelrecht verrückt macht. Mein Lou, der seinen Arm hinter dem Rücken hervorholt, eine Kiste Erdbeeren in der Hand.

Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht, als er mir die erste süße Frucht in den Mund steckt.

Tastes like strwaberries on a summer evening...

Sein Geruch, der den süßen Erdbeerduft übertönt. Mein stockender Atem, der rasende Herzschlag.

Breathe me in, breathe me out...

Seine weichen Lippen auf meinen, meine Hände verhakt mit seinen. Der süße Geschmack von verbotener Liebe. Der Rausch, als hätte man Drogen genommen.

I just wanna taste it, what a man of sugar high...

Plötzlich springe ich auf und falle dem Iren um den Hals.

"Danke, danke, danke! Um Gottes Willen, danke, Niall!"

Sein Gesichtsausdruck ist verwirrt, geschockt.

"Was denn?", fragt er. "Hab ich was Falsches in die Suppe getan?"

Und bevor ich mir den Hausschlüssel schnappe und nach draußen renne, drehe ich mich mit einem leisen Lächeln noch einmal zu ihm um.

"Nein Niall. Die Suppe war perfekt."



Meine Finger trommeln nervös auf den Tisch vor mir.

Niall sollte schon vor zehn Minuten da sein.

Wieder und wieder wische ich meine kalten, zittrigen Hände an der Hose ab, fahre mir durch die Haare. Mein Blick fällt in den Spiegel an der Wand. Der schlichte schwarze Anzug, das pinke Hemd...

Lass dir nicht von anderen sagen, was du tun und lassen sollst! Zieh an, was du magst, steh zu dir selbst!" Lou nimmt mich in den Arm, schaut über meine Schulter hinweg aus dem Fenster.

Sei wie ein Vogel...", flüstert er. „Frei... und wenn Gefahr droht, flieg weg! Zögere nicht, lass dich nicht von denen fangen. Lass dich nicht unterdrücken. Gehorche allein dir selbst und deinem Herzen. Und gehöre auch dir selbst. Frei...

Ich seufze. Wie ein Vogel. Bei ihm war ich das. Bei ihm war ich einfach nur ich. Nicht irgendein berühmter Mann, nicht der Mädchenschwarm. Nur ich.

Jetzt nicht mehr. Ich war ein freier Vogel. Bis sie mich in den goldenen Käfig aus Ruhm gelockt und abgeschlossen haben.

Nur mein Lou kann mich befreien. Liebe... der Schlüssel zu allem.

Es klingelt. Erleichtert löse ich mich von den Gedanken und bin mit drei Schritten an der Tür.


Auf dem Weg zu Liam reden wir kein Wort. Das altbekannte Schweigen.

Aber meine Gedanken sind laut. Dröhnend, wie die tosenden Mengen. Und ebenso unbedeutend.

Das Blut rauscht in meinen Ohren, aber der Herzschlag fehlt noch immer.

Niall bewegt seine Lippen, sieht mich fragend an. Was hat er gesagt? Ich lächle. Warum lächele ich? Wenn doch Nervosität und Angst das einzige ist, was ich spüre?

Erst das schrille Klingeln weckt mich aus meiner Starre.

Lou... ist er hier? Ist er der Einladung gefolgt?

Oder drückt er sich, so wie ich es auch erst tun wollte?

Von Jo

Where do broken hearts go?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt