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Louis' POV

Eleanors Schritte entfernen sich langsam.
Ich muss allein sein.

Luft.
Atmen.
Ein.
Aus.

Meine Hände klammern sich an das schwarze Buch. Wo es herkam weiß ich nicht, doch es ist richtig.
Jetzt, das einzige, was ich tun kann.
Wörter, Melodien.

We were too young
To know we had everything
Too young
I wish I could've seen it all along
I'm sorry that I hurt you, darling, no
We were too young

I've been looking back a lot lately
Me and you is all I've ever known
It's hard to think you could ever hate me
But everything's feeling different now

Rasch klappe euch das Buch zu, als sich jemand neben mich stellt.
Schwarze Haare, dunkle zerrissene Jeans, die Arme voller Tattoos.
Zayn.

Viel zu lange habe ich ihn nicht gesehen, dabei habe ich ihm damals so vertraut. Ihm so viel erzählt.

Wann er angekommen ist, weiß ich nicht.
War er auch in der Küche?

„Hey", fragend zieht er eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jacke und hält sie mir hin. Als ich jedoch den Kopf schüttele, mustert er mich kurz.
„Ach stimmt, letztes Mal meintest du, du wolltest aufhören",erinnert er sich. „Krass, hast du das echt durchgezogen nur für-" „Nein!", unterbreche ich ihn hastig und wieder schaut er mich verwirrt an.
„Also ich würde ja, ... also normalerweise. Aber heute nicht, wegen... also weil er...", ich weiß nicht, was ich eigentlich da erklären möchte, und so bleibt der Satz in der Luft hängen.

Ich schaue auf den Boden und das Karussell in meinem Kopf nimmt wieder Fahrt auf.

„Woran?"

Unsere Zeit... vergessen... bedeutungslos?

Ich höre Zayn aufseufzen.
„Echt Louis! Das kann doch nicht dein, euer, Ernst sein! Du weißt, dass ich das nur für euch gemacht habe und jetzt?! Was zur Hölle ist passiert?"

Die marmorierten Steinplatten unter meinen Füßen sehen aus wie ein Wirrwarr aus Gesichtern, Figuren und Landschaften. Miteinander verwoben, nicht zu trennen, keine klaren Grenzen.

„Bitte, Louis, rede mit mir! Wir müssen da gleich wieder rein für die Fotos und so. Von allen gemeinsam. Von euch beiden. Wie soll das so gehen? Bitte, sag mir was passiert ist..."

Langsam hebe ich meinen Blick und nehme ihn  zum ersten Mal richtig wahr. Er hat sich verändert. Seine Haare sind wieder etwas kürzer und er scheint beschlossen zu haben, nicht mehr nur schwarz zu tragen. Trotzdem wirkt er seltsam vertraut und in seinen Augen kann ich nur zu gut Sorge, Wut und Verwirrung erkennen.

„Ich bin abgehauen."

Ich höre die Frage, ohne dass er sie aussprechen muss, doch die Antwort weiß ich selbst nicht. Oder will sie nicht kennen. Will sie verdrängen, so weit, wie nur möglich.

I can't believe I gave into the pressure
When they said a love like this would never last
So I cut you off 'course I didn't know no better
Now I realize

„Und jetzt?"

Noch eine Frage, die ich nicht beantworten kann, will.

Eine Träne löst sich aus meinem Augenwinkel und gleich darauf spüre ich Zayns Arme um mir. Er riecht nach Rauch und leichtem Parfüm, so vertraut. Es gibt mit Halt, hat es damals schon.

Der Schwarzhaarige hält mich im Arm und streicht mir über den Rücken. „Lou, Harry liebt dich. Jeder kann das sehen, warum du nicht? Dieser Blick mit dem er mich vorhin angesehen hat, als ich dir bei deinen Harren geholfen habe... Er mag dich wirklich!"
„Aber... was, wenn er einfach nur Spaß haben will? Er ist so jung und einfach... ich weiß auch nicht..."
„Du weißt wie unsicher er manchmal ist, sonst hätte er dich bestimmt schon längst selbst gefragt."

Heute wirkte er nicht unsicher. Ganz und gar nicht. Heute liegt ihm die Welt zu Füßen.
Wie er dort stand. In Pink und Schwarz. Umwerfend.

Nach einer Weile zieht Zayn mich einfach am Handgelenk hinter sich her. Dort, wo seine Finger den Stoff meines Pullis an meine Haut drücken, brennt es. Doch das einzige was ich beachte sind meine Schritte auf dem dunklen Fußboden.

Zayn spricht kurz mit einem Mann, den ich nicht kenne, versichert mir, dass alles gut wird und zieht mich weiter.

In einem weißen Raum bleiben wir stehen. Naja, zumindest der Boden ist weiß und den Rest will ich auch gar nicht sehen.
Ist Harry schon da?
Wo ist El?

Um uns herum ist geschäftiges Treiben. Jemand schiebt eine Stange mit Kleidung an uns vorbei, eine Frau am Ende des Raumes ruft  etwas und prompt antworten zehn andre. Absätze klackern, Turnschuhsohlen quietschen.

Zayn will mich loslassen, doch ich schüttle den Kopf, brauche den Halt um mich in dem Trubel nicht selbst zu verlieren. Ich will nicht aufsehen, muss erst richtig ankommen. Hier. Jetzt. Mit der Wahrscheinlichkeit Harry zu sehen.

Ein Paar weiße Sneakers treten in mein Blickfeld und noch bevor er anfängt zu reden, weiß ich, dass es Liam ist. Nur Liam. Erleichterung. Ich kann wieder atmen.

„Also, nun, ich dachte es wäre besser und auch leichter für den Fotografen, wenn wir erst mal nur Bilder mit zwei oder drei Personen machen, ein bisschen warm werden und so. Dann machen wir ne Pause und dann schauen wir mal, wir haben ja Zeit, das rennt ja nicht davon", beginnt Liam sich zu erklären. „Naja, und deshalb werden wir jetzt hier ein paar hübsche Bilder zu dritt machen, der Rest ist dann drüben und wir tauschen dann ein bisschen durch..."

Ich weiß, dass der Fotograf auch uns alle gemeinsam gemeistert hätte, doch ich bin Liam dankbar für diese Ausrede.

Zögernd gebe ich meinen Kopf und noch ehe ich den Raum ganz erfasst habe, stehe ich leicht geschminkt und zum Glück in meinen eigenen Kleidern vor der Kamera. Soll ja alles schön authentisch wirken.

Zayn und Liam scheinen noch genau zu wissen, was wir damals immer bei Fotoshootings gemacht haben und auch mein Körper erinnert sich langsam wieder. Anspannung fällt von mir ab und ich albere mit den Jungs herum.

Es ist wie vor ein paar Jahren und für einige Minuten verschwindet der junge Mann mit den grünen Augen aus meinen Gedanken.

Wir wechseln die Klamotten, dürfen die anderen mit Wasser nass machen und beginnen sogar einige Lieder zu singen.

Wir versuchen uns an einigen Songs von damals, doch merken schnell, wie wenig wir die genaue Abfolge der Zeilen noch kennen und als Zayn irgendetwas versucht zu improvisieren, eine Wasserflasche als Mikro nutzt und Liam dazu versucht zu Beatboxen, muss ich lachen. Ich lache wieder. Endlich. Und auch die anderen können sich nicht mehr halten.

Unsere T-Shirts sind durchgeweicht und als ich mich drehe, verpasse ich Liam unabsichtlich eine Dusche. Ich fühle mich wie mit neunzehn, so unbeschwert, kindlich und fast schon glücklich.

Ich wünschte, ich könnte die Zeit anhalten.
Ich will nicht hören, wie sich die Tür öffnet.
Ich habe doch gerade erst einen Weg aus diesem Strudel heraus gefunden.

Were we too young?

Von Li

Where do broken hearts go?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt