Dämlich

817 38 9
                                    

Ich klopfte an die Tür meines alten Schlafsaals. Was vermisste ich diesen Ort! Bis spät in die Nacht mit meinen Freundinnen Quatschen und nach einem Albtraum nie alleine sein. Lästern und Schwärmen, Streiten und Lachen. Stattdessen durfte ich im selben Bett mit meinem Erzfeind liegen. Meine Gedanken wurden unterbrochen, denn es öffnete mir eine für meinen Geschmack viel zu breit grinsende Claire und rief: „Na Lily, bereit für das große Halloweenumstyling?" Sie wartete keine Antwort ab, sondern zerrte mich unsanft ins Zimmer. Meine drei Freundinnen strahlten mich aufgeregt und voller Tatendrang an und ich ergab mich seufzend meinem Schicksal. „Also mit wem fangen wir an?", fragte Alice aufgedreht. „Mit Lily.", bestimmte Kate. „Warum? Was habe ich euch getan?", rief ich verzweifelt und schluchzte theatralisch. Die drei Mädels grinsten nur böse und ich wusste, dass es keine Hoffnung mehr für mich gab.
Claire holte die Tüte mit meinem Kleid aus ihrem Schrank, dass sie aufbewahrt hatte, damit ich es nicht im Klo runterspülen konnte.
Mist! Hätte ich mir doch nur James' Tarnumhang ausgeliehen und es vernichtet, dann müsste ich jetzt nicht diesen Albtraum aus stoffgewordenen Schlitzen anziehen.
Beinahe ehrfürchtig zog Alice es hervor und ich rollte mit den Augen. Es war doch nur ein Kleid! Oder konnte man das noch so nennen. Eher ein Fetzen, der nur das allernötigste verdeckte. Gewaltsam zogen meine „Freundinnen" das „Kleid" über den Kopf und ich blickte in den großen Spiegel, den Claire im dritten Schuljahr an die Badtür gezaubert hatte, weil sie gesagt hatte das sie sterben würde, wenn sie sich nicht ganz sehen könnte und noch wichtiger, sie bekäme keine Jungs ab, wenn sie nicht perfekt aussah. Wir übrigen drei hatten nicht gewagt zu widersprechen und waren auch ganz froh gewesen uns nicht mehr täglich Claires Gejammer, über den ihrer Meinung nach Atomgroßen Spiegel über dem Waschbecken, anzuhören. Wiederwillig musste ich zugeben, dass dieses etwas, welches ich trug garnicht so schrecklich aussah, wie erwartet:
Es war Knallrot und sehr enganliegend. Es ging mir bis zu den Knöcheln, doch ein großer Beinschlitz zerstörte die klassische Eleganz. Der V–Ausschnitt endete erst kurz über meinem Bauchnabel und der Rücken war fast ganz frei. Verlegen zupfte ich am Stoff herum, denn meiner Meinung nach war das alles viel zu freizügig. Doch die drei schnatterten begeistert herum und ich nahm an, dass es für Außenstehende gut aussah. Alice murmelte ein paar Zauber, bis der Stoff genau die selbe Farbe hatte, wie meine Haare. Diese hatte Kate derweil wild verwuschelt und mit einem Klebezauber die beiden schwarzen Hörner auf ihnen befestigt. Claire hatte es sich zur Aufgabe gemacht meine Gesicht zu bemalen und hantierte mit einem Pinsel um meine Augen herum.
Alle traten nun zurück und betrachteten ihr Werk. Mit dem perfekt wilden Haaren, den dunkel geschminkten Augen und dem verruchten Kleid sah ich wirklich aus, wie der Teufel in Person. Zu guter letzt sprach ich noch einen Zauber, den Claire mich gezwungen hatte rauszusuchen, und kleine Flämmchen züngelten an meinem Rocksaum. „Perfekt!", rief Alice und Ich stimmte ihr grummeln zu. „Jetzt fehlen nur noch die hier.", rief Claire und schwenkte zwei schwarze Fußfoltern durch die Luft. „Nein! Die ziehe ich nicht an!", rief ich entrüstet und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. „Ich brauche meine Füße noch!" „Stell dich nicht so an!" „Doch, Claire! Ärzte, also Muggelheiler haben rausgefunden, dass diese Teile die Füße kaputtmachen, sowas ziehe ich nicht an!" „Wer schön sein will muss leiden!" „Aus welchem Jahrhundert kommst du? Es gibt mehr im Leben als Schönheit!", rief ich aufgebracht. „Ach Lily, es ist so leicht dich aufzuregen!", lachte Claire. „Solche schönen Schuhe gebe ich nur Leuten, die sie auch schätzen, also mir." „Nicht witzig!", knurrte ich.
Leider bildeten sich meine Freundinnen manchmal ein es wäre lustig mich zu ärgern. Sie wussten, wie ich tickte und zu leichten Rasereien neigte und natürlich nutzten sie es schahmlos aus. Auch Alice und Kate lachten und ich bot allen dreien einen schönen Platz in meinem zu Hause an– Ehrenplätze im Fegefeuer. Reizend von mir, nicht wahr? Ich bin nunmal eine tolle Freundin.

„Keine falsche Müdigkeit vorschützen", rief Claire, „Ich bin jetzt dran!" Sie holte ihr Schwarzes Minikleid und dazu passende Flügel aus ihrem Schrank. Mit wenigen Griffen hatte sie alles angezogen und war auch in die Fußkiller geschlüpft. Ich war damit beauftragt worden für jedes Kostüm einen passenden Zauber rauszusuchen und verhexte Claires Flügel nun so, dass sie flatterten, wenn sie ging. Claire braucht viel kürzer als ich und dann begannen wir mit Alices Kostüm. Ich vergrößerte die Eckzähne mit einem Zauber, während sich die anderen eher um die stylischen Sachen kümmerten. Na gut, sie konnten es auch besser als ich und ich war nunmal die beste Hexe von uns, natürlich ohne angeben zu wollen aber ein O in jedem Fach ist schon beeindruckend.
Als letzte kam Kate an die Reihe. Sie trug ein Braunes Kleid und ihr durfte ich die Fingernägel in Krallen und die Zähne in ein Wolfsgebiss verwandeln. Ich hoffte nur, dass wir bald fertig wären

Wie Lily James endgültig loswerden wollte ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt