e i n u n d z w a n z i g

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| Regina |

Dass es nicht das erste Mal ist, dass ich eine berauschende Partynacht inklusive Drogen hinter mich gebracht habe, sollte schon schockierend genug sein. Die Tatsache, dass dieses Detail jedoch noch nicht einmal meine erste Sorge ist, als ich am nächsten Tag aufwache, bestätigt einmal mehr, wie sehr ich mich inzwischen von der alten Regina unterscheide.

Die Regina, die vor einigen Monaten ihr beschauliches Dorf in Deutschland verlassen hat, hätte wohl niemals gewagt, ihre Grenzen dermaßen zu überschreiten. Den Blick starr auf Harry gerichtet und mit dem Ziel vor Augen, irgendwie doch noch zu ihm zu passen und ihn nicht zu verlieren, habe ich mich inzwischen scheinbar selbst verloren.
Anders kann ich mir nicht erklären, was da letzte Nacht vor sich gegangen war.

„Morgen", seufzt Sammy gähnend, während er an der Bettkante sitzt und sich bereits ein weißes T-Shirt überstreift.
Ich selbst konnte bis gerade eben die Augen kaum offen halten, bin bei diesem Anblick allerdings direkt hellwach.
Nicht Harry Styles sondern Sammy Witte liegt oder lag bis eben noch neben mir. Oder besser gesagt liege ich nicht in Harrys, sondern in Sammys Bett.

„Morgen", brumme ich zurück, die Bettdecke bis unter die Nase gezogen. Ich ahne, dass mir die Situation um Einiges unangenehmer ist als ihm. Er hat sich vermutlich schon viel zu oft in dieser Lage befunden – ganz im Gegensatz zu mir.

Ich war immer schon der Auffassung, dass jeder Mensch mit seinem Körper tun und lassen kann, was er will und sich auch völlig frei ausleben kann. Für mich persönlich war dieser Lebensentwurf nie relevant, immerhin habe ich früh zu Lukas gefunden, aber ich habe mich auch nie danach gesehnt.
Ich war nie der Typ, der sich schnell öffnet oder Gefallen an One-Night-Stands findet.
Allerdings haben diese Pillen gestern Nacht wieder einen anderen Menschen aus mir gemacht.

Ich habe Harry immer dafür verurteilt, dass er sich etwas vormacht und durch all diese Substanzen nicht wirklich sein eigenes Glück lebt. Letzte Nacht habe ich genau dasselbe getan und das kann ich nun, bei vollem Bewusstsein und mit klarem Verstand auch spüren.

Das war nicht ich. Ich war nicht ich selbst, als ich letzte Nacht alle Hemmungen fallengelassen habe und mit aller Macht in Harrys Welt passen wollte.

Mit gerunzelter Stirn bleibt Sammy Blick an mir hängen.
„Geht's dir gut?", erkundigt er sich und mustert mich, halb grinsend, halb besorgt.

Mit großen Augen sehe ich ihn an und muss zunächst selbst in mich hineinspüren.
Ich weiß nicht, wie ich mich fühle. Mein Körper ist ebenso über seine Grenzen gegangen wie mein Geist. Alles in und an mir ist müde, aber leider habe ich nicht den Hauch eines Filmrisses.
Ich sehe alles lebhaft vor mir – Harry und Nici, die lachenden, leichtbekleideten Frauen am Strand und schließlich Sammy, der überraschend zärtlich war, obwohl er bestimmt gewusst hat, dass ich ihm nur so nah war, weil Harry mit Nici vorgelegt hatte.

„Ich.. Keine Ahnung", gestehe ich knapp und ehrlich. „Was zur Hölle –"
„Du siehst aus, als hättest du gestern den absoluten Höllentrip durchlebt", stellt Sammy sachlich fest und schmunzelt leicht. „War es denn so schlimm mit mir?"

Damit hat er es auch schon angesprochen und ich kann nicht anders als seufzend in mich zusammensacken.
„Was.. Das hätte nicht passieren dürfen, Sammy. Ich kann doch nicht einfach mit dir schlafen! Mit dir!"

„Wow, vielen Dank auch."
Pikiert und leicht beleidigt sieht mir Sammy entgegen, doch seine erwartete Reaktion bleibt aus. Ich hätte damit gerechnet, dass er in schallendes Gelächter ausbricht oder mich für verklemmt und irre hält, aber stattdessen sitzt er ruhig auf dem Bett und sieht mich abwartend an.
„Was genau ist denn das Problem?"

wallflower || h.s.  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt