a c h t z e h n

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| Regina |

In der vergangenen Nacht hatte ich einige erste Male erlebt.

Ich hatte mir zum erste Mal eine Pille eingeworfen und mit Alkohol durch meinen Körper gespült. Ich hatte Harry zum ersten Mal verstanden und ihn für seinen Lebensstil nicht verurteilt.
Und ich hatte zum ersten Mal unter Drogeneinfluss mit Harry geschlafen.

Es war eine intensive Nacht, wobei Letzteres das Intensivste war, was ich je gespürt habe. Ich kenne den Maßstab in Harrys Welt nach wie vor nicht, doch in meiner habe ich eine neue Zehn erreicht – in dieser Nacht, oder viel mehr in den frühen Morgenstunden mit Harry.

Alle Hemmungen sind gefallen. Nach meinem ersten Mal mit Harry in London hätte ich nicht gedacht, dass wir uns je noch näher kommen könnten, doch es ist passiert. Diese eine kleine Pille war mächtig genug, um mir alles abzunehmen, was mich bislang noch von Harry zurückgehalten hat.

Ich bin in dieser Nacht zu ungeahnten Höhen aufgestiegen, doch wer den Himmel erreichen will, nimmt auch den Absturz in Kauf. Und der folgt bloß einige Stunden später, als ich völlig zerschmettert und müde neben Harry aufwache.

Er hält mich nicht im Arm, er berührt mich noch nicht einmal. Für einen Moment vermute ich ihn sogar schon wieder mit den Jungs unten im Studio, aber stattdessen liegt Harry mit reichlich Abstand zu mir auf der Matratze.

Die Arme hinter seinem Kopf verschränkt, starrt er konzentriert an die Decke.

Ich brauche selbst einige Augenblicke, um zu realisieren, was passiert ist und in welcher Situation ich mich befinde – und weshalb ich mich so hundeelend fühle.
Als hätte ich letzte Nacht sämtliche Reserven aufgebraucht, hat mein Körper offensichtlich alle Funktionen auf Sparflamme gesetzt.

Mein Schädel dröhnt, meine Gedanken wollen nicht ganz bei mir ankommen und meine Augen kann ich kaum offen halten, obwohl ich eben selbstständig aufgewacht bin. Noch nie habe ich mich so wenig als ich selbst gefühlt als in diesem Moment - abgesehen von der vergangenen Nacht.

„Du bist ja noch gar nicht unten bei den Jungs", stelle ich überrascht und gleichzeitig hundemüde fest, während ich mich zur Seite rolle und Harry nun direkt ansehen kann.

„War ich schon", antwortet Harry ohne erkennbare Emotion in der Stimme, den Blick nach wie vor zur Decke gerichtet. „Es ist schon wieder abends, quasi bald Samstag, Regina."

„Oh wow", raune ich seufzend und stelle erst jetzt fest, dass es wohl nicht die aufgehende Sonne ist, die das spärliche Tageslicht ins Zimmer bringt. „Ich hab länger geschlafen als es sich anfühlt. Aber wir sind ja auch spät eingeschlafen."

Harry reagiert nicht. Etwas stimmt nicht mit ihm, das kann ich selbst jetzt spüren. Ich hoffe bloß, dass er es offen ausspricht, denn in meinem aktuellen Zustand kann ich nicht auch noch seine Befindlichkeiten erahnen.

„Was war das gestern, Regina?", fragt Harry plötzlich in die Stille hinein.

Ich weiß nicht, worauf er hinauswill. Es gibt so vieles, worauf sich diese Aussage beziehen könnte, doch im Moment kann ich an nichts davon denken.

„Was?", gebe ich demnach irritiert zurück und lasse meinen Kopf müde in das weiche Kopfkissen sinken.

Ernst sieht mich Harry an.
„Du hast gestern nicht nur getrunken", sagt er klar und deutlich, nahezu vorwurfsvoll. Es ist ein kurzer Satz und schon sieht er mich wieder auffordernd an, als wäre ich ihm eine Erklärung schuldig.

wallflower || h.s.  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt