Behind His Smile | boyxboy [PAUSIERT]

06.

• Seafret - Love Won't Let Me Leave •

Den Samstagabend verbrachten Yashar und Asena gemeinsam auf der Couch. Das blaue Flimmern war das einzige Licht im ganzen Haus.

Entscheidungen zu treffen war keine Eigenschaft, die Yashar sich selbst zuschreiben würde. Er versagte selbst bei den kleinsten, alltäglichsten Entscheidungen. Also überließ er die Filmauswahl Asena. Sie entschied sich für Fluch der Karibik. Yashar war sich sicher, dass Asena lieber einen Nicholas Sparks Film gesehen hätte, ihm zu liebe aber darauf verzichtete. Er war mehr als dankbar dafür. Einen von diesen Filmen hätte er vielleicht noch ertragen, aber er wusste ganz genau, dass es nicht bei einem bleiben würde, wenn sie einmal damit anfing. Was das anging, kannte er seine Tante inzwischen gut genug.

Sie waren nur zu zweit. Miguel war auf irgendeiner Party. Zusammen mit Alexej, der Miguel nach der Arbeit in seinem alten Pick-Up abgeholt hatte.

Yashar schüttelte den Kopf. Er versuchte nicht an Alexej zu denken, während seine Tante neben ihm saß. Viel zu groß war seine Angst, dass sie seine Gedanken oder in seinen Augen lesen könnte. Also zwang er sich dazu, sich auf Johnny Depps Gesicht im Bildschirm zu konzentrieren und jeden Gedanken an blaue Augen, dunkelblondes, weiches Haar und tolle Wangenknochen zu verdrängen.

Der Abend verging damit, dass die beiden sich selbstgemachtes Popcorn in den Mund stopften und zwei der fünf Teile von Fluch der Karibik schauten, bevor Yashars Augen immer wieder zufielen und er sich schließlich gähnend auf sein Zimmer verabschiedete.

Oben angekommen, putzte er sich die Zähne und wollte sich dann einfach nur schlafen legen, als er das Blinken an seinem Handy bemerkte. Neugierig entsperrte er es und öffnete die Nachricht. Sie war von Melina. Ein Foto von ihr in einem roten, weit ausgeschnittenen Top mit übertriebenem Schmollmund. Sie hatte das Foto so geschossen, dass man einen direkten Blick auf ihr Dekolleté hatte. Darunter stand: Schade, dass du nicht dabei bist.

Ohne zu antworten, knallte Yashar das Handy auf seinen Nachtschrank. Er fuhr sich seufzend durch die Haare und ließ sich auf seine Matratze fallen. Die Sache mit Melina war also immer noch nicht vorbei. Er hatte inständig gehofft, dass sie ihn nach seiner Abfuhr links liegen lassen würde, aber es war fast so, als bemühe sie sich jetzt nur noch mehr.

Yashar versuchte den Gedanken an Melina zu verdrängen, schloss die Augen und zwang sich zu schlafen.

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Am nächsten Tag tauchte Miguel irgendwann gegen Mittag auf. Yashar saß am Küchentisch und lernte für Mathe. Er lernte nicht, weil er es gerne tat, sondern einfach nur, um seinen Kopf zu beschäftigen und ihm keinen Raum zu geben über gefährliche Dinge zu grübeln.

In seinem früheren Leben hätte er genügend andere Dinge gehabt, die ihm die Zeit zum Nachdenken geraubt hätten. Er hatte immer darauf geachtet genügend Freunde, Hobbys und Partys um sich herum zu haben, um die Stimme in seinem Kopf auszublenden. Manchmal wünschte er sich diese Zeit zurück. Die Zeit, in der er all dies verdrängt hatte. Er hatte viele Freunde gehabt. Seinen Vater. Und das Fußballtraining. Wenn er wollte, könnte er auch an seiner neuen Schule Fußball spielen. Vielleicht würde ihm diese Tätigkeit neben der Schule ein wenig Last von den Schultern nehmen, aber er verzichtete. Er hatte damals mit diesem Sport angefangen, um seinen Vater glücklich zu machen. Später, als seine Mutter gestorben und sein Vater in ein schwarzes Loch gefallen war, hatte er weiter gemacht, weil es das Einzige in seinem Leben war, das sich nicht verändert hatte und in diesem Moment hatte er eine Konstante gebraucht, an der er sich hatte festhalten können. Fußball war eine gute Option gewesen. Nicht, weil er es mochte, sondern einfach nur weil er es konnte. Er war gut darin gewesen, einem Ball hinterher zu rennen und ihn in das gegnerische Tor zu schießen. Früher hatte ihm das so viel bedeutet. Neben den täglichen Schikanen seines Vaters, er sei ein Nichtsnutz, eine Schwuchtel, hatte er etwas gebraucht, das ihm zeigte, dass er eben kein Nichtsnutz war.