16. Ein alkoholfreier Abend, bitte

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»Du wirst uns sicher nicht begleiten, damit das klar ist!«

Ich weiß, dass ich gerade wie die letzte Zicke klinge, aber das ist mir egal. Erst macht er hier einen auf Nachbarschaftspolizei und dann will er auch noch den Aufpasser bei Anselms Party für uns spielen? Ohne mich!

»Jetzt sei doch nicht so, Finja! Das wird sicher lustig!«, quietscht mir Mona ins Ohr. Mit jeder verstreichenden Sekunde steigt meine Entnervung exponentiell an. 

Eros hat seit seiner Ankündigung, dass er uns begleiten wolle, noch kein Wort gesagt, was mir suspekt vorkommt. Während Mona vorfreudig über die Party plappert, verwickele ich meine Schuhspitzen in ein erbittertes Blickduell – ich denke nach, und das sehr angestrengt.

Warum will Eros uns begleiten? Was bringt ihm das? Er kann doch keinen von uns dreien wirklich leiden, weder Thor, Mona, noch mich. Am allerwenigsten mich.

Was soll das also? Gibt ihm das irgendwie einen Kick, so einen auf Heiliger zu machen? Helfersyndrom, oder dergleichen? Eine andere Erklärung will mir momentan tatsächlich nicht einfallen.

Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken. Ohne aufs Display zu schauen, gehe ich ran. »Ja?«

»Hey, arbeitest du noch?« Es ist Thor.

»Oh, hi!« rufe ich aus – selbst für meine eigenen Ohren eine Spur zu schrill. Ich lasse mich vom Hocker gleiten und gehe in den Pausenraum.

»Nee, ich sitze mit Mona noch an der Theke.« Dass Eros ebenfalls da ist, verschweige ich.

»Ah, cool. Dass wir nachher noch zu dieser Party von Anselm gehen werden, hat sie dir gesagt?« Geknickt verziehe ich den Mund. Bei ihm klingt das ja gerade so, als wären sie auch ohne mich gegangen.

»Ich bin im Bilde«, antworte ich kühl. Schweigen. Dann: »A-also, das kam jetzt falsch rüber...« Er räuspert sich.

»Auf die Gefahr hin, dass ich mich zum Idioten mache: Ohne dich würde ich nicht gehen. So, jetzt ist es raus.« Ich grinse. Er hat sich ganz und gar nicht zum Idioten gemacht, im Gegenteil, er hätte keine besseren Worte finden können. Aber das muss er ja nicht so genau wissen.

»Thor, entspann dich, alles gut! Klar, wir können gern hingehen, aber ich werde definitiv nichts trinken. Mein Magen revoltiert schon, wenn ich nur an Alk denke.«

»Geht mir genauso! Aber wir können uns ja einfach so einen netten Abend dort
machen – alkoholfrei.« Ich lache. »Alles klar, das machen wir so!«

»Super, bis später!«

»Bis dann«, säusele ich, unerträglich flirty.

Was ist bloß los mit mir? Kaum verknalle ich mich in einen Typen, werde ich schon zur hirnlosen Idiotin? Sieht ganz so aus.

»Ihr solltet das nicht tun.«

Ich fahre herum. Und da steht er in seiner üblichen Position: breitbeinig, die Arme verschränkt, grimmiger Gesichtsausdruck. Mir schießt durch den Kopf, dass ich ihn noch nie habe lachen sehen. Erst in diesem Moment wird mir ein wenig bewusst, dass Eros wirkt, als würde er etwas mit sich herumtragen. Aber gut möglich, dass ich mich irren könnte.

»Was?«, kommt es jetzt von ihm. Wahrscheinlich starre ich ihn gerade an, als wären ihm zwei Hörner gewachsen.

»Nichts«, murmle ich zerstreut. Lauter sage ich dann: »Bleib von Anselms Party fern.«

Er öffnet und schließt den Mund, die Bernsteinaugen auf mich gerichtet. Dann schüttelt er den Kopf. »Ich werde da sein, ob's dir gefällt oder nicht.« Damit dreht er sich um und lässt mich mit einem heiß glühenden Ball Wut zurück.

🔥

»Das ist es nicht... Nein, das auch nicht.«

Ich sitze träge auf Monas Bett, die Beine baumelnd und schaue mir eine Art One-Woman-Show an – mit Mona als Hauptdarstellerin. Seit gefühlten Stunden läuft sie schon vor mir auf und ab, immer wieder ein anderes Kleid präsentierend, aber keines der Stücke scheint so recht zu passen. Und aus irgendeinem Grund driften meine Gedanken immer wieder zu Eros und der vermeintlichen Last, die er mit sich trägt. Was ist es bloß, das ihn runterzieht? Und wieso interessiert mich das überhaupt?

Frustriert wirft sie die Arme in die Luft. »Ach, komm schon, Finja! Irgendwas muss doch dabei sein!« Ich zucke zusammen, aus meinen Gedanken gerissen, dann schüttele den Kopf. »Die passen dir entweder nicht richtig, sind geschmacklos oder einfach nur hässlich.«

Monas Lippen bilden ein schockiertes ›O‹. Ich zucke die Schultern. »Ich bin nur ehrlich. Ich mein's nicht böse«, schiebe ich noch hinterher, aber auch nur, weil ich sie mag. Bei den meisten  anderen Personen hätte ich das nicht gemacht.

Sie läuft rosa an und murmelt schwach: »Schon okay. Was soll ich dann aber machen?«

Dass sie sich nicht wie Vanessa letztes einfach wutentbrannt ausklinkt, rechne ich ihr hoch an. Schwungvoll ergebe ich mich von der Matratze und steuere ihren Schrank an.

Finja spuckt FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt