40. Bitte geh nicht weg

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Die nächsten Tage vergehen zäh... sehr zäh.

Ich arbeite im Federica's (Eros bleibt glücklicherweise hinten in der Küche und wir laufen uns nicht über den Weg), treffe mich hin und wieder mit Mona, oft mit Thor und manchmal auch mit beiden. Manja versuche ich so gut es geht aus dem Weg zu gehen, was in einem so riesigen Haus wie diesem hier eigentlich leichter sein müsste, als es ist.

Ich habe sie schon tausend Mal gefragt, was sie hier eigentlich will (mal freundlicher, mal weniger freundlich) – ohne Erfolg, sie will einfach nicht mit der Sprache rausrücken. Selbst, wenn ich sie gerade nicht sehe, spüre ich ihre Präsenz im Haus doch irgendwie und das geht mir echt an die Substanz.

Heute scheint sie wieder einen dieser Tage zu haben... Tage, in denen sie mir fast schon absichtlich auf die Nerven geht. So wie jetzt gerade.

»Meinst du nicht, dass man mal die Dusche putzen könnte? Eklig, die ist ja voll verkalkt und fleckig!«, ruft sie jetzt von unten. Ihre Stimme klingt sogar noch biestiger als sonst.

Ich verdrehe die Augen und rufe zurück: »Dann putz sie doch selber!«

Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie über Nacht von einem gelangweilten Pitbull zu einem blutrünstigen Killerwal mutiert ist. »Ich erledige gerade etwas für meine Arbeit, du chillst hier nur rum!«

»Verdammt richtig, ich habe auch Semesterferien, du Genie!«

Manja schreit tatsächlich frustriert auf und ich ziehe überrascht die Augenbrauen hoch. »Das ist so unfair, ich habe es so verdammt satt!!! Du lebst hier wie eine beschissene Prinzessin, du tust gar nichts –«

»Hey, mal langsam! Ich studiere und arbeite, ich tue sehr wohl etwas!« Was ist bloß plötzlich in sie gefahren?!

Ich höre polternde Schritte die Treppen hochkommen und ein paar Sekunden später erscheint sie auch schon in meinem Zimmer, die braunen Haare zu einem nachlässigen Knoten gebunden, das Gesicht gerötet vor Wut.

»Oh, ich bitte dich! Du sitzt nur auf der Tasche unserer stinkreichen Eltern und wirbelst wie ein gottverdammter glitzernder Konfetti-Regen durch das Leben aller, das hast du schon immer getan, IMMER! Man kann ja gar nicht anders, als dich zu lieben, richtig?« Sie beginnt, auf- und abzutigern.

»Immer hieß es, Finja hier, Finja da, Finja ist so hübsch, nimm dir ein Beispiel an Finja, Gott, ICH KANN ES NICHT MEHR HÖREN!!!« Entgeistert starre ich sie an. Wovon zur Hölle redet sie da?!

»Ich sitze fest in einer Stadt, die mich ankotzt, in einem Job, der mich ankotzt, in einem Leben, das mich ankotzt und du lässt es dir hier gut gehen und dich von allen feiern! Mama und Papa hätten mich niemals nach der Schule so lange hier weiterleben lassen wie dich, es hat sich absolut gar nichts geändert! Du hast immer alles in den Arsch geschoben gekriegt, ich war immer nur zweite Wahl!«

Mittlerweile bin ich nicht einmal mehr wütend, sondern einfach nur erschrocken. Schockiert reiße ich die Augen auf und hauche: »Wie kommst du bloß auf sowas?!« Sie lacht trocken auf.

»Ach, tu doch nicht so scheinheilig! Du weißt genau, wie du alle rumkriegst, sodass du sie auf deiner Seite hast!« Ich trete, mittlerweile wirklich erschrocken, einen Schritt auf sie zu.

»Manja, jetzt mach mal einen Punkt, du weißt doch gar nicht, wovon du da redest! Das halbe Dorf hält mich für eine Witzfigur!« Sie wirft die Arme in die Luft, die grünen Augen verengen sich böse.

»Tu bloß nicht so unschuldig! Mag sein, dass du recht hast, aber am Ende erliegen sie deinem Charme doch eh, ihnen bleibt gar nichts anderes übrig.«

Finja spuckt FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt