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Wir begegneten erst keinem, aber das ließ nicht lange auf sich warten. Als wir die Treppe hinaufstiegen, sahen wir Lunas Eltern hinter halb geöffneter Tür über ihre Koffer gebeugt.
Kiara sah zu uns, ihr Blick war berechnend.
"Marie, komm her." Ihre Worte ließen keine Widerrede zu.
Sofort kam die Zwölfjährige dem nun ja, fast schon Befehl, nach und ich ging schweren Schrittes zum Arbeitszimmer und setzte mich auf meinen Platz.
Ich fühlte mich mies. Ich hätte mehr aufpassen sollen.
Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen.

Kurze Zeit später spürte ich Druck auf meiner Schulter und sah hoch.
Vince stand über mir. "Alles okay?" fragte er.
"Ja" antwortete ich, "bin nur müde."
Er ließ das anscheinend so durchgehen.
"Irgendwie wollen die Redsons jetzt doch schon heute abreisen... Ein Geschäftstermin, meinte Stephan. Nun, Geschäft ist Geschäft, was?" Ein freudloses Lachen kam von ihm und augenblicklich fühlte ich mich noch schlechter.
Ich hatte mit meinem Egoismus Vince' Treffen mit seinem Kumpel zerstört. Das Treffen, auf welches er sich schon Monate gefreut hatte.
Ich wollte mich entschuldigen, mich rechtfertigen, aber ich brachte keine Worte hervor. Also nickte ich nur. Was war ich eigentlich für ein Freund?

"Sie meinen, sie bleiben noch bis nach dem Frühstück" setzte Vince hinzu. "Hilfst du mir beim Vorbereiten?"
Ich nickte erneut und stand mechanisch auf; froh darüber, endlich etwas tun zu können.
Ich folgte ihm in die Küche und achtete darauf, keinen Blick zum Gästezimmer zu werfen. Unten angekommen, begann ich Brot zu schneiden und bereitete einen Teller mit Belag vor.
Hunger jedoch hatte ich keinen. Lustlos und schweigsam setzte ich mich an den Esstisch. Die Redsons kamen hinzu und Kiara setzte sich gegenüber von mir, wahrscheinlich um zu verhindern, dass ihre Tochter das tun könnte.
Ich nahm mir einen Toast, einfach nur, um etwas zu essen und zwang mir ein paar Bissen hinunter.
Dann wartete ich, bis die anderen fertig waren und starrte währenddessen apathisch in die Luft.
Irgendwann, als es alle anderen auch taten, stand ich auf und räumte den Tisch ab, nur um kurz darauf nach oben verschwinden zu können.
Erleichtert schloss ich die Tür hinter mir und ließ mich auf mein Bett fallen. Nach ein paar Minuten schlief ich auch tatsächlich ein.

Es rüttelte an meiner Schulter und ich öffnete meine Augen und blinzelte Vince an, der mich anscheinend geweckt hatte. Mein Blick wanderte zum Fenster. Es war dunkel draußen.
Erschrocken setzte ich mich auf.
"Wollten die Redsons nicht gehen?"
"Sind sie auch" sagte Vince stirnrunzelnd, "und sie schienen auch nicht sehr erpicht darauf, sich von dir zu verabschieden."

Luna wollte mich nicht nochmal sehen.
Oder ihre Mutter hat es verboten.

Ich ließ mich wieder rückwärts in die Kissen sinken.
"Sag schon, was ist? Und jetzt komm mir nicht wieder mit ' ich bin müde'!" verlangte mein Kumpel.
Ich atmete einmal tief ein und aus.
"Ehm... nun ja... Ich bin daran Schuld, dass sie gegangen sind" sagte ich schließlich leise.
"Wie meinst du das?" fragte Vince scharf.
Ich raufte meine Haare.
"Naja, also... Luna und ich... wir haben uns ineinander verliebt und waren nachts immer draußen... und dann haben es ihre Eltern halt mitbekommen und sind so schnell wie möglich weg, um den Kontakt zwischen ihr und mir abzubrechen" sprach ich dann ziemlich schnell die Wahrheit aus und sah ihn unsicher an.

Vince sah mich noch einen Moment an und verließ dann wortlos das Zimmer.

Stöhnend zog ich mir die Decke über den Kopf.

• forbidden love • Julien Bam Fanfiction •Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt