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Kiara atmete erstmal scharf aus.
Dann ging sie in eiligen Schritten auf Luna zu und zog sie aus dem Raum.

Immer noch geschockt, schaltete ich schnell die Box aus, zog mir mein Shirt drüber und schlich zur Tür, um etwas von dem Gespräch mitzubekommen.
"Was sind das denn für Klamotten?! Wie wagst du es, so rumzulaufen? Du enttäuschst mich so sehr!
Nathaniel und James haben mich niemals so-" sie brach ab um durchzuatmen.
"Du gehst jetzt hoch und ziehst dich um! Und halt dich fern von diesem Julien! Der zieht dein miserables Benehmen nur noch mehr runter!" fauchte Kiara.

"Meinetwegen ziehe ich mich um.
Aber ich werde mich nicht von Ju fernhalten! Er ist der einzige, der mich hier versteht" schrie sie ihre Mutter fast an und stürmte die Treppe hoch.

Irgendwo in dieser Mischung aus Mitleid, Wut und Entsetzten spürte ich in mir einen leisen Anflug von Stolz und ein Gefühl starker Zuneigung.
Luna war echt ein tolles Mädchen.

Langsam nahm ich mir meine Box und lief ebenfalls hoch.
Kiara begegnete ich zum Glück nicht nochmal.

Ich setzte mich hinter meinen PC und blickte auf das angefangene Skript.
Nachdem ich es nochmal durchgelesen hatte, überarbeitete ich es und stellte es fertig.
Mehr konnte ich für's erste nicht machen.
Den Rest müsste ich mit meinem Team besprechen.
Und die waren nicht anwesend.

Seufzend lehnte ich mich in meinem Drehstuhl zurück und sah aus dem Fenster.
Es war bereits wieder dunkel.
Halb elf, um genau zu sein.
Ich hatte das Abendessen verpasst.

Langsam stand ich auf und lief den Flur entlang. Die Geräusche aus dem Wohnzimmer ließen darauf hindeuten, dass ein Film angeschaut wurde.

Einen Moment verharrte ich am Treppenansatz in der Überlegung runter zu gehen, entschied mich jedoch dagegen.

Ich lief weiter den Gang entlang und anschließend ohne zu überlegen ins Gästezimmer.

"Ich zieh mich sofort um, Mutter, ich bin... ich hab nur... Julien? Was machst du-?" fragte Luna erschrocken und gleichzeitig überrascht, während sie hektisch aufgesprungen war.

"Ich... Ich weiß selber nicht so genau, ich bin einfach losgelaufen und hier herausgekommen" sagte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf.
Erst jetzt fiel mir auf, dass sie immernoch oder wieder die Klamotten trug, die ich ihr heute Vormittag geliehen habe.

"Du kannst die Sachen sofort wiederbekommen, wenn du sie haben möchtest, kein Problem, tut mir leid, dass ich sie nicht vorher-" begann sie, als ihr Blick dem meinen gefolgt war.
"Ach, du kannst sie auch gerne behalten" unterbrach ich sie freundlich, da ich echt genug Zeug besaß.

"Danke" meinte sie und ließ sich wieder auf die Matratze fallen.
Eine Minute des Schweigens entstand.
Aber kein unangenehmes.
Eher ein nachdenkliches.

Ich setzte mich neben sie auf das Bett.
"Verstehst du dich mit deinen Brüdern?" sprach ich den Gedanken aus, der mich beschäftigte.
Luna sah mich überrascht an.
"Woher weißt du-" begann sie.
"Die zarte Stimme deiner Mutter war nicht zu überhören" meinte ich belustigt und Lu musste grinsen.

"Ja, sehr gut sogar" antwortete sie schließlich auf meine Frage und blickte auf den Boden.
"Ich hätte wahrscheinlich ebenfalls ein Junge werden müssen. Dann würden mich meine Eltern wenigstens annähernd wertschätzen" überlegte sie bitter. "Bis James letztes Jahr auszog, war das Verhältnis vorallem zu meinem Dad sogar einigermaßen okay, aber dann ließen sie mich spüren, dass ich ungewollt war" fügte sie bemüht leicht gesprochen hinzu, blinzelte und sah aus dem Fenster.

Ich sah es nicht, aber ich wusste, dass sie weinte.

• forbidden love • Julien Bam Fanfiction •Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt