Zickig sowie neugierig

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Aber die Wahrheit ist, je mehr sich Dinge verändern, umso mehr gleichen sie sich. Und manchmal, manchmal ist Veränderung etwas Gutes, und manchmal ist Veränderung alles.

Es ist eine lange Fahrt bis nach Wilmington. Mit fünf mies gelaunten Jungs eine verdammt lange Fahrt. Also beobachte ich die ganze Zeit über nur stur die Landschaft von Delaware und bete, das wir demnächst ankommen. Doch wir sind nicht ohne Grund so früh losgefahren. Selbst als wir endlich ankommen, wird es nicht besser und vom eigentlichen Akt will ich gar nicht reden.
Nachdem wir unzählige Stunden in einem Einkaufszentrum umher geirrt sind, lasse ich irgendwann einfach meine paar Tüten fallen und stemme meine Hände in die Seiten. "Was ist euer verdammtes Problem?", nichtmal ich habe so viel Geduld. Das Problem von Grant kenne ich ja bereits und ich kann für die anderen nur hoffen, das es nicht das gleiche ist. Wie kindisch und zurückgeblieben kann man auch sein? Einwenig ungläubig starren sie mich an. Niemand ist sowas von mir gewohnt, doch ich bin auch nur ein Mädchen und habe mal einen schlechten Tag. Manchmal verlangt es wirklich viel, immer nett und freundlich zu sein. "Lexi komm jetzt.", sagt einer von ihnen. "Nein.", Murmel ich trotzig. Doch sie wären nicht sie, wenn sie auf mich hören würden. Grant ist also einfach nur mal wieder so frei und hebt mich hoch, damit er mich durch die Gegend tragen kann. Braden hingegen ist wenigstens so nett und nimmt meine Tüten. "Lass mich runter!", blaffend boxe ich ihm gegen die Schulter. "Jetzt mal ehrlich, was ist dein Problem?", diesmal ist die Frage an mich gerichtet. "Ich habe zuerst gefragt.", beharre ich ganz einfach. "Wohin gehst du?!", er erntet einen weiteren Schlag. Dieser Idiot ist gerade einfach abgebogen und läuft ganz sicher planlos durch die Gegend, weg von den anderen. Es kommt soweit, das wir irgendwann in einem Teil sind, wo nur noch irgendwelche Türen für das Personal sind. "Grant!", feixe ich nun, damit er mich endlich wieder auf den Boden lässt. "Das ist nicht lustig! Da stand vorhin verdammt groß 'Kein Zugang für Unbefugte.'" "Kannst du jetzt dann mal aufhören? Ich hasse es wenn ihr so seit und bei dir ist es ja noch schlimmer als erwartet." Wenn ich jetzt Zuhause wäre, würde ich kurz in mein Kissen schreien und dann wieder aufstehen, doch hier... "Halt die Klappe." "Wie alt bist du? Fünf?" "Na und?", gebe ich bockig von mir. "Du bist neunzehn, Alex. Benimm dich auch so.", mit diesen Worten lässt er mich wieder auf meine eigenen Füße herunter. Er bleibt ebenfalls stehen und wir stehen uns beide mit verschränkten Armen gegenüber. "Bist du jetzt auch schon einer dieser Leute, die von mir erwarten dass ich immer so bin?", diesmal ist es eine normale Frage. Zumindest klingt meine Stimme wieder einigermaßen ernstzunehmend. "Wovon redest du?", skeptisch hebt er seine Augenbrauen. "Na jeder erwartet immer, dass ich das perfekte Vorbild bin. Ich soll nett und freundlich sein, die perfekte Pfarrerstochter und manchmal scheiß ich eben darauf!" Keine Ahnung was an meinen Worten so amüsant sein soll, doch er fängt danach an wie blöd zu Grinsen. Jetzt legt er einen Arm um meine Schulter. "Oh Ms. Holden, wo waren sie nur du ganze Zeit?", grinst er zu mir herunter. Dafür bekommt er zumindest nur einen genervten Blick. "Alex, du solltest wissen, das ich nichts von dir erwarte, was ich selber nicht erfüllen kann.", das klang ungewöhnlich vernünftig. "Lass uns zurückgehen.", als er meine Hand nimmt, schaue ich ihn einwenig verstört an. "Was wird das?", frage ich ganz leise. "Du kannst jetzt ruhig wieder süß sein.", meint er verschmitzt. Sofort ist es wieder verflogen und Unbehagen breitet sich wieder in mir aus. Doch wo bleibt mein Selbstbewusstsein um meine Hand wieder wegzuziehen? Ich werde einfach nur noch den ganzen Weg wieder zurückgezogen.

Der Tag war endlos. Es war einfach nur anstrengend mit diesen fünf Chaoten klar zukommen. Fast als würde man einen Kindergarten betreuen, aber es unterhaltsam. Ganz eindeutig besser, als auf seiner Couch zu verrotten.

"So sieht also dein Samstagabend aus?", entsetzt steht er in meiner Balkontür. Ich hingegen sitze mit Laptop auf meinem Bett und schaue 'Harry und Sally'. Grant kann froh sein, das ich nur ein paar Minuten zuvor meine Schulsachen beiseite gelegt habe. "Ich kann nicht jeden Tag mit euch feiern gehen, manchmal brauche ich auch meine Ruhe.", dabei betone ich letzteres. Nichts anderes erwartend, ignoriert er meine Worte und setzt sich zu mir. "Aber das ist doch langweilig..", quengelt er neben mir. "Psst.", ich lege einen Finger vor meine Lippen und sehe ihn düster an. Doch er redet trotzdem ununterbrochen weiter. Heißt es nicht immer, das weibliche Geschlecht redet zuviel? Scheinbar nicht. "Grant!", rufe ich frustriert und Klappe meinen Laptop zu. Jetzt ist es dunkel und der Raum wird nur noch von den Gegenüber liegenden Lichtern beleuchtet. "Hier geht es um Kompromisse.", fange nun ich an zu motzen. "Ja schon gut." "Du kannst auch wieder rüber gehen..", gebe ich ihm quasi die Möglichkeit. "Nein und jetzt mach Platz." Es ist ja nicht so, als hätte ich ein verdammtes Doppelbett, doch er versteht unter "Platz machen" nur, das ich fast von meinem Bett falle. Gleich danach spüre ich auch schon einen Arm um meinen Bauch und nachdem ich wieder zurückgezogen wurde, folgt der zweite von hinten. Mir ist auch schon aufgefallen, das dieser Typ mich ständig anfassen muss, als müsste er Besitzansprüche stellen. Aber ich will mich nicht beschweren, nh? Also klappe ich meinen Laptop wieder auf, damit wir den Film weitersehen können. Doch daraus wird nicht viel, da ich es diesmal bin, die reden will. "Grant? Kann ich dich etwas fragen?", grummelnd zieht er mich noch etwas mehr zu sich, sodass mein Kopf mittlerweile zwischen Schulter und Brust ruht. "Nur wenn ich dich auch etwas fragen kann.", ich nicke. "Du zuerst.", flüstere ich. "Wer ist Noah?" "Mein Cousin. Wir haben doch letztens Angel beim einkaufen getroffen und hättest du zugehört, hättest du es dir denken können.", fing ich an zu kichern. "Bist du etwa eifersüchtig?" "Habe ich nichtmal was von Beschützerinstinkt gesagt?", mehr scheint er nicht sagen zu wollen. Nun gut, also meine Frage. "Du hast letzte Woche gesagt, du kannst dich eine Zeit lang nicht mit mir sehen lassen, was ist damit?", das ist mir gerade vorhin wieder eingefallen. "Kann ich auch nicht, aber wir waren heute in verdammt nochmal Wilmington." Ich sollte nicht weiter nachfragen, oder? "Lass uns morgen wegfahren."

She's bittersweetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt