Nichts großartig dabei

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Manchmal laufen die Dinge anders als vorgesehen.

Dieses vermaledeite Ding, dreht und dreht sich. Es scheint endlos so weiterzugehen. Melanie hat eindeutig zuviel Kraft. Ich weiß nichtmal, was ich hier mit Kyle mache. Seine Hände liegen mittlerweile auf meinem Bauch und halten dabei meine. Meine Kopf hingegen, verstecke ich in seiner Halsbeuge, weil mich dann doch die Angst überkommen hat, dass die Flasche direkt auf mich zeigen könnte. Von mir aus könnte ich auch einfach für immer so liegen bleiben. "Lexi, du verpasst ja alles.", flüstert mir eine Stimme zu. Ich seufze einmal kurz dramatisch, ehe ich mich wieder aufsetze und drehe mich leicht zu Kyle herum. "Ich geh kurz frische Luft schnappen, kommst du mit?", lächle ich ihn an. Ohne auf eine Antwort zu warten, stehe ich dann aber auch schon auf und darf mir das blöde Grinsen meiner Cousine ansehen. "Reiß dich mal zusammen.", nuschle ich angestrengt und geben ihr einen Klaps auf die Schulter. Danach führt mich mein Weg in den Garten.

"Lexi." Kyle gesellt sich zu mir. "Alles okay bei dir?" "Ich glaube, ich hab zu viel getrunken." Ich lächle schwach. "Ich auch.", murmelt er und betrachtet mich mit diesem intensiven Blick, aus seinen dunklen Augen. Für einen Moment schließe ich meine Augen und atme tief die kühle Nachtluft ein. Gleich fühle ich mich viel besser. Nebenbei spüre ich, wie er einen Arm um mich legt. Ich lasse es mir gefallen und vielleicht gefällt es mir ja auch. Und vielleicht sollte ich einmal auf Angelique hören, nur dieses eine mal. "Lexi.", flüstert Kyle und zieht mich näher zu sich heran. "Hmm?", damit öffne ich langsam wieder meine Augen. "Du weißt, dass ich dich mag, Lex." Eine Hand wandert auf meinen Rücken und drückt mich an ihn. Mit der anderen berührt er mein Kinn und schiebt meinen Kopf nach hinten. Oje ... Er will mich küssen. "Kyle..", hauche ich mit dieser Unsicherheit in der Stimme. Er lächelt verschmitzt, ganz dicht an meinen Lippen. Sein Atem riecht süßlich, nach Tequila und Bier. Sanft arbeitet er sich mit Küssen meinen Kinnbogen zu meinem Mundwinkeln vor, bis seine Lippen meine berühren. Und dann küsst er mich; legt mir eine Hand in den Nacken, um meinen Kopf festzuhalten, während seine Zunge in meinen Mund gleitet und er mich einwenig mehr an sich drückt. Völlig überrumpelt leiste ich keinen Widerstand, außerdem fühlten sich seine Lippen überraschend angenehm an. Kyle versteht sich darauf, Frauen zu küssen, so viel steht fest. Rufe und Gejohle brechen irgendwann den Bann, ich mache mich los und stemme eine Hand gegen seine Brust. Es war ein schönes Gefühl. Ganz anders, als es ist.. Grant zu küssen. Dieser Gedanke wird wieder verbannt, in die hintersten Ecken meines Verstands. Peinlich berührt sehe ich zu ihm hoch und hüte mich, einen Blick in mein Umfeld zu werfen. Ein weiteres Mal berühren seine Lippen die meine, dann gehen wir wieder hinein.
Sie sitzen immer noch um das Sofa verteilt oder eben darauf und die kleine Flasche dreht sich irgendwo dazwischen. Außen herum gibt es trotzdem noch genügend feierwütige. Gerade als ich mir einen Platz erkämpfe, passiert es: Dieses Teufelsteil bleibt stehen und zeigt mit seinen Hals direkt auf mich. "Also Lexi. Wahrheit oder Pflicht?" Irritiert blicke ich zu dem Jungen, der scheinbar dafür verantwortlich ist. "Sie nimmt Pflicht.", ruft ein Blödmann hinter mir und alle scheinen es ernst zu nehmen. "Thomson, jetzt bloß nichts falsches sagen.", sagt Kyle neben mir, während er beschützend mal wieder einen Arm um mich legt. "Na gut, ihr könnt uns ja auch einfach mal demonstrieren, warum ihr weg wart." Hat natürlich total viel damit zu tun. Kyle, der davon nicht so abgeneigt scheint wie ich, lächelt mich einfach nur an. "Du musst nicht, wenn du nicht willst.", flüstert er. Aber was ist schon wirklich großartig dabei? "Bieten wir ihnen eine gute Show." Zum dritten mal heute, versiegeln sich seine Lippen mit meinen. Und bin ich nicht nur ein verwirrtes Bündel von Hormonen?

Keine Ahnung, wie viel Zeit seit meiner Ankunft vergangen sind, mittlerweile sind es nur noch halb so viele Leute. Wo die hin sind will ich besser auch gar nicht wissen. Durch die stickige Luft zieht es mich schließlich wieder hinaus. Ich trete durch die Haustür hinaus, überhöre ein "Hey Süße" von einem Gast, der offenbar die 'Kyle-Show' mitbekommen hat, und weiche geschickt allen anderen Gästen aus, um einfach einwenig von dem Trubel wegzukommen. Nun wird mir tatsächlich übel, mir dreht sich der Kopf, und ich bin unsicher auf den Beinen. Noch unsicherer als sonst.
Als ich die kühle Abendluft hier vorne einatme, merke ich, wie betrunken ich wirklich bin. Seufzend lasse ich mich etwas abseits an der Hauswand hinunter gleiten, bis ich auf einem Stück Gras sitze. Momentan schiebe ich eine eher unglückliche Phase. Meine Eltern werden mich umbringen, ich kann nicht nachhause. "Alex?" "Grant!", ein lächeln schleicht sich wieder auf meine Lippen. Niemand nennt mich sonst so. Ich kann erkennen, wie sich ein dunkler Schatten neben mich setzt. "Was machst du hier?" "Mir ist schlecht.", wispere ich. "Wo ist Kyle?", mit einem gähnen lehne ich meinen Kopf einfach an seinen Oberarm. "Keine Ahnung."

She's bittersweetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt