..a loser alive..

10.7K 61 6
                                    

Die Minuten streichen ins Land und mittlerweile hab ich nun auch schon den zweiten Cocktail intus und sitze mit einem Shot in der Hand auf dem Barhocker und rede angeheitert mit Madison. "Lass' uns tanzen gehen.", meint die Schlanke, die eine von Andys Freunden ist. "Du weißt ich bin keine Tänzerin." - "Jetzt hab' dich doch nicht so. Diese Hüften sind zum schwingen da!" - "Na, schön." - Warum lasse ich mich gleich nochmal immer so schnell überreden? Ich kippe meinen Shot runter und folge dem zarten Wesen auf die dunkle Tanzfläche. "Vielleicht lernst du ja heute noch jemanden kennen, der dich interessieren könnte. Ich meine, welcher Typ kann deinen heißen Bewegungen schon widerstehen?", lacht Madison herzlich. Am liebsten würde ich ihr jetzt von Wil berichten, denn er geht mir schon die ganze Zeit nicht mehr aus dem Kopf und ich kann mir einfach keinen Reim darauf bilden, warum das so ist. Allerdings verkneife ich mir meine Worte, da ich ihn vermutlich eh nie wiedersehen werde.

Noch ehe ich weiter darüber nachdenken kann spüre ich Madisons Ellbogen zwischen meinen Rippen und quieke deswegen kurz auf. "Aua! Was soll denn das?", frage ich empört. "Du wirst beobachtet. Hab doch gesagt dir kann keiner widerstehen." - Ich folge dem Blick der Schlanken bis zum anderen Ende der Tanzfläche und muss gleich darauf schwer schlucken. Wil. Als er bemerkt, dass ich zu ihm rüber sehe, hebt er kurz grüßend seine Hand. Ich tue es ihm gleich und ernte sofort einen verwunderten Blick von der Seite. "Kennst du den etwa?", fragt Madison neugierig. "Nicht wirklich.", winke ich ab. "Ist nicht so wichtig." - "Natürlich.", gibt Madison daraufhin in einem selbstgefälligen Ton von sich, als würde sie direkt ahnen, dass ich lüge. Trotz der Dunkelheit im Club konnte ich sehen, wie sie zudem mit den Augen rollte, aber ich weiß, dass es ihr zuwider ist weiter darauf rumzuhacken. Sie war schon immer jemand, der auf's Ganze ging und laut ihrer Meinung wäre ich somit selber Schuld, wenn ich meine Chance nicht nutze.

Aber sollte ich rüber gehen und ihn ansprechen? Ich bin so verdammt unsicher. Als ob er meine Gedanken hätte lesen können steht Wil urplötzlich schon fast hinter mir und ich erschaudere, als er seine Hand auf meiner Schulter ablegt. "Ist alles ruhig geblieben ohne mich?", fragt er fast schon hauchend in mein Ohr und mir läuft ein kühler Schauer über den Rücken. "J-ja.. alles bestens. Oder hast du mich deinen Namen rufen hören?" - Langsam kehrt mein Selbstbewusstsein zurück, was er mir zuvor mit seiner kleinen Berührung ausgesaugt zu haben schien. "Wenn du so fragst. Nein, habe ich nicht.", lacht er leise und kommt noch einen Schritt näher auf mich zu, so dass sich sein Körper nun sanft an meinen schmiegt. Überwältigt von den Gefühlen, die mich gerade übermannen, bin ich kaum in der Lage zu atmen und sofort beginnt mein Herz heftig zu pumpen.

Seine Hände legen sich zärtlich auf meine Hüften, als wir uns rhythmisch im Takt der Musik bewegen und ich muss unwillkürlich meine Augen schließen und mich an ihn lehnen, um den Moment besser realisieren zu können. Einige Minuten tanzen wir in dieser Position, bis er plötzlich seine heiße Stirn an meinen Hals legt, um sich zu kühlen. Augenblicklich schlage ich meine Lider auf und bin mit einem Mal ganz aufgeregt. Die Hitze, die Wil ausstrahlt, hat mich aus meiner Trance befreit und ich brauche einen Moment, um durchzuatmen. "Was ist?", fragt er fürsorglich. "Nichts weiter.. Es ist nur. Das Lied mag ich nicht so. Lass' uns lieber eine Rauchen gehen.", versuche ich mich aus der Situation zu retten. Wil sieht mich zwar daraufhin kurz mit zusammengezogenen Augenbrauen an, willigt dann aber ein und folgt mir in die Raucherlounge.

Mittlerweile ist der Raum nicht mehr so vernebelt, wie zuvor und auch so, sind nur vereinzelt ein paar wenige Leute hier vorzufinden. Die meisten Clubgäste befinden sich vermutlich gerade auf der Tanzfläche oder nippen an der Bar fröhlich an einem bunten Getränk. "Komm' her.", meint Wil und deutet mir mit einer zarten Berührung der Lederoberfläche mit seinen Fingerspitzen an, dass ich mich zu ihm auf die Couch setzen soll. Gehorsam nehme ich neben ihm Platz und fingere eine Kippe hervor. Wil spendet mir Feuer, als wäre es eine Selbstverständlichkeit und feuert dann seine eigene Zigarette an. Als die kleine Flamme des Feuerzeugs aufflackert, leuchten seine braunen Augen im trüben Licht fast schon golden auf. Absolut faszinierend! "Erzähl' mir von dir, Kleines.", spricht er noch während er seine Zigarette zwischen seinen Lippen hat und richtet dabei seinen Blick direkt auf mich.

"Ja, nun.. also.. was willst du denn wissen?", stottere ich ein wenig unbeholfen und schiebe mir gleich darauf wieder den Glimmstängel in den Mund, um nicht noch mehr unnötige Worte heraussprudeln zu lassen. "Wie wär's mit deinem Namen?", lacht Wil und erst jetzt fällt mir auf, dass ich mich gar nicht bei ihm vorgestellt hatte. Wie unangenehm. "Mein.. oh, also ich bin Rebecca. Tut mir leid, dass ich meinen Namen gar nicht erwähnt hatte.", entschuldige ich mich und werde sicherlich rot wie eine Tomate. Glücklichweise kann man das im sowieso schon rötlichen Licht des Clubs nicht erkennen. "Hübscher Name.", meint er und gibt den Worten dabei aber keinerlei Emotion. Lediglich ein zartes Grinsen auf seinen Lippen lässt vermuten, dass er es tatsächlich ernst meint. "Danke." - "Und du bist alleine hier, Rebecca?", hinterfragt Wil plötzlich und bläst dabei den Rauch aus seinen Lungen, was unumstritten sehr ästhetisch aussieht.

"Mehr oder weniger. Ja. Ich musste mal wieder raus und da war es mir egal, ob da jemand mitkommt oder nicht.", anworte ich frei heraus und schlage dabei mein rechtes Bein über das Linke. "Außerdem kenne ich ja einige der Leute hier so oder so." - "Wie der Typ, der dich angemacht hat?" - "Das war Malte. Ja, der ist so ein Kandidat den ich schon länger kenne. Auch wenn es mir lieber wäre, wenn es nicht so wäre." - "Du bist nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen." - "Nun.. er ist ein anstrengender Mensch. Er hat früher von seinen Eltern alles in den Arsch geschoben bekommen und ist nun der Meinung, nur weil er auf dem Geldsack großgeworden ist kann er alles und jeden haben und sich alles erlauben. Der Gute weiß eben nie, wann Schluss ist." - "Klingt belastend.", meint Wil und drückt dabei seine Zigarette im Aschenbecher aus. "Man gewöhnt sich daran.", lache ich schwach.

"Du solltest dich an nichts gewöhnen, was du nicht wirklich willst.", meint der Schwarzhaarige ernst und legt dabei seine Hand auf mein Knie, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen und plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher, ob wir tatsächlich noch über Malte sprechen. Aber egal ob dem so ist oder nicht, vermutlich hat er Recht. "Vermutlich hast du Recht.", spreche ich meine Gedanken aus. Dabei rutsche ich fast schon automatisch noch ein Stück näher an ihn heran und unmittelbar macht sich das Gefühl in mir breit, ihn küssen zu wollen. Vielleicht ist es der Alkohol in meiner Blutbahn oder eben doch diese wahnsinnige Anziehung, die von Wil ausgeht, aber das Bedürfnis meine Lippen auf seine zu pressen wird von Millisekunde zu Millisekunde stärker und unerträglicher.

Ich mache mich bereit ihn zu küssen, als er mir ausweicht und ich beinahe mit dem Oberkörper nach vorn kippe. Glücklicherweise kann ich gerade so noch mein Gleichgewicht finden, um den Moment nicht noch unangenehmer zu machen. "Nein, Kleines. Lieber nicht.", meint er nur kühl und erhebt sich von seinem Platz. Noch ehe ich meine Gedanken ordnen und einen sinnvollen Satz bilden kann ist er bereits wieder in den Untiefen des Clubs verschwunden und lässt mich alleine auf der Ledercouch zurück. Ganz großes Kino, Rebecca. Ich hatte gedacht, dass er es auch will. So wie wir zuvor noch getanzt haben und so wie er mich immer wieder angeschaut hat, war ich mir wirklich sicher. Tja, falsch gedacht. Ich muss offenbar damit aufhören so viel zu interpretieren.

SUBMITWo Geschichten leben. Entdecke jetzt