An der frischen Luft angekommen, laufe ich einige Meter und zünde mir dann eine Zigarette an, von der ich drei tiefe Züge nehmen muss, um meine Seele zu beruhigen. Ich bin völlig aufgewühlt und warte auf dem feuchten Gehweg an der Haltestelle auf den Bus, der glücklicherweise nicht allzu lange auf sich warten lässt. Als ich so durch die dunklen Straßen verkehre, fahren meine Gedanken Karussell. Was soll ich nur jetzt mit der mir überlieferten Information anstellen? Wil ist wundervoll und ich glaube schon, dass ich mich in der kurzen Zeit bereits ein bisschen in ihn verschossen habe. Aber es war ja klar, dass es einen Haken an der Sache geben muss. Er kann nicht mein Mr. Perfect sein. Den gibt es nicht! Oder ist er es vielleicht doch und ich muss meine Sicht erweitern und offener sein? Ich habe keinen blassen Dunst.
Die ganze Fahrt über lasse ich auf meinem Handy Lieder laufen, die mir das Denken nicht wirklich erleichtern, sondern mich einfach nur in eine depressive Stimmung drücken. Aber irgendwie brauche ich das jetzt auch. Und selbst als ich meine Wohnung betrete schmettert die traurige Melodie von Billie Eilish's Song 'when the party's over' durch meine Kopfhörer direkt in meine Gehörgänge. Es ist mittlerweile unglaublich spät, trotzdem nehme ich noch das mir selbst versprochene Entspannungsbad. Ich lasse mir also eine Wanne mit Lavendel-Badezusatz ein und sinke, nachdem ich meinen Laptop auf dem kleinen Beistelltisch aus meinem Hobby-Zimmer platziert habe, in das angenehm warme Wasser. Langsam fährt das Gerät hoch und ich beginne kurz darauf mit recherchieren. Wenn ich mich auf Wil einlassen möchte, sollte ich schließlich wissen, was mich dann erwartet.
Ich gebe also verschiedene Suchbegriffe ein und lande schnell auf irgendwelchen Internetportalen, wo sich Menschen, die BDSM als erotisch empfinden und dieses auch gern praktizieren, finden und in Kontakt treten können. „Und das willst du wirklich mit mir anstellen?", spreche ich leise mit mir selbst, als würde Wil direkt neben mir sitzen und starre auf doch ziemlich verstörende Bilder. Frauen mit abgeschnürten Brüsten, welche deshalb schon blau anlaufen, üble Verletzungen, die nicht mehr feierlich aussehen und immer wieder Szenen, als würde es sich eher um eine Vergewaltigung handeln, als um BDSM. Jetzt habe ich doch ein wenig Angst, aber ich lasse mich davon nicht beirren und lese mich weiter durch verschiedene Foren. Dabei stoße ich auch auf Menschen, die liebevolle Beziehungen offenlegen und Blogs darüber schreiben. Ich entspanne mich wieder ein bisschen und stöbere weiter. Vielleicht könnte ich mich ja doch daran gewöhnen. Und man könnte ja sicherlich Kompromisse finden. Oder?
Gähnend klappe ich den Laptop zu und beschließe ins Bett zu gehen. Morgen kann ich immer noch weiter suchen, außerdem ist meine Haut bereits so schrumpelig wie eine Rosine und das ist alles andere als ansehnlich. Ich steige also aus der Wanne, mache mich bettfertig und werfe mich auf meinen Schlafplatz, in dem ich wenig später auch tatsächlich zur Ruhe komme.
Der nächste Morgen bricht an und sofort widme ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Laptop. Mein Traum von letzter Nacht hat mich angespornt, mich weiter mit der Thematik zu befassen. Denn ich glaube ein Wil, der meine Hände über meinem Kopf festhält und währenddessen seine Härte an meiner intimsten Stelle reibt und mich damit bis ins Unermessliche angeilt, nur um kurz darauf von mir abzulassen und grinsend ein Flehen von mir erhofft, würde mich auch im realen Leben ziemlich anmachen (auch wenn ich es mir möglicherweise nicht gern eingestehen will). Ich mache mir also Frühstück und durchforste weiterhin das Internet, als mein Festnetz klingelt. Etwas erschrocken vom schrillen Ton des Gerätes, erhebe ich mich vom Küchenstuhl und gehe ran.
„Lewis?", melde ich mich am Hörer und warte darauf, dass der Anrufer etwas sagt. „Becci! Heyy. Ich bin's, Violett!", höre ich meine beste Freundin am anderen Ende der Leitung sagen. „Hey, Vio. Freut mich von dir zu hören.", lächle ich in das Telefon. „Ich hab mich lange nicht gemeldet. Tut mir leid, aber die Arbeit hat mich eingespannt. Du kennst das ja.", seufzt sie. „Ja, ich weiß selbst wie das ist." - „Du sag' mal. Hast du heute Zeit? Wir könnten ein bisschen shoppen gehen und danach irgendwo was leckeres Essen. Was meinst du?", fragt meine Beste. „Klar, warum nicht.", sage ich und bin mit dem Vorschlag ziemlich zufrieden. Ein Treffen mit Violett hilft mir vielleicht auf andere Gedanken zu kommen. Eventuell kann sie mir aber auch behilflich sein dieses Gedankenchaos zu ordnen. Von Beziehungen und dem ganzen Rattenschwanz der da mit dranhängt, hat sie zumindest schon mal mehr Ahnung als ich. „Dann treffen wir uns gegen 2 in der Altstadt. Sei pünktlich! Ich liebe dich." - „Ich liebe dich auch.", sage ich sanft in den Hörer und lege dann auf.
Ich schlürfe wieder zurück in die Küche, wo ich den Rest meines Aufbackbrötchens verspeise und mich noch durch zwei weitere Foren klicke. Danach schlendere ich in mein Schlafzimmer, suche ein paar schicke Klamotten aus dem Kleiderschrank zusammen und gehe dann ins Bad, um mich ausgehfertig zu machen. Da ich erst spät ins Bett bin, habe ich auch dementsprechend lange geschlafen und mittlerweile ist es bereits kurz nach halb 1 mittags. Wenn ich also pünktlich sein soll, muss ich mich jetzt wirklich sputen. Also schnell eine Katzenwäsche, dann Make-Up ins Gesicht klatschen, anziehen, und los. Wieder mit dem Bus fahren, aber mit einem guten Gefühl im Bauch. Ich glaube das Treffen mit Violett ist bitter nötig und genau das, was ich brauche!
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FanfictionNach langer Zeit sollte es für Rebecca nicht nur ein gemütlicher Abend im beliebtesten Szene-Club der Stadt werden, sondern auch gleich ein unerwarteter Sprung in ein darauffolgendes, geheimnisvolles Abenteuer der Sexualität.