..i am a sinner..

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Ich weiß nicht, ob es nur Einbildung ist, aber mit der Zeit scheinen Wils Berührungen intensiver zu werden. Nicht unbedingt kraftvoller, aber irgendwie leidenschaftlicher. Ein bisschen überrumpelt ziehe ich mich von ihm zurück und sehe ihn dann kurzzeitig an. „War es unangenehm?", fragt er mit hochgezogener Augenbraue. „N-nein. Alles gut." - Mit gesenktem Blick sitze ich nun vor ihm und bin mir unsicherer, als ich es je gegenüber einem Mann gewesen bin. So scheint es mir zumindest. „Über was denkst du nach, Kleines? Hm?" - Er rutscht ein Stück näher an mich heran und legt seine Hand auf mein Knie, so wie vor fast einer Woche im Club. In mir zieht sich alles zusammen, als seine Lippen den meinen so nah sind. Wil macht mich schwach und ich kapiere einfach nicht warum.

„Gar nichts. Ich sollte gehen.", meine ich und schnappe mir hastig mein Shirt. „Warte. Bevor du gehst, solltest du eines wissen.", meint er und hält mich am Handgelenk fest. Wie gelähmt bleibe ich an Ort und Stelle sitzen und warte darauf, dass er weiter redet. „Wenn du nicht willst, dass jemand dich berührt, dann sag' von vornherein 'Nein'." - Wie bitte? „Ich.. ich wollte ja, dass du mich berührst.", gestehe ich fast schon flüsternd, weil mich seine Annahme beschämt. „Warum hast du dich dann jetzt so albern?", möchte er wissen. Mit den Achseln zuckend, weil ich selbst auch keine sinnvolle Antwort kenne, starre ich ins Leere und könnte gerade heulen. „Rebecca? Was erwartest du denn von der ganzen Sache hier? Verrat' es mir." - Salzige Flüssigkeit sammelt sich in meinen Augen, als ich den Mut finde mich vorzubeugen, um ihn zu küssen und diesmal macht er keinen Rückzieher. Als sich unsere Lippen zum ersten Mal vereinen, rinnt mir eine winzige Träne über die Wange und ich frage mich, was das hier noch werden soll.

Wir beide steigern uns zärtlich in den Kuss hinein, bis Wil ihn beendet. „Du bist eine kuriose junge Frau, Rebecca.", stellt der Schwarzhaarige fest und ich muss ihm da wohl Recht geben. „Mag sein. Aber du hast es mir eben echt angetan.", gebe ich zu. Er lächelt nur, als würde er von seinem Effekt, den er auf Frauen zu haben scheint, genaustens Bescheid wissen. „Ich kann es dir nur noch einmal sagen: Du solltest dich an nichts gewöhnen, was du nicht wirklich willst.", wiederholt er den Satz von Samstagnacht, den er mir gegenüber in Bezug auf Malte geäußert hatte. „Vielleicht bin ich nicht das, was du willst." - Er spricht in Rätseln und das hasse ich. Kann er nicht einfach Klartext reden und mir direkt sagen, was er von mir will?! „Warum sollte das so sein?", frage ich verwundert. „Ich mache kein Geheimnis aus dem, was ich will. Wenn du dich traust, dann folge mir.", meint er und erhebt sich von der Couch.

Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Ist er in einer Sekte, oder so? Irgendwas religiöses von dem ich keinen Plan habe? Ich bin überfragt und es steigt leichtes Unwohlsein in mir auf, trotzdem nehme ich, nachdem ich mein Shirt wieder angezogen habe, seine Hand, als er mir diese entgegenstreckt und folge ihm die Wendeltreppe nach oben. Wir stoppen vor einer dunklen Holztür mit einem glänzenden Messingknauf und er wendet seinen Blick auf mich. Ohne ein Wort zu sagen dreht er sich wieder zur Tür und öffnet diese. Um den Raum dahinter handelt es sich offenbar unumstritten, um sein Schlafzimmer. Denn ich glaube nicht, dass er ein Gästezimmer besitzt, in dem ein so riesiges Bett zweckgemäß wäre. „Warte hier.", meint er und lässt mich im Türrahmen stehen. Ich atme schwer ein und aus, als er unter dem Bett einen großen Koffer hervorkramt. „Das ist nur der Anfang, Kleines.", meint er und zieht das Gepäckstück heraus, um es kurz darauf zu öffnen.

Mir bleibt die Luft weg, als der rote Satinstoff hervorblitzt auf dem Peitschen, Gerten, Fesseln und Ähnliches drapiert sind. „Ich weiß nicht ob ich so was kann.", meine ich, als ich endlich meine Stimme wieder gefunden habe. „Jemandem Schmerzen zuzufügen ist wohl nicht so mein Ding." - Wil lacht auf und kommt auf mich zu. „Das musst du nicht. Das ist mein Part, Kleines." - Er nimmt meine Hände in seine und sein fesselnder Blick bohrt sich in mich hinein. „Wenn du mich willst, musst du auch mir gehören. Verstehst du, Rebecca?" - Ich nicke, obwohl ich ehrlich gesagt keine Peilung habe, was er mir damit sagen will. „Den Frauen, die sonst zu mir kommen, ist bewusst auf was sie sich einlassen. Sie kennen mich und suchen mich auf, weil sie sich wünschen, dass ich ihr Dom werde. Diese Frauen sehnen sich nach einer führenden Hand und sie wissen, dass ich ihnen diese geben kann.", spricht er sanft.

In meinem Schädel drehen sich die Gedanken und mein Gehirn scheint jeden Moment überzulaufen. Klar, weiß ich um was es geht. BDSM ist spätestens seit dem Erfolg von >Fifty Shades Of Grey< der halben Menschheit ein Begriff. Doch auch wenn ich die Filme interessehalber gesehen habe, bin ich absolut unerfahren auf diesem Gebiet. Zudem bin mir auch nicht sicher, ob ich mich mit solch einer Art der sexuellen Neigung anfreunden könnte, selbst wenn es mich schon ein wenig reizt mehr darüber zu erfahren. Jetzt gerade fühle ich mich von dieser Tatsache einfach nur überfahren. „Ich lasse dir Zeit darüber nachzudenken.", meint er dann und geht zurück an den Koffer, um diesen zu schließen und wieder unter das Bett zu schieben. „Vielleicht ist es besser, wenn ich jetzt erst einmal den Heimweg antrete.", sage ich daraufhin und drehe mich bereits um, um die Treppe wieder nach unten zu gehen.

„Ich habe dir Angst gemacht, nicht wahr?", fragt er, als wir wieder gemeinsam im Wohnzimmer stehen. „Vor so was habe ich keine Angst.", sage ich und verziehe dabei keine Miene. „Ich muss mir nur klarwerden ob ich damit umgehen kann. Kontrolle abzugeben, war noch nie meine Stärke." - „Es ist deine freie Entscheidung, ob du dich darauf einlässt oder nicht." - „Das ist mir bewusst." - Ich seufze leise und hole mir meine mittlerweile getrocknete Strickjacke von der Badheizung. „Danke, für das Essen und die gemeinsame Zeit und ja auch für deine Ehrlichkeit.", meine ich und lächle schwach. „Sollte ich zu dem Entschluss kommen, dass du es mir wert bist neue Grenzen auszuloten, werde ich zurückkehren. Ich weiß ja, wo du wohnst. Warte aber nicht auf mich.", sage ich selbstbewusst und öffne im selben Atemzug die Haustür. Kurz darauf entschwinde ich, ohne eine tatsächliche Verabschiedung im Dunkel der angebrochenen Nacht und blicke auch nicht noch einmal zurück.

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